Übermut tut selten gut
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Übermut tut selten gut

  • Der „Krieg der Worte“ zwischen den USA und Nordkorea hat die Aktienmärkte in der Vorwoche weltweit auf Talfahrt geschickt. Der Börsenwert  an den globalen Aktienmärkten schrumpfte binnen weniger Tage Reuters-Daten zufolge um insgesamt etwa eine Billion Dollar. Das entspricht der deutschen Wirtschaftsleistung eines Vierteljahres. Nicht nur für einen praktizierenden Twitter& Social Media-Fan wie mich ist es dabei spannend zu sehen, mit wie wenigen Worten sich derartiges bewerkstelligen lässt.

Zum Wochenauftakt drehte sich die Stimmung dann bereits schon wieder. Im mittel- bis längerfristigen Vergleich ist die Volatilität an den Aktienmärkten, gemessen am Vix, immer noch sehr niedrig. Fast scheint es so, als seien die Märkte – sieht man von den zwischenzeitlichen Kursrückschlägen ab – immer noch tiefentspannt. Übermut tut selten gut?

Ganz so grundlos ist die immer noch als entspannt zu bezeichnende Lage dabei nicht. Neben der üppigen Zentralbankliquidität (vgl. unseren „QE Monitor“), welche die Anleger auf Renditejagd treibt, dürften vor allem die Unternehmensgewinne und die Konjunktur die Begründung für die relative Entspanntheit liefern:

  • Das Konjunkturbild ist, gemessen u.a. an unserem proprietären Makro-Breiten-Indikator, unverändert solide, ja wirft mit Blick auf Europa schon fast die Frage auf, wann der Rücksetzer kommt.
  • Die Berichtssaison, welche in Europa ihre Reifephase nun auch durchschritten hat und sich den Unternehmen der zweiten Reihe zuwendet, kann zu den Besten seit längerem gezählt werden. Nicht nur vom Gewinnzuwachs verlief sie überdurchschnittlich, sie produzierte auch überdurchschnittlich viele positive Überraschungen gegenüber den Analystenschätzungen.
  • Die gute Gewinnentwicklung insgesamt scheint zu stützen, in Anbetracht der teilweise schon sportlichen Bewertungen schlug sie sich in vielen Fällen allerdings nur sehr träge in Kursgewinnen wider, während auch kleinere Abweichungen von den Erwartungen bestraft wurden. Die Gewinne selbst wurden über die Umsatzentwicklung getragen.
  • Interessant hierbei: Bei den konjunkturunsensiblen Konsumwerten fielen Umsatzanstiege besonders schwer. Die Preissetzungsmacht scheint eingeschränkt . Der Ausbau der Absatzmärkte scheint hinter den Erwartungen zurückzubleiben. Das sollte Investoren, die Konsumwerte als Anleihenersatz („bond proxy“) gekauft haben, zu denken geben.
  • Obwohl bei den Ausblicken der europäischen Firmen der starke Euro durchleuchtet, sind diese unverändert optimistisch.

Vielleicht kommt zu Liquidität, Konjunktur und Gewinnen auch ein Gewöhnungseffekt an geopolitische Turbulenzen hinzu. Gemessen an den Medienberichten ist die Anzahl von politischen Krisen seit 2000 deutlich gestiegen. Die aktuelle Korea-Krise fällt diesbezüglich aber nicht aus dem Rahmen (auch wenn im Extremfall die Auswirkungen natürlich dramatisch wären; vgl. dazu unsere Grafik).


In der Vergangenheit hat es sich meist ausgezahlt, in Zeiten hoher politischer Unsicherheit als Investor ins Risiko zu gehen: In den neun Fällen, bei denen unser Medienbericht-Indikator einen z-Score von mehr als zwei hatte, lag die Performance des MSCI Welt (in lokaler Währung) über den folgenden Sechs-Monatszeitraum bei ca.+10%. Nun ist Vergangheitsperformance kein Indikator für zukünftige Gewinne, deshalb also der Blick in die kommende Woche.

Die Woche voraus

  Von der Datenlage her verspricht diese Woche eher ruhig zu verlaufen. Die großen Zentralbanken sind in der Sommerfrische, der Datenkalender selbst lässt hauptsächlich eine Reihe von Frühindikatoren erwarten, ist aber insgesamt eher unspektakulär.

  • Am Montag stehen aus den USA der Chicago Fed Aktivitätenindex und der Rightmove Immobilienindex für das Vereinigte Königreich an. Letzterer ist nicht unbedeutend, kann er doch als Stimmungsindikator für den Immobilienbedarf mit Blick auf den Brexit gelesen werden.
  • Am Dienstag kommen die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland und die Eurozone, sowie der FHFA-Hauspreisindex für die USA.
  • Der Mittwoch dürfte geprägt werden von den Markit-Einkaufsmanagerindizes für die USA und die Eurozone. Letztere liegen in beiden Regionen knackfest im expansiven Bereich und dürften sich von dort auch kaum signifikant nach unten entwickeln.
  • Der Donnerstag steht im Zeichen der Anträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA und des Indizes der Frühindikatoren und des Nikkei-Einkaufsmanagerindizes für Japan.
  • Am Freitag sollten dann noch die Auftragseingänge für langlebige Kapitalgüter (USA) und der ifo-Geschäftsklimaindex (Deutschland) im Mittelpunkt des Interesses stehen. Ähnlich der Einkaufsmanagerindizes hat sich der ifo über die letzten Quartale (um nicht zu sagen Jahre), als geradezu übermütig erwiesen. Das ruft fast nach einer Beruhigung – genau: Übermut tut selten gut- , aber selbst wenn diese einträte, dürfte der ifo-Index immer noch das Bild einer äußerst robusten deutschen Wirtschaft zeichnen.

Die technische Lage ist dabei nicht eindeutig. Was vor allem zu fehlen scheint, ist eine eindeutige Story, der die Märkte folgen. Mal setzen sie auf Re-, mal auf Disinflationierung. Gut ist, dass die Relative-Stärke-Indikatoren für die großen Regionen eine überverkaufte Lage anzeigen. Das mindert den Verkaufsdruck. Verstehen. Handeln.

Während Konjunktur und Zentralbankliquidität die Märkte für risikoreichere Anlagegattungen weiter stützen sollten, zeigt sich die technische Lage uneindeutig und Verspannungen von Seiten der Geopolitik sollten einberechnet werden.

Mut wünscht Ihnen

Hans-Jörg Naumer.

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