Das Design-Thinking Workshop Dilemma
Die Wand voller bunter Post-its und jetzt?

Das Design-Thinking Workshop Dilemma

Design ist eine der wichtigsten Kernkompetenzen im digitalen Zeitalter. Unternehmen mit einem starken Designfokus erzielen 32% mehr Umsatz als andere Unternehmen. Design-Thinking hat das Ziel, die Arbeits- und Denkweise von Designern in Organisationen zu etablieren, um kreative Problemlösung zu betreiben.

Obwohl Design-Thinking kein neues Thema ist, hatte ich in den letzten 1,5 Jahren eine plötzlich stark ansteigende Nachfrage nach Design-Thinking Workshops und Seminaren festgestellt.

Was war passiert? Unternehmen wollten Design-Know-How in ihrer Organisation, auch verstärkt bei Führungspersonen, aufbauen. Viele dieser Firmen waren aber bisher oft unzufrieden mit den Ergebnissen aus Design-Thinking-Workshops. Da ich bereits mit diesen Unternehmen bei der Entwicklung neuer Produkte, Services und Geschäftsmodelle zusammenarbeitete, kamen sie mit ihren Problemen direkt auf mich zu.

Weil es mich als Designer interessiert Herausforderungen zu verstehen, wollte ich wissen warum so viele Unternehmen mit den bisherigen Design-Thinking-Workshops unzufrieden waren. Deshalb habe ich mit Organisationen und Startups, mit denen ich zusammenarbeite, gesprochen und dabei 3 Gründe identifiziert, warum Design-Thinking Workshops so oft scheitern:

Grund 1: Keinen Praxisbezug zum Arbeitsalltag der Teilnehmer

"Wir haben Mitarbeiter von uns zu einem renommierten Design-Thinking Anbieter geschickt. Dort haben unsere Führungskräfte einen Schraubenzieher entworfen. Nach der Fortbildung wusste niemand wie er dieses Wissen in der Praxis anwenden soll."

– MitarbeiterIn einer Bank –

Viele Design-Thinking Workshops beziehen sich inhaltlich nicht auf die Branche und den realen Arbeitsalltag der Teilnehmer. Stattdessen werden Standard-Agendas abgespielt.

Oft werden Trendthemen und Buzzwords, die in keinem Zusammenhang mit der Arbeit der Teilnehmer stehen, als Workshopthemen genutzt. 

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Ein erfolgreicher Design-Thinking Workshop behandelt praxisnahe Themen, sodass das Know-How von Mitarbeitern später im Arbeitsalltag eingesetzt werden kann.

Dabei können sogar bei gemischten Teams praxisnahe Themen gefunden werden, mit denen sich Teilnehmer identifizieren.

Je näher ein Thema an der tatsächlichen Tätigkeit ist, umso einfacher können Mitarbeiter das Wissen im realen Arbeitsalltag einsetzen.

Um einen Workshop erfolgreich zu machen, müssen die Bedürfnisse der Teilnehmer im Vorfeld verstanden werden. Hierfür hilft in der Regel schon ein kurzes Telefonat als Abstimmung im Vorfeld.

2. Grund: Abstraktes Prototyping

"Wir haben mit Knete und Bastelmaterialien Prototypen von unseren Ideen entwickelt. Wie soll ich das in meinem Alltag anwenden?"

– MitarbeiterIn eines Versicherungsunternehmen –

Leider erfahren viele Teilnehmer das unbefriedigende Erlebnis, Prototypingformate zu erlernen, die sie später nicht im Alltag anwenden können.

Prototyping ist ein wesentliches Element von Design. Grundsätzlich geht es darum Ideen greifbar und testbar zu machen. Alles kann prototypisch dargestellt werden, z.B. :

  • eine App
  • ein Service-Ablauf
  • ein Geschäftsmodell
  • ein physisches Produkt
  •  …
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Praxisnahe Prototyping-Methoden, zum Beipiel aus dem Business-Design, helfen Teilnehmern die Erkenntnisse aus dem Workshop auch im realen Projektalltag einzusetzen.

Es gibt unzählige bewährte Prototypingformate, bis hin zu Rollenspielen. Viele klassische Prototyping-Methoden im Design-Thinking haben ihren Ursprung im Industrial-Design und beziehen sich auf die Gestaltung von physischen Produkten. Viele Unternehmen stellen aber heutzutage nicht mehr nur Hardware, sondern auch Software her. Die Entwicklung von neuen Dienstleistungen und innovativen Geschäftsmodellideen werden immer wichtiger.

Entwickelt z.B. ein Team aus einer Versicherung ein neues Produkt, liegt hier der Fokus stark auf Dienstleistungsabläufen. In diesem Fall kann es sinnvoll sein mit Prototypen aus dem UX- und Service-Design zu arbeiten, wie z.B.: Storyboards, Service-Blueprints oder Userjourneys.

Liegt der Fokus stärker auf der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellideen, ist z.B. ein Value-Network ein sinnvolles Prototypingformat.  

Zudem gibt es heutzutage viele Tools mit denen digitale Prototypen, z.B. für Apps oder Webseiten, schnell entwickelt werden können.

Gute Design-Thinking Coaches sind erfahren darin, je nach Idee und Konzept, dem Team das passende Prototypingformat näherzubringen. Hier zeigt sich meist ein großer Unterschied zwischen dem Know-How von Coaches, die in der Praxis bereits Produkte und Dienstleistungen auf die Straße gebracht haben, und dem von theoretischen Workshop-Moderatoren.

Teilnehmer sollten Prototypingformate erlernen, die sie auch später in ihrer alltäglichen Arbeit einsetzen können.

3. Grund: Keine Kundentests mit echten Probanden

"Im Workshop sind wir einfach auf die Straße gegangen und haben dort mit Leuten gesprochen. Das war ein krasses Erlebnis, aber ich weiß immer noch nicht, wie wir in Zukunft unsere Ideen mit wirklichen Kunden testen sollen?"

– MitarbeiterIn eines Technologieunternehmens –

Die Kernidee von Design liegt darin das Bedürfnis eines Nutzers in eine Lösung zu transformieren. Deshalb ist es essentiell mit Nutzern zu sprechen. In den meisten Workshops werden aber überhaupt keine Nutzer-Interviews oder Tests durchgeführt. Wenn es hoch kommt, werden Workshopteilnehmer auf die Straße geschickt oder Mitarbeiter im Unternehmen befragt. Nutzerbefragungen auf der Straße sind als erster Schritt zum Aufbau eines nutzerzentrierten Mindsets partout auch erstmal gut. Um Ideen und Konzepte aber wirklich zu testen müssen im nächsten Schritt richtige Test-Probanden rekrutiert werden. 

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Damit ein Design-Thinking Workshop zu guten Ergebnissen führt, sollten Kundentests mit echten Probanden durchgeführt werden.

Im professionellen Designkontext läuft eine solche Rekrutierung von Probanden oft über das Marketing oder eine professionelle Marktforschungsagentur. Das muss weder kompliziert noch sehr teuer sein. Erfahrene Coaches wissen wie das funktioniert und können ein Team dabei unterstützen echte Probanden zu rekrutieren oder die Rekrutierung im Vorfeld eines Workshops durchführen.

Es gibt meiner Meinung nach kein größerer Augenöffner, als der Moment, wenn Workshopteilnehmer zum ersten Mal ihre Prototypen mit echten potentiellen Nutzern testen. Deshalb sollten in einem erfolgreichen Design-Thinking Workshop immer Tests mit richtigen Probanden durchgeführt werden.

Fazit

Design-Thinking Workshops sind ein wichtiges Investment in das Know-How von Mitarbeitern und in das Wachstum einer Organisation. Damit diese Investition erfolgreich ist, sollten folgende drei Punkte beachtet werden:

  1. Das Thema des Workshops sollte im Vorfeld auf die Bedürfnisse der Teilnehmer, im optimalen Fall auf die Branche, abgestimmt werden.
  2. Die Teilnehmer sollten Prototypingformate erlernen, die sie auch im realen Projektalltag einsetzen können.
  3. Es sollte darauf geachtet werden, dass Kundentests professionell mit echten Probanden durchgeführt werden.
MUHAMMAD ASIF

Java Spring Boot Developer | Expert in Building Scalable Microservices | Passionate About Cloud-Native Architectures | Delivering High-Performance Solutions

4y
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Anastasia Held

👩💻Agile Coach & Team-Coach | Design Thinking | LEGO® SERIOUS PLAY®

4y

Toller Beitrag und absolut wahr. Danke fürs teilen.

Jennifer le Beau

Kunden im Blick und dafür wirksame Zusammenarbeit gestalten - it's my passion

4y

Toller Impuls... in der Praxis zeigt sich, dass gerade das Testing mit echten Kunden die Kollegen im Prototyping anspornt und aufzeigt, was der wahre Mehrwert der Idee/ des Produktes ist. Ich liebe die Aha-Momente im Download nach dem ersten Testing... im Training und im Projekt 😊

And again

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