Auto-Dramen an Donau und Bodensee
Unter Beschuss: Audi-Chef Markus Duesmann Bild: PR

Auto-Dramen an Donau und Bodensee

Liebe Leserin, lieber Leser,

kommende Woche startet das 49-Euro-Ticket. Haben Sie sich schon eins zugelegt? Falls sie noch darüber nachdenken, hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (53, FDP) einen Tipp für Sie: Kaufen Sie sich ein neues Auto. Das 49-Euro-Ticket legt der Hersteller bestimmt für ein paar Monate obendrauf, hofft Wissing.

Der Minister verwirrt mal wieder. Wer ein Auto will, braucht kein 49-Euro-Ticket als Geschenk. Das sollte dann doch lieber an diejenigen gehen, die sich Mobilität sonst nicht leisten können.

Ganz ohne Volker Wissing kommen unsere Themen der Woche aus:

  • Warum Topmanager gegen Audi-Chef Markus Duesmann rebellierten
  • Wieso bei ZF Friedrichshafen ein nie dagewesener Kahlschlag droht
  • Weshalb Here-Chef Edzard Overbeek hinwirft

Topthema: Meuterei im Audi-Management

Ein Lächeln gegen den Druck: Audi-Chef Markus Duesmann steht intern unter Beschuss Foto: PR
Ein Lächeln gegen den Druck: Audi-Chef Markus Duesmann steht intern in der Kritik Foto: PR

Ende März verkündete Audi-Chef Markus Duesmann (53) intern, mit Martin Primus und Jan Michel bekämen zwei hochrangige Mitarbeiter künftig andere Aufgaben. So weit, so unspektakulär? Weit gefehlt. Den Degradierungen ging ein Aufstand gegen den Vorstand voraus. Duesmann musste die von ihm selbst ausgewählten Topkräfte opfern, nachdem zentrale Figuren im Management gegen die Personal- und Kommunikationspolitik des Chefs rebelliert hatten. Das Ausmaß der Revolte und wie es für Duesmann nun weitergeht, hat mein Kollege Michael Freitag exklusiv recherchiert.

Köpfe: Sigrid Nikutta ++ Edzard Overbeek ++ Wolfgang Hatz ++ Eva Kreienkamp ++ Andreas Henke

"Am Ende ist alles eine Frage der Organisation": Bahn-Vorständin Sigrid Nikutta Foto: Daniel Hofer / laif
"Am Ende ist alles eine Frage der Organisation": Bahn-Vorständin Sigrid Nikutta Foto: Daniel Hofer / laif

  • Sigrid Nikutta (54) lenkt die Cargosparte der Deutschen Bahn. Züge nutzt sie auch mal als Büro. Kolleginnen und Kollegen animiert sie auf längeren Trips, wo es passt, für Gespräche zu- und auszusteigen. Meiner Kollegin Katharina Hölter hat Nikutta verraten, wie bei ihr eine typische Kalenderwoche sonst noch aussieht.
  • Edzard Overbeek (56) wollte, gepusht von Volkswagen, BMW und Mercedes, den Kartendienst Here zu einer Techmacht formen. Doch die deutschen Autobauer haben resigniert und kooperieren mit Konkurrenten wie Google. Overbeeks Stern ist ähnlich rapide gesunken wie Heres Umsatz – jetzt wirft er hin. Die Hintergründe hat mein Kollege Jonas Rest recherchiert.
  • Wolfgang Hatz (64) hat im Diesel-Strafprozess gegen frühere Audi-Führungskräfte umfassend gestanden. Dem früheren Chefmotorenentwickler drohen 18 bis 24 Monate Haft auf Bewährung. Ex-Audi-Chef Rupert Stadler (60), ebenfalls angeklagt, zögert noch mit einem Geständnis.
  • Eva Kreienkamp (60) verliert ihren Posten als Vorstandschefin der Berliner Verkehrsbetriebe. Ihr Abschiedsstatement lässt aufhorchen. Zitat: "Ich bedaure die Entscheidung des Aufsichtsrats zutiefst. Die Auffassungen zu Unternehmensführung, Loyalität und Vertrauen konnten kaum unterschiedlicher sein."
  • Andreas Henke (50) war einst Marketingdirektor bei Porsche, versuchte sich später als CEO bei Burmester und blieb als Chef von Piëch Automotive wenig erfolgreich. Seit gut zwei Jahren lobbyiert er für E-Fuels. Um "Planet Erde" weiter zu helfen, fügt Henke seinem Berufsportfolio nun auch Fahrräder hinzu: Er sitzt neu im Aufsichtsrat von Jobrad.

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Unternehmen: ZF Friedrichshafen ++ Bosch ++ Volkswagen ++ GM ++ Tesla

Schweres Gepäck: Neu-Chef Holger Klein hat von Vorgänger Scheider hohe Schulden bei ZF Friedrichshafen geerbt Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa / picture alliance
Schweres Gepäck: Neu-Chef Holger Klein hat von Vorgänger Scheider hohe Schulden bei ZF Friedrichshafen geerbt Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa / picture alliance

  • Mit milliardenschweren Übernahmen sicherte sich ZF Friedrichshafen wichtiges Knowhow für die Zukunft. Doch beim Abbau der Schulden machte Ex-Chef Wolf-Henning Scheider (60) keine gute Figur. Nachfolger Holger Klein (53) muss durchgreifen. Bei den ZF-Arbeitnehmern wächst nun die Sorge vor einem nie gesehenen Jobkahlschlag.
  • Auch andere Autozulieferer ringen um den richtigen Weg in die Zukunft. Bosch sucht sein Heil unter anderem in Chips für E-Autos. Für einen nicht genauer definierten Betrag übernimmt der Konzern Teile des US-Halbleiterherstellers TSI Semiconductors.
  • Wir bleiben in Nordamerika. Volkswagen baut seine erste Batteriefabrik auf dem Kontinent in Kanada. Wer die Unterstützung der Regierung um Justin Trudeau (51) sieht, weiß auch warum: Der Autobauer bekommt bis zu 13,2 Milliarden kanadische Dollar vom Staat, sieben Milliarden will er selbst investieren.
  • Akkus braucht auch General Motors, plant bislang aber keine Batteriefabriken komplett in Eigenregie. Stattdessen erweitert der US-Autobauer sein Partnernetzwerk um Samsung SDI. Gemeinsam wollen die Unternehmen eine Fabrik für eine Million E-Auto-Akkus pro Jahr in den USA bauen. Keine Zukunft hat derweil das meistverkaufte E-Auto des Konzerns: Noch in diesem Jahr ende die Produktion des Chevrolet Bolt, kündigte GM-Chefin Mary Barra (61) an.
  • Angreifen wollte GM mit dem Bolt einst, na wen wohl: Tesla. Doch die verkaufen zigfach mehr E-Autos als General Motors. Anderen ergeht es nicht besser: Im ersten Quartal 2023 lieferte Tesla erstmals mehr Autos aus als Audi und stellte in Europa mit 71.683 Einheiten das meistverkaufte Modell überhaupt.

Mehr Mobilität: Shanghai ++ Lyft ++ Flugkraftstoffe

Die neue Automacht: Chinesische Hersteller wie BYD setzen die deutschen Autokonzerne unter Druck Foto: ALY SONG / REUTERS
Die neue Automacht: Chinesische Hersteller wie BYD setzen die deutschen Autokonzerne unter Druck Foto: ALY SONG / REUTERS

  • Kollege Claas Tatje ist seit Ende letzter Woche wieder zurück von der Auto Shanghai. Am Sonntag absolvierte er wie auch einige weitere Kolleginnen und Kollegen zur Erholung den Hamburg Marathon in einer Staffel. Respekt! Bei der Automesse in China hat sich seit unserem letzten Newsletter auch noch ein wenig getan. Lesen Sie hier, warum deutsche Autobauer Jäger statt Gejagte sind und wieso Eiscreme für BMW zum Desaster wurde.
  • Bei US-Fahrdienstleister Lyft kam es Mitte April zu einem Chefwechsel. Der neue scheint kein Kind von Traurigkeit zu sein. Jedenfalls plant David Risher zum Start erst einmal eine Entlassungswelle, wie er in einer Mail an die Belegschaft ankündigte. Fast ein Drittel der rund 4000 Jobs stehen wohl zur Debatte.
  • Wenn es um alternative Kraftstoffe geht, zerpflücken sich Transport & Environment und die eFuel Alliance für gewöhnlich mit Inbrunst. Doch siehe da, es geht auch anders. Beide Organisationen begrüßten jetzt eine Verordnung der EU. Zur ungewohnten Harmonie trug wohl bei, dass es statt um E-Fuels für Pkw um "ReFuels" für den Flugverkehr ging.

Zahl der Woche: 13

Objekt der Begierde: Der Jeep Wrangler 4xe Sahara kam beim Kindergeburtstag bestens an Foto: Aldo Ferrero
Objekt der Begierde: Der Jeep Wrangler 4xe Sahara kam beim Kindergeburtstag bestens an Foto: Aldo Ferrero

Die Jugend von heute hat kein Interesse mehr an Autos. Diese weitverbreitete These kann meine Kollegin Margret Hucko nicht bestätigen. Sie war kürzlich Zeugin eines achten Geburtstags mit 13 Kindern. Sie alle zog der als Transportmittel bereitstehende Jeep Wrangler in seinen Bann. Warum der so gar nicht zeitgeistige Offroader den Nachwuchs so sehr begeisterte, lesen Sie hier.

Deepdrive der Woche: Wann und wie kommt die Verkehrswende?

Für 45 Prozent der Weltbevölkerung ist das eigene Auto derzeit das wichtigste Transportmittel. Doch wie wird die Mobilitätswelt im Jahr 2035 aussehen? McKinsey wagt in einer multimedialen Analyse den Blick in die Glaskugel. Spoiler: Private Autos werden den Autoren zufolge auch dann noch auf Platz 1 stehen, doch bei Weitem nicht mehr so deutlich. Und wer nicht mehr selbst fährt, wird zunehmend auch auf Robotaxis zurückgreifen – glauben sie zumindest bei McKinsey.

Geisterfahrer der Woche

Ladenhüter: In den USA legt ein Autohändler sogar noch Geld drauf, wenn man ihm einen Toyota Mirai abnimmt Foto: Yuri Kageyama/ AP
Ladenhüter: In den USA legt ein Autohändler sogar noch Geld drauf, wenn man ihm einen Toyota Mirai abnimmt Foto: Yuri Kageyama/ AP

Wasserstoffautos sind Raritäten. Neu will sie kaum jemand, gebraucht offenbar nicht einmal geschenkt. Zumindest geistert seit mehreren Tagen das Inserat eines US-Händlers durch das Internet, der einen Toyota Mirai, Baujahr 2017, für 11.988 Dollar anbietet. Wer das gute Stück nimmt, bekommt on top einen 15.000-Dollar-Tankgutschein. Und wir haben uns eingangs noch über Volker Wissings 49-Euro-Phantasie als Verkaufsargument gewundert...

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche.

Herzlichst, Ihr Christoph Seyerlein

Haben Sie Wünsche, Anregungen, Informationen, um die wir uns journalistisch kümmern sollten? Sie erreichen meine Kolleginnen und Kollegen im Team Mobility und mich unter manage.mobility@manager-magazin.de.

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Torsten Kroll

Wirtschaftsingenieur (Produktionstechnik)| Natural Leadership | Projektmanagement | QMS ISO 9001 | Lean Management | Process Bootstrapping.

1 Jahr

Ich habe die Here App aus gutem schon lange nicht mehr auf dem Smartphone. Weiß nicht was die Autobauer damals zu Here geritten hat.🤷

Ronny Mönnig

Automotive Erfahrung 25 Jahre, fundamentales Verständnis von Entwicklungsprozessen, Leadership >15Jahre, International Business Development, Diplom-Ingenieur von der MLU, former patent holder, certified PM

1 Jahr

Das ist alles erst der Anfang, warten wir mal noch 2,3 Jährchen Dann haben wir eine (fast überflüssige) verwaltungslastige Dienstleistungsgesellschaft hier. Das ist die Umkehr zu Asien, liebe Topmanager (DL zu Güterproduktion, sprich hohes GDP). Ökonomie ist nicht Jedermanns Sache, leider - ich weiss

Christel-Silvia Fischer

DER BUNTE VOGEL 🦜 Internationaler Wissenstransfer - Influencerin bei Corporate Influencer Club | Wirtschaftswissenschaften Universität Münster

1 Jahr

Vielen Dank an das manager magazin !

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