Ziegers Zeilen (KW 16)
Zwei Meldungen sind im Verlauf der Woche aufgefallen. Beide beschäftigen sich mit dem Thema Mobilität. Die eine entstammt dem Handelsblatt und berichtet von der Pressekonferenz der Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, vom vergangenen Dienstag. Die andere ist ein Beitrag in der österreichsichen Zeitung „Der Standard“. Dort ist von E-Fuels die Rede.
Kerstin Andreae sieht das Ziel beim Ausbau der Elektromobilität in Gefahr. 15 Millionen Fahrzeuge, die bis 2030 auf Deutschlands Straßen fahren sollen, werden nicht erreicht. Jedenfalls nicht, wenn man den bisherigen Maßnahmen nichts hinzufügt. Nach ihren Worten braucht es eine „15 Millionen E-Auto-Strategie“. Die sei nicht in Sicht. Stattdessen sieht sie einen Wegfall der Förderung für die Käufer von Elektroautos. Zitat aus der Berliner Morgenpost: (…) die Anschaffungskosten seien ein entscheidender Punkt. Das Zurückfahren der staatlichen Förderung sei nicht hilfreich gewesen. Andreae beschäftigt sich auch mit der Frage der Ladeinfrastruktur. Das Ziel, eine Million öffentliche Ladepunkte zu haben, sieht sie als „technisch“ überholt an. Nicht die Anzahl Ladesäulen sei wichtig, sondern die Ladeleistung.
Kerstin Andreae in der Pressemitteilung des BDEW: Seit 2019 hat sich die Ladeleistung bei Fahrzeugen und Ladesäulen verdreifacht. Damit können pro Tag deutlich mehr Fahrzeuge an einer Ladesäule laden. „Dieser enorme technologische Leistungssprung führt dazu, dass das Ziel einer Million Ladepunkten technisch überholt ist“, betont Andreae. „Heute ist nicht die Anzahl, sondern die installierte Ladeleistung relevant. Jedem ist klar: Wenn ich in meinem Portemonnaie nur die Münzen zähle, weiß ich auch nicht, ob ich mir davon ein Brötchen kaufen kann. So ähnlich ist es auch bei den Ladesäulen: Es kommt vor allem auf ihre Leistung an, und nicht nur auf ihre Anzahl.“
Außerdem verweist sie auf den Elektromobilitätsmonitor des BDEW: Dort heißt es, dass Deutschland die leistungsbasierten europäischen Vorgaben schon heute erfüllt. Und wörtlich: „In Deutschland sind ca. 20 % mehr Ladeleistung installiert als nach europäischen Vorgaben gefordert.“ Ladeleistung von 2,47 GWh!
Dem widerspricht der VDA. Die Berliner Morgenpost schreibt dazu: Eine Sprecherin (des VDA, der Verf.) warnte davor, das Ausbauziel bei den Ladepunkten über Bord zu werfen. „Das würde die Elektromobilität ausbremsen.“ Auch bei der Schnellladeinfrastruktur bestehe erheblicher Nachhol- und Verbesserungsbedarf. In mehr als acht von zehn Gemeinden Deutschlands gebe es nicht einen einzigen Schnellladepunkt. Auch das Stromnetz müsse entsprechend ausgebaut werden. „Hier gibt es erheblichen Nachholbedarf.“
Die Wahrheit dürfte eher in der Mitte liegen. Stromer sind tatsächlich zu teuer. Diese Wahrheit kann jeder in einem örtlichen Autohaus überprüfen. Ladeleistung ist genug vorhanden, das mag stimmen. Aber die weißen Flecken sind zu groß. Das muss sich ändern, sonst wird ein Großteil der Bevölkerung abgehängt. Ob das aber alles Erfolgsfaktoren für die Elektromobilität sind, bleibt offen. Das Ziel, genügend erneuerbaren Strom zur Verfügung zu haben, wird von Kerstin Andreae nicht angesprochen. Dieses Ziel ist die Achillesferse der Elektromobilität.
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Vielleicht könnten ja E-Fuels dabei helfen. Der Energieexperte der FDP-Fraktion Michael Theuer erklärte bei Markus Lanz am Donnerstagabend das Zusammenspiel von E-Fuels und Elektromobilität. Die präzise kurze Erklärung in Minute 24:17 ist sehenswert. Theuer lässt sich vom Moderator nicht beirren. Seine Replik bemerkenswert.
Und wer zusätzliche Argumente für dieses Thema braucht, der sollte den Beitrag von Stefan Schwarzer, Geschäftsführer der E-Fuel-Alliance in Österreich, in der österreichischen Zeitung „Standard“ lesen. Unter dem Titel „Warum E-Fuels kein „totes Pferd“ sind“, beschäftigt sich Schwarzer mit den streitigen Fragen rund um die E-Fuels.
Mein Lieblingssatz von Stefan Schwarzer: „Kampfzone ist der Pkw-Bereich. Dort seien die E-Fuels ein totes Pferd, der Zug sei in Richtung Elektromotor abgefahren. Die Begründung: zu teuer, zu spät verfügbar, zu ineffizient. Diese Vorhalte sind fragwürdig. Man zeige mir eine innovative Technologie, die im Frühstadium preisgünstig war. Mit Kosten aus Demo- und Pilotanlagen zu argumentieren ist unseriös. Zu spät verfügbar sind sie, weil die Politik der Technologie Prügel vor die Beine wirft. In einem guten regulatorischen Umfeld geht es schneller. Die Umwandlungsverluste bei den E-Fuels werden sinken.“
Dem kann man nichts hinzufügen.
Ihr Stephan Zieger