Ausstieg gesucht! Wenn ältere Arbeitslose in die Schuldenspirale geraten.

Wie schnell der soziale Abstieg in die Armut gehen kann, glaubt man erst wirklich, wenn man es selbst erlebt hat. Man verliert den Job, die Sicherheit, die Kraft, den Mut. Oft gerät man über den Stellenverlust in eine Schuldenspirale. Viele fühlen sich in dieser Situation im Stich gelassen. Die unterschiedlichen Bedürfnisse müssen Prozessphasen zugeordnet und individuell behandelt werden. In der neusten Ausgabe Juli/August 2019 des Fachmagazins SozialAktuell des Berufsverbandes für Soziale Arbeit konnte SAVE 50Plus Schweiz erneut einen Fachartikel zur Sensibilisierung im 50Plus-Arbeitsmarkt platzieren. «Steter Tropfen höhlt den Stein.» Wir bleiben dran!

Der Schweizerische Arbeitnehmerverband 50Plus (SAVE 50Plus Schweiz) befasst sich seit Jahren täglich mit älteren Menschen, die ihre Stelle verloren haben. Ein neues Phänomen, das zu denken gibt, ist die zunehmende Zahl von Ratsuchenden aus ungekündigten Festanstellungen. Ein stetig zunehmender Indikator, der nachdenklich macht. Die Angst vor der Altersarmut geistert in den Köpfen herum. Wir nennen es den «psychologischen Altersdruck» – die Angst, die Stelle zu verlieren, weil man zu alt und zu teuer ist.

Es beginnt mit dem Vertrauensverlust

Über ein Drittel der schweizerischen Gesamtbevölkerung befindet sich in der Lebensphase zwischen 40 und Rentenalter. Wie ergeht es den Angehörigen dieser Altersgruppe in unserer Schweizer Wirtschaft? Sie sind verunsichert. Trauen sich nicht zu mucken. Wollen keine «schlafenden Hunde wecken». Nicht ins Fadenkreuz kommen. Die erfahrungsbasierten Kompetenzen älterer Mitarbeitender sind wichtige Werte in einem Unternehmen. Sie werden aber zunehmend auch von ihnen selber unterdrückt und kommen dadurch weniger zum Tragen.

Und genau dieser vermeintliche «Leistungsabfall» kann tatsächlich zu einer Kündigung führen. Die fatalen und destruktiven Konsequenzen sind uns seit Längerem bekannt. Befeuert wird dies durch jahrelange, mediale Negativ-Schlagzeilen und vereinzelte Selbsthilfegruppen, die, gut gemeint, etwas gegen «Altersdiskriminierung», «Alterslangzeitarbeitslosigkeit» und «Altersarmut» tun wollen. Dadurch wird jedoch eine Gegenwirkung erzeugt. Die nicht nachvollziehbare Selbststigmatisierung belastet das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der konstruktive Dialog bleibt dabei auf der Strecke. 

Ausstieg durch Schuldenbremse

Die regionalen Arbeitsvermittlungen (RAV) können bei Stellenverlust oft nur wenig wirksame Unterstützung bieten. Es fehlt an Chancen und spezifischen Schulungsprogrammen wie My Way 50Plus, die älteren Stellensuchenden als Alternativen angeboten werden müssten. Schliesslich steht die Motivation des Betroffenen an erster Stelle! Denn nach ungefähr zwei Jahren wird man ausgesteuert und hat im Durchschnitt mehr als 300 Bewerbungen geschrieben und keine drei Vorstellungsgespräche bekommen! Womit soll man sich also nach zwei erfolglosen Jahren motivieren? Nach der Aussteuerung folgt der Vermögensverlust. In dieser Prozessphase brauchen die Betroffenen besonders intensive Unterstützung. Doch sie werden völlig alleine gelassen. Bis sie sich, unterdessen verarmt, wieder im Sozialsystem zurückmelden.

Es braucht eine Ausstiegschance aus diesem Verlustprozess.

Bereits während der erfolglosen Stellensuche hat man ein wesentlich kleineres Einkommen. Zudem greift man auf Erspartes zurück, um den Lebensstandard halten zu können. Bei Stellenverlust rät unser Verband, die Fixkosten tief zu halten und unnötige Ausgaben zu vermeiden. Das tun auch die meisten, aber irgendwann stösst man an Grenzen. Oft kommen noch private Probleme hinzu, die zu Scheidungen führen. Die Ausbildungen von erwachsenen Kindern können nicht mehr mitfinanziert werden. 

«Die Menschen müssen in allen Phasen des Verlustprozesses spezifisch abgeholt werden! (Daniel G. Neugart)»

Eine Anmeldung bei der RAV müsste obligatorische Handlungen im Bereich der finanziellen Beratung auslösen. Die präventive und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst wäre sinnvoll. Es muss von beiden Institutionen eine Brücke gebaut werden (Brücken statt Krücken), damit die Betroffenen nicht in ein bodenloses Loch fallen. Vorhandene Gläubiger müssen informiert und angemessene Konditionen verhandelt werden. Kredite und Ratenzahlungen müssen gestoppt werden.

Altersarmut verhindern

Auch die spätere Verschuldung und massvolle Rückzahlung bei der Sozialhilfe ist zu überdenken. In allen Phasen des Verlustprozesses müssen die Menschen spezifisch abgeholt werden. Die Institutionen müssen stärker ineinandergreifen. Sie dürfen die Betroffenen im Verlustprozess nicht hängen lassen. Ein Schuldenerlass muss möglich werden. Es darf nicht sein, dass das Vertrauen in das vielgerühmte Schweizer Sozialsystem verloren geht und man sich nach einem arbeitsreichen Leben am Schluss als Rentner in der Altersarmut wiederfindet. Die Stellenfindung muss dauerhaft im Fokus bleiben. Der Schutz von Betroffenen ist eine staatliche Verpflichtung. Neue Chancen zu ermöglichen, ist die Herausforderung unserer Zeit.

Empfohlene Fachartikel von SAVE 50Plus Schweiz:

• Link / Die Alten rocken den Arbeitsmarkt
• Link / Arbeit, Alter und Armut
• Link / Der psychologische Altersdruck
• Link / Die Angst vor dem riesigen Loch

Empfohlene Fachreferate von SAVE 50Plus Schweiz:

• Link / 15. Oktober 2019: Schweizerischer Verband der Sozialversicherungs-Fachleute (SVS). Unser Referattitel: «Die Neupositionierung der älteren Fachkräfte im Schweizer Arbeitsmarkt».
• Link / 7. und 8. November 2019: Die 6. Oltener Verschuldungstage. Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit. Unser Referattitel: «Chancen statt Schulden».

Weitere Aktivitäten von SAVE 50Plus Schweiz:

Neben einem breiten Netzwerk in der Politik und in der Wirtschaft ist unser Verband auch Mitglied von Arbeitsintegration Schweiz und hat die Charta Sozialhilfe Schweiz aus tiefer Überzeugung unterzeichnet.

Unterstützung zur Selbsthilfe:

Für unsere nationale 50+ Sensibilisierungskampagne suchen wir dringend finanzielle Unterstützung! Wir bilden damit ältere Stellensuchende zu Repräsentanten aus. Wir bringen damit Betroffene mit potenziellen Arbeitgebern zusammen an einen Tisch. Wir wollen Vorurteile abbauen und Vertrauen aufbauen.

Unternehmungen können uns mit Patenschaften finanziell unterstützen. Diese werden auf unserer Webseite verdankt, mit Firmenlogo implementiert und verlinkt. In diesem Zusammenhang gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, um sich als Arbeitgeber zu profilieren und zu positionieren.

Ältere Stellensuchende können mit unserem Selbstintegrationsprogramm ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt vervielfachen. Informieren Sie sich!

SAVE 50Plus Schweiz, Kirchgässli 8, 4310 Rheinfelden, Telefon 061 361 50 05, info@save50plus.ch, www.save50plus.ch

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