6 PARADIGMENWECHSEL FÜR DISRUPTIVE INNOVATIONEN
|PARADIGMENWECHSEL BERGEN DIE CHANCE FÜR DISRUPTIVE INNOVATIONEN – WENN MAN SIE KENNT|
Wieso sind manche Innovationen eigentlich disruptiv? Weil sie scheinbar viel verändern und auf eine Weise funktionieren, die vorher nicht bekannt war. Doch meistens gehen die Veränderungen gar nicht von den Innovationen aus, sondern die Innovationen nutzen vorhandene große Veränderungen – so genannte Paradigmenwechsel. Beispielsweise hat die THNK School of Creative Leadership sechs große Paradigmenwechsel definiert, welche neue Sichtweisen auf die Welt und das Unternehmen aufzeigen. Die Kenntnis dieser Paradigmenwechsel kann dabei helfen, neue Chancen zu erkennen und disruptive, neue Geschäftsmodelle, Produkte und Services zu etablieren. Doch was sind eigentlich Paradigmenwechsel?
PARADIGMEN VS. (MEGA-)TRENDS
Um Paradigmen zu verstehen, müssen wir zunächst den Unterschied zu Trends und Megatrends verstehen: Diese sind durch Daten belegte, zu beobachtende, kleine oder große Veränderungen in der bestehenden Realität. Im Gegensatz dazu sind Paradigmen bestimme Perspektiven auf diese Realität, und auf die Fakten. Ein Beispiel: Ein langfristiger Trend ist der hohe Ressourcenverbrauch aufgrund wachsender Produktion. In den 70ern war die Sicht darauf (das Paradigma) “Abfall ist normal”, das Hauptaugenmerk lag auf möglichst hohem Produktions-Output. Jetzt hat sich diese Perspektive geändert zu “Abfall ist schlecht”, was u.A. zu Green Tech, Recycling und ressourcenschonender Produktion führt. Und eine neuer Blickwinkel bahnt sich an: “Abfall ist etwas wert”, dem mit Ansätzen wie cradle-to-cradle, blue economy und upcycling Rechnung getragen wird. Der grundlegende Trend (Ressourcen werden verbraucht und gleichzeitig knapper) hat sich nicht verändert, der Blick darauf führt jedoch jeweils zu anderen Auswirkungen. Je mehr Menschen eine entsprechende neue Perspektive einnehmen, umso größer wird ein Paradigmenwechsel.
„PARADIGMEN BESCHREIBEN NEUE PERSPEKTIVEN AUF FAKTENBASIERTE TRENDS“
Es reicht demzufolge nicht, (Mega-)Trends zu kennen, sondern es sollten auch die neusten und wichtigsten Paradigmen dazu bekannt sein, um aktuelle Perspektiven auf die Fakten einnehmen zu können. Aus dieser Kombination von fakten-basierten Trends und deren Betrachtung in Paradigmen entstehen dann neue Chancen für disruptive neue Produkte und Geschäftsmodelle.
6 AKTUELL WICHTIGE PARADIGMENWECHSEL
Die THNK School of Creative Leadership hat mit Hilfe von Experten und Studenten 6 spannende Paradigmenwechsel definiert, welche dabei helfen können, entsprechende Chancen für disruptive Innovationen zu finden, wenn Sie auf das eigene Unternehmen und die eigene Branche angewendet werden:
1. PUSH ZU PULL
Das “pushen” von möglichst vielen Produkten auf den Markt und möglichst vielen Ressourcen in ein Unternehmen ändert sich mit der Perspektive des „Pull“: Produkte werden nach Auftrag produziert, Ressourcen werden flexibel verteilt, Arbeit und Arbeitskräfte finden sich entsprechend dem Bedarf in mobilen und flexiblen Projekten anstatt in starren Unternehmensstrukturen.
Beispiel: Statt dass Taxen herumfahren und auf Kunden warten werden Mietwagen wie „uber“ per App gerufen und fahren dann zum Kunden. Bei höherem Bedarf steigen die Preise und bringen mehr Fahrer auf die Straße, bei geringerem Bedarf bleiben diese Fahrer zu Hause.
2. KONSUMIEREN ZU KREIEREN
Passiver Konsum wird zu aktiver Teilnahme und Kreation. Konsumenten können mitbestimmen, was produziert wird und wie es produziert wird oder bieten Produkte gleich selber an. Online leben Wikipedia, Youtube, Instagram und andere davon, dass die User den Content bereitstellen. Genauso können (Retro-)Trends wie Do-it-yourself und die Maker-Community unter diesem Paradigma betrachtet werden.
Beispiel: Via Kickstarter und anderen Crowdfunding Plattformen können Konsumenten mittlerweile mitbestimmen, welche Produkte produziert werden. Auf Marktplätzen wie Etsy und DaWanda wird der Konsument mit Leichtigkeit selbst zum Verkäufer seiner selbst kreierten Produkte.
3. BESITZ ZU ZUGANG
Der Paradigmenwechsel beschreibt die Veränderung von der Notwendigkeit des Besitzes von Produkten und Wissen zu der Notwendigkeit des Zugangs zu Produkten und Wissen. Produkte werden nicht mehr gekauft, sondern nur verwendet und dann weitergegeben oder zurückgegeben. Wissen muss nicht mehr gelernt werden, sondern es muss gewusst werden, wo dieses Wissen zu finden ist und wie dieses Wissen zu bewerten ist. Medien filtern vermehrt Informationen statt diese selber zu produzieren. Auch der Big Data Trend kann aus dieser Perspektive betrachtet werden: Es geht nicht mehr darum, Daten zu bekommen und zu besitzen, sondern etwas Sinnvolles bzw. Wertvolles aus den Daten zu machen.
Beispiel: Shareconomy-Modelle wie Airbnb erlauben es, Zugang zu anderer Menschen Häuser und Wohnungen zu bekommen. Siri und Google Now arbeiten daran, den Zugang zu Wissen zu erleichtern, um jede Frage möglichst schnell zu beantworten, so dass der User dieses Wissen komplett “auslagern” kann.
4. LINEAR ZU KOMPLEX
Die Auswirkungen von kleinen Auslösern verändern sich dahingehend, dass nicht mehr kleine Auslöser kleine Wirkung haben, sondern kleine Auslöser (z.B. einzelne Personen) auch große Wirkung haben können. Dies ist unter anderem bedingt durch die hohe und globale Vernetzung der Menschen über Social Media und Communities. Wichtig ist auch, zu berücksichtigen, dass Auswirkungen weniger vorhersehbar sind und nicht mehr einfach geplant werden können; es gilt, auf alle möglichen Auswirkungen vorbereitet zu sein.
Beispiel: Sogenannte “virale” Marketing Kampagnen können mit einer einzelnen Botschaft oder einem einzelnen Video weitaus mehr Effekt haben als groß angelegte Marketing Kampagnen.
5. BEGRENZT (WENIG) ZU ERNEUERBAR (VIEL)
Statt sich an knappen Ressourcen zu bedienen, werden mehr und mehr natürliche Ressourcen verwendet, welche in hoher Anzahl bzw. sogar unendlich zur Verfügung stehen.
Beispiel: Sonne und Wind für Ökostrom (statt Öl für Benzin!) in Tesla Fahrzeugen.
6. ALLGEMEIN ZU INDIVIDUELL
Ein weiterer Paradigmenwechsel findet statt, indem Massenprodukte und Massendienstleistungen durch individuelle Services und Lösungen ersetzt werden. Unterstützt wird dies durch eine Vielzahl an Daten, beispielsweise durch “quantified self” Trends, und Techniken wie dem 3D-Printing.
Beispiel: Mass-Customization, beispielsweise bei Nike-Schuhen oder individueller Vitaminpräparate statt allgemeiner Arzneimittel.
MIT PARADIGMENWECHSELN DISRUPTIVE IDEEN GENERIEREN
Diese Paradigmenwechsel geben interessante Betrachtungsweisen für Märkte und Unternehmen vor. Was bedeutet individuelle Produktion beispielsweise für Ihr Unternehmen? Was bedeutet es für Dienstleister wie Banken und Versicherungen? Was bedeutet es für den Rechtsrahmen und öffentliche Services? Vielleicht ist eine neue Art von Verträgen notwendig, neue Betriebsmittel-Kredite, neue Produktions-Versicherungen?
So ist es notwendig zu fragen: Was bedeuten diese Paradigmenwechsel für Ihr Unternehmen, Ihren Markt, Ihre Kunden und Mitarbeiter?
Es lohnt sich, diese Blickwinkel im Hinterkopf zu haben. Für eine strukturierte Betrachtungsweise können diese auch zusammen mit den Trends im Innovation-Canvas eingetragen werden, um als Ausgangsbasis für neue Ideen und Innovationen zu dienen.
Weitere, spannende Artikel zu den Themen Innovation, Ideation & Trends finden Sie unter www.inside-innovation.org
Quellen:
innovationsmanagement.se
Venture Idea Research, www.venture-idea.com
Hagel, John, John Seely Brown and Lang Davison: The Power of Pull: How Small Moves, Smartly Made, Can Set Big Things in Motion.
Johansen, Bob. Leaders make the future.
McDonough, William and Michael Braungart. Cradle to cradle: remaking the way we make things.
McDonough, William and Michael Braungart. The upcycle: Beyond Sustainability – designing for Abundance.
Shirky, Clay. Here comes everybody.
Shirky, Clay. Cognitive Surplus.
THNK 2013 forum sessions with Werner Vogels, Roland Kupers, Esther Wojcicki, Clay Shirky, and Sharon Chang.
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