Beitrag von Jochem Kotthaus

Der 12te Mann hat gesprochen - nur wollte man nicht wirklich hören, was er zu sagen hatte... Nun ist er von Tisch, der "Investorendeal" der ersten und zweiten Bundesliga. https://lnkd.in/ewEkYQ-7 Nach Wochen und Monaten der Goldtaler, Tennisbälle, ferngesteuerten Autos und anderen Dingen, mit denen ein Fußballspiel so unterbrochen werden kann, hat das DFL-Präsidium die Zeichen der Zeit erkannt und ... aufgegeben. Der berühmte 12te Mann, der so gerne beschworen wird, hat gesprochen. Nur, dass er dieses Mal nicht die eigene Mannschaft nach vorn getrieben, sondern sich für seine eigenen Interessen stark gemacht hat. Wer will des dem Publikum verdenken? Der Investorendeal ist nicht nur, beginnend mit der Hinterzimmer-Atmosphäre, der unklaren möglichen Einflussnahme, dem systematischen Ausschluss der aktiven Fans bis hin zu der Posse um Martin Kinds Abstimmungsverhalten, ein Musterbeispiel einer miserablen Kommunikationspolitik, sondern vor allem dafür, was in der Soziologie als "Entfremdung" bekannt ist. Entfremdung, schreiben Peter Berger und Stanley Pullberg, "ist die Kluft zwischen dem Produzenten und dem Produkt". Sie ist die Unmöglichkeit, sich als Teil einer für ihn geschaffenen Welt zu erkennen und wahrzunehmen. Es scheint mir offensichtlich, dass sich das Publikum, die Fans, zunehmend von ihrer (Fußball-)Welt entfremdet fühlen. Der "Investorendeal" ist da nur der letzte Schritt. Im Grunde ist dieser der Versuch, die Auslandsübertragungsrechte auszudehnen und zu Geld zu machen. Dafür wird eine unbekannte Menge an Mitsprache gewährt. Das ist das Problem. Es geht nicht um die Fans im Stadion, welche sich sehr regelmäßig durchschnittliche Spiele ihrer Mannschaft bei praktisch jedem Wetter zu gesalzenen Eintrittspreisen geben, und dafür Zeit, Ressourcen und Beziehungen einzusetzen bereit sind. Es geht um den internationalen Markt, mit dem der Fan im Stadion nichts zu tun. An diesem Missverhältnis, diesem Gefühl nicht gesehen zu werden, kann auch die permanente Beschwörung internationaler Wettbewerbsfähigkeit nichts ändern. Der Wert des Kaders des FC Bayern beträgt fast eine Milliarde Euro (!!!), der des VfL Bochums knapp 60 Millionen. Trotzdem hat letzterer ersten gerade in glorreicher Arbeitsmentalität geschlagen. Wer mit Menschen spricht, die das Spiel gesehen haben, der erfährt von dem Zusammenhalt der Mannschaft, von der Bereitschaft, sich selbst nach vorn zu peitschen und für den anderen und seine Fehler einzustehen. Das ist es, was Teamsport ausmacht. "Internationale Klasse" ist vielleicht doch keine Frage des Geldes. Und der Wert des Kaders und die Einstellung der Mannschaft scheinen mitunter diametral gegenläufig. Die Fans haben dies schon lange erkannt. Sie wehren sich gegen die Entfremdung von "ihrem" Fußball. Vielleicht wäre es gut, auf dieses Kapitel zu bauen, anstatt "frisches" aus und für den internationalen Markt zu wollen.

DFL in der Investorenkrise - wie es weitergeht

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