5 Tricks, um mit Überforderungen umzugehen

5 Tricks, um mit Überforderungen umzugehen

Aktuelle Studien zeigen: Der Stresspegel in Deutschland steigt. Jeder vierte Erwachsene fühlt sich häufig gestresst. Stress ist grundsätzlich nicht negativ. Wenn der Stress zum Dauerzustand wird und von Gefühlen wie Hilflosigkeit, Ohnmacht oder permanenter Überforderung begleitet wird, lohnt es sich jedoch, genauer hinzuschauen.

„Studien haben gezeigt, dass das Gehirn von Großstädtern bei negativem Stress deutlich empfindlicher reagiert als das von Landbewohnern. Das stressige Umfeld aktiviert im Gehirn die sogenannte Amygdala. Dieser Mandelkern übernimmt im limbischen System die Funktion eines Gefahrensensors und löst Reaktionen wie Furcht oder Angst aus. Eine Überaktivierung dieser Amygdala ist auf Dauer mit der Entstehung von Depressionen und Angsterkrankungen verknüpft“, sagte die DGPPN-Präsidentin, Dr. Iris Hauth, 2016 auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).

Der digitale Fortschritt, der uns Arbeitserleichterung versprach, hat in sehr kurzer Zeit dazu geführt, dass Stress, Überforderung, Ruhelosigkeit und das Gefühl des Gehetzt-Seins mittlerweile normale Alltagserscheinungen geworden sind. Unsere modernen Lebensumstände fordern, dass jeder einzelne von uns täglich immer wieder neue Entscheidungen treffen muss – von allgemeinen Lebensfragen bis hin zu der Entscheidung, welche der vielen Dutzend E-Mails wirklich dringend und wichtig beantwortet werden müssen. Der einzelne wird zum Projektmanager seines Lebens – und die Zeitintervalle unserer „Lebens-Projekte“ werden immer kürzer.

Gleichzeitig nimmt die Arbeitsdichte im Job zu, immer neue Technologien durchdringen den Arbeitsalltag und beeinflussen unsere Kommunikation – und es wird immer schwerer, den digitalen Reizen zu widerstehen.

Was also können wir tun, um mit den alltäglichen Überforderungen in VUCA-Welten besser umgehen zu können? Mir selbst helfen folgende fünf Tricks, um wieder mehr Klarheit zu bekommen:

  1. Hutwahl: Wir können nur bedingt viele Hüte aufsetzen. Die Frage ist, wie viele Hüte sitzen schon auf Ihrem Kopf? Passen Ihnen noch alle Hüte – und wenn ja, wollen Sie diese überhaupt noch tragen? Die Hüte sind ein Sinnbild für die vielen unterschiedlichen Rollen, die wir nicht nur im Laufe unseres Lebens, sondern auch über den Tag, die Woche und die Monate verteilt immer wieder tragen. Je mehr Hüte wir tragen können oder müssen, umso größer ist die Überforderung vor allem in den Zeiten, in denen wir selbst vom Stress angegriffen sind. Welche Hüte können oder wollen Sie also absetzen? Gerade die jetzige Jahreszeit der Besinnung und des Innehaltens bietet sich an, alte Hüte loszuwerden.
  2. Perspektivwechsel: In Momenten, in denen ich mich überwältigt fühle, habe ich mir angewöhnt, gedanklich einen Schritt zurückzugehen und die Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Ich stelle mir vor, die Situation würde vor mir auf dem Schreibtisch legen. Wie sieht sie aus? Wer oder was nimmt Einfluss? Was kann ich tun, um die Situation für mich positiv zu beeinflussen? Und wo liegen meine Grenzen?
  3. Fokussierung: Wenn die Situation klarer vor mir liegt, versuche ich, zu fokussieren. Was ist als nächstes dringend und wichtig? Welcher Arbeitsschritt verschafft mir die meiste Luft, wenn er erledigt ist? Und was kann später erledigt werden? Muss überhaupt alles von mir erledigt werden oder gibt es Aufgaben, die ich delegieren kann? In Zeiten, in denen die Arbeitsdichte abnimmt (meistens im Sommer und zum Jahreswechsel) räume ich virtuell auf. Ich schaue mir NewsLetter an, die in Zeiten hoher Arbeitsdichte ungelesen blieben, ich räume meine Arbeitsordner auf und entsorge Datenmüll.
  4. Anspruchsdenken. Zugegeben, der Tipp ist theoretisch(er). Ich habe hohe Ansprüche an mich und meine Arbeit. Diese Ansprüche zurückzuschrauben kommt mir immer ein bisschen wie ein Verrat an mir selbst vor. Daher helfe ich mir hier mit einem Trick: Ich zerlege eine überwältigende Situation in mehrere kleine Häufchen. Diese Häufchen arbeite ich dann ab. Da mein Anspruch oft beinhaltet, immer alles sofort zu erledigen (es fehlt mir hier oft an Wartekraft), lasse ich mit diesem Trick deutlich Dampf aus dem Kessel.
  5. Belohnung. An Tagen, die schlauchen und überwältigen und an denen die Schritte 1-4 nur bedingt helfen, freue ich mich auf den Abend und ein gutes Buch, das mich ablenkt und in andere Welten abtauchen lässt.

Für mich ist es wichtig, am Ende des Tages zumindest kleine Erfolgserlebnisse zu haben. In Phasen der Überwältigung sind diese kleinen Erfolgserlebnisse hart erarbeitet. Umso wichtiger ist es, nicht immer das große Ganze im Blick zu haben, sondern manchmal Schritt für Schritt mit Beharrlichkeit durch den VUCA-Morast zu waten.

Die fünf Tricks helfen in mehrfacher Hinsicht:

  • Sie klären den Blick.
  • Sie reduzieren die Komplexität.
  • Sie nehmen Druck raus.
  • Sie regen die Selbstbestimmung an.
  • Sie sind ein Akt der Selbstliebe.

Bleiben wir im Gefühl der Überforderung verhaftet, ist das wie eine unendliche Fahrt auf einem Karussell. Wir drehen uns im Kreis – immer und immer wieder. Dabei verlieren wir die Orientierung und sind nicht mehr in der Lage, eine eigene Richtung einzuschlagen. Die Drehgeschwindigkeit hat nämlich auf Dauer so viel Wucht, dass sie uns fremdbestimmt und uns dadurch irgendwann die Kraft fehlt, den Absprung zu schaffen. Wir brennen regelrecht aus.

Ich habe meine Fahrt im Karussell übrigens mit 39 Jahren beendet, als mich eine Gürtelrose zum Innehalten zwang.

Seit der Zeit lerne ich täglich immer wieder: Ich bin nicht meine ToDo-Liste.


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