Ziellosigkeit kann richtig smart sein
Ich setze mir ständig Ziele. Sie auch?
Ein spannendes Ziel bringt die Motivation auf Hochtouren – ob beim Joggen oder im Job. Es gibt Klarheit und Struktur für die Teilschritte und Aufgaben. Noch wichtiger: Mit einem SMARTen Ziel kann ich messen, was ich erreicht habe. In der Wirtschaft wird ohnehin über KPIs gesteuert.
SMART kann voll daneben sein
Warum setzen wir uns überhaupt Ziele? Es ist so selbstverständlich geworden, dass wir es gar nicht mehr hinterfragen. Wer in seinem Job kein eigenes Ziel hat, wird selbst schnell zum Erfüller der Ziele anderer. Das kann für denjenigen durchaus in Ordnung sein – wenn es ihm bewusst ist. Wir setzen uns Ziele aus einem gefühlten Defizit heraus. Wir wollen erfolgreicher sein, eine bestimmte Position erreichen oder fitter sein oder schlanker, oder, oder. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Ich schätze, viele Frauen hätten nicht seit Jahren mit ihrem Übergewicht zu kämpfen, wenn sie nicht seit ihrer Teenager-Zeit mit zahllosen Diäten und Schlankheitsprodukten ihren Stoffwechsel und ihren natürlichen Appetit völlig ruiniert hätten. Und das alles wegen einer von der Werbung vorgegaukelten Traumfigur. Genau hier liegt der Knackpunkt: Wir bekommen jeden Tag so viele Informationen, die uns suggerieren, dass wir glücklich und zufreiden sein werden, wenn wir genau das tun oder kaufen. Wir glauben, wir sollten so (fit oder schlank sein oder etwas Bestimmtes besitzen) sein und messen uns daran. Oft genug setzen wir uns ein Ziel aus diesem Gefühl von Defizit heraus. Entweder hapert es dann mit der Umsetzung oder wir haben – Jahre später – das Ziel erreicht, es macht uns aber nicht glücklich. Weil es nicht unser Ziel war. Wenn wir uns ein Ziel setzen, dann sollte es unser Ziel sein. Wir sollten uns fragen: Ist mir das wirklich, wirklich wichtig – aus meinem tiefen Inneren heraus?
Ergründen Sie Ihr wahres Warum
Fragen Sie sich, warum Sie das wollen. @Ernst Neumeister empfiehlt in seinem Buch „Ein gutes Ziel“, sich die Warum?-Frage 5x hintereinander zu stellen, um sein wahres Warum zu ergründen. Versuchen Sie das doch mal. Wenn Sie sich 5x die Warum-Frage gestellt haben, werden Sie Ihr wahres Warum kennen – oder merken, dass Ihre Antworten Sie nicht überzeugen und Sie nicht motivieren.
Gerade Corona zeigt uns auf, dass wir nicht alles steuern können, dass vieles nicht in unserer Hand liegt. Jetzt ist eine gute Gelegenheit, kein Ziel zu haben, sondern einfach zu lassen. Sie könnten einfach innehalten und wahrnehmen, wie Sie mit neuen Situationen und mit Unsicherheit umgehen. Als Coach und Beraterin ist es für mich immer wieder erstaunlich, welche Fähigkeiten bei Menschen und bei Teams in ungewöhnlichen oder Ausnahmesituationen sichtbar werden. Ich bin überzeugt, dass wir Phasen brauchen, in denen wir unsere Aufmerksamkeit weit stellen und dadruch sehr viel klarer erkennen, was uns wirklich wichtig ist. Und wenn die Zeit reif dafür ist – unser Ziel (SMART) formulieren.
Jeder hat persönliche Erfahrung mit Zielen. Was war Ihr tollste Erlebnis beim Erreichen eins Ziels? Welches Ziel hat sich als Flop, als Trugbild herausgestellt? Ich freue mich, von Ihren Erfahrungen zu hören. Schreiben Sie einfach einen Kommentar.
Annette
... jedem Gedanken seinen Wert
4 JahreHallo Frau Thiele, Ziele sind unheimlich wichtig, um überhaupt ins Handeln zu kommen und die Motivation für einen längeren Zeitraum aufrecht halten zu können. Ich gebe Ihnen zu 100% recht, dass ein SMARTES Ziel erstmal überhaupt nicht notwendig ist. Wichtig ist, zu handeln, Fehler zu machen und zu lernen. Auf diesem Weg entwickelt man automatisch SMARTE Ziele. Bsp. Am Anfang wollte ich einfach nur Joggen. Dann einen 10 km Lauf absolvieren. Dann einen Halbmarathon und schließlich einen Marathon. Erst danach habe ich mir konkrete zeitliche Ziele gesetzt und mein Training optimiert. Hätte ich mir am Anfang direkt diese konkreten (zeitlichen) Ziele gesetzt, wäre ich viel mehr unter Druck gestanden und hätte vielleicht die Lust schon nach der ersten Zielverfehlung verloren. Toller Beitrag!! Gruß Tim