Zwei Komponenten in der Krise: Restrukturierung und das Management
Statistisches Bundesamt und ifo-Institut

Zwei Komponenten in der Krise: Restrukturierung und das Management

Welche Maßnahmen und welches Team benötigen sie jetzt?                             

04.06.2020

Die Rezession, die anfangs nur vermutet und vorausgesagt wurde, ist längst in den Unternehmen angekommen. Der ifo Geschäftsklimaindex zeigt im ersten Quartal einen deutlichen Absturz. Der wirtschaftliche Abschwung hat sich jedoch schon längst vor Corona abgezeichnet. Die Krise in der Automobilindustrie der letzten zwei Jahre und die globalen Ereignisse rund um Brexit und Mr. Trump haben ebenfalls ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Kurswende geleistet. Doch wie gut sind die Unternehmen für einen Kurswandel gerüstet? Spätestens jetzt muss sich jedes Unternehmen mit dem Thema Wandel und damit einhergehend dem Thema Restrukturierung beschäftigen.

Warum wir jetzt neue Unternehmensziele brauchen

Die Welt hat sich gewandelt und damit auch die wirtschaftlichen Prognosen und Aussichten. Dass Veränderungen stattfinden müssen, ist den meisten Unternehmen durchaus klar. Die Frage ist lediglich welche? Der Umsatzeinbruch in vielen Unternehmen verleitet schnell zu panischem Personalabbau. Aber ist das strategisch hilfreich? Ein Sprichwort besagt: „Wer nicht weiß, was er will, braucht sich nicht wundern, wenn er woanders ankommt.“ An erster Stelle muss daher die strategische Marschrichtung des Unternehmens überarbeitet werden. Wie müssen die Unternehmensziele langfristig, mittelfristig und kurzfristig verändert werden, um den veränderten Rahmenbedingungen gerecht zu werden? Erst wenn die neue strategische Marschrichtung klar ist, kann in Maßnahmen und Prozessen weitergedacht werden. Natürlich ist es schwierig, Voraussagen über die wirtschafts- und sozialpolitischen Entwicklungen zu geben. Aber wenn man genau hinschaut, dann konnte man doch schon in den letzten zwei Jahren Tendenzen erkennen, welcher Markt eher am Absteigen war und welches Produkt nicht die gewünschten Verkaufszahlen erreichen wird. Die Überlegungen, die jetzt zu treffen sind, sind grundsätzlicher Art. Entspricht mein Produkt oder meine Dienstleistung den Bedürfnissen meiner Kunden? Brauche ich neue Produkte bzw. Dienstleistungen oder muss ich mich lediglich auf einen geringeren Absatz einrichten. Ist mein Unternehmen überhaupt wettbewerbsfähig? Oder braucht es lediglich neue Absatzwege? Der Sinn dahinter ist eine Neupositionierung des Unternehmens und kein operativer Aktionismus.

Management of Change and turnaround

Für all diese Überlegungen braucht es schlaue Köpfe. Menschen, die einerseits den Markt und die Kunden gut kennen und andererseits den Mut haben, neue Wege zu gehen. Eine Krise ist immer ein Prüfstand. Und genau das sollten sie jetzt tun. Stellen Sie ihre Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und auch Management Teams auf den Prüfstand. Ja, sie haben richtig gelesen. Haben sie die erfahrenen Manager, die sie aus der Krise führen werden? Jetzt braucht es nicht nur Strategen, sondern auch Macher. Führungskräfte, die langbewährte Pfade auch mal verlassen und neue Horizonte eröffnen. Was hilft es Ihnen, wenn sie neue Unternehmensziele formuliert haben, aber es niemanden gibt, der diese auch in eine Realität transferieren kann? Holen sie sich die richtigen Kapitäne an Bord!

Personalumbau versus Personalabbau

Allzu oft wird HR in Krisenzeiten nur die Aufgabe des Personalabbaus übertragen. Sozialpläne werden ausgearbeitet und Kündigungen werden ausgesprochen. Dabei trifft es aufgrund arbeitsrechtlicher Bestimmungen nicht unbedingt die Mitarbeiter, welche eher einen geringen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten, sondern auch jene, die für das Unternehmen brennen. Sandra J. Sucher und Shalene Gupta plädieren in ihrem Artikel im Harvard Business Manager dafür, Personal umzubauen anstelle es abzubauen, da Entlassungen ineffektiv seien. Die Produktivität eines Unternehmens würde nur kurzfristig steigen, die Innovationskraft aber deutlich abnehmen, wie die Untersuchung eines "Fortune"-500-Technologieunternehmens durch Teresa Amabile von der Harvard Business School belegen konnte. Aber gerade die Innovationskraft ist doch der Motor, der ein Unternehmen wieder aus der Krise führt. Personalabbau mit dem Kahlschlaghammer, nur um den Kostenfaktor Personal zu senken, raubt dem Unternehmen das Potential wieder aus der Krise zu kommen. HR muss sich aus seiner Rolle als reiner Befehlsempfänger lösen und sich stärker in die strategische Neuausrichtung des Unternehmens einbringen. Welche Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen werden für eine Neuausrichtung benötigt? Sind diese kurzfristig auf dem Markt verfügbar oder muss deren Wissen langfristig aufgebaut werden? Welche Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen haben wir aktuell? Und lassen sich diese eventuell für die neuen Aufgaben qualifizieren? Was bringt es gute Köpfe zu verlieren, die jetzt dringend gebraucht werden, um diese anschließend wieder teuer auf dem Markt einzukaufen? BMW verhandelt aktuell über einen raschen Stellenabbau ohne Kündigungen. Dies ermöglicht es dem Unternehmen stärker zu selektieren zwischen Leistungsträgern und Minderleistern. Sein Team neu zu positionieren, darauf kommt es jetzt an.

Die Lust auf Neues

„Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer“, Antoine de Saint-Exupery. Will heißen, jede Veränderung braucht eine Kommunikationsstrategie. Kommuniziere ich, wie schwer die aktuelle Krise auf dem Unternehmen lastet und dass ein Personalabbau die einzige Lösung ist, werde ich meine verbleibenden Mitarbeiter nur schwer für neue Aufgaben motivieren können. Besser wäre es, eine klare und transparente Strategie zu entwickeln, die Stabilität und Sicherheit und damit eine Perspektive vermittelt. Es wird Antrieb geben, Feuer entfachen und Teams zusammenführen. Ein positives Bild löst Optimismus aus und fördert die Bereitschaft der Mitarbeiter mit auf die Reise zu gehen.


Helga Jungnickl

Partner


jungnickl@bhsgroup.de

www.bhsgroup.de

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