Was bedeutet Multiperspektivität im digitalen Museum?
Mit Barbarossa auf dem Mainzer Hoffest – LWL Museum für Kunst und Kultur

Was bedeutet Multiperspektivität im digitalen Museum?

Digitale Vermittlungsformate für Ausstellungen im Museumskontext haben einen begründeten wissenschaftlichen, historischen oder kunsthistorischen Anspruch. Kuratorinnen und Kuratoren, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Direktion und zuweilen die lebenden Künstlerinnen und Künstler verlangen zurecht, dass die Inhalte eines digitalen Vermittlungsformats gut, wahr und richtig vermittelt werden.

Auf der anderen Seite ist ein digitales Vermittlungsformat eine niederschwellige Kunst- und Kulturvermittlung für interessierte Besucherinnen und Besucher, die in der Regel mit unterschiedlicher Vorbildung und -Information mit der Ausstellung in Berührung kommen. Sei es als Vor- oder Nachbereitung eines Museumsbesuchs. So stellt das digitale Vermittlungsformat nicht zuletzt auch ein digitales Marketinginstrument zur Steigerung der Besucherzahlen dar.

Mit Barbarossa auf dem Mainzer Hoffest – LWL Museum für Kunst und Kultur

Es müssen bei der Planung, Redaktion und Umsetzung also Kompromisse gefunden werden, in welcher wissenschaftlichen Tiefe die Themen einer Ausstellung behandelt und präsentiert werden sollen. Ein guter Ratgeber ist es stets bei digitalen Vermittlungsangeboten, dies entsprechend der Interessen der Besucherinnen und Besucher zu tun. Möchten die Verantwortlichen im Sinne solch einer Besucherorientierung handeln, sollten diejenigen Kapazitäten im Museum bei der Planung, Redaktion und Umsetzung eines digitalen Vermittlungsformat mit einbezogen werden, die den Kontakt zu den Besucherinnen und Besuchern haben: Eben die Vermittlerinnen und Vermittler. Doch nicht nur diese.

Ein Schlüssel zur Besucherorientierung liegt in der Multiperspektivität, das bedeutet in unserem Falle konkret der Bildung von hierarchiefreien Projektteams aus möglichst allen relevanten Abteilungen eines Museums: Neben Kuratorium und Presse/Marketing, die in der Regel verantwortlich sind, sollte die Wissenschaft, die Kunstvermittlung, Social Media, Volontariat und im besten Falle Vertreterinnen des Publikums einbezogen werden. Zudem wird es immer wichtiger, Positionen in Gender- und Barrierefreiheit-Fragen zu hören. Wir als Design-Büro freuen uns natürlich ganz besonders, wenn wir zu einem frühen Zeitpunkt Mitglied so eines Projektteams sein können.

Mit Barbarossa auf dem Mainzer Hoffest – LWL Museum für Kunst und Kultur

Eine in diesem Sinne ausgesprochen gelungene Projektarbeit durften wir mit dem LWL Museum für Kunst und Kultur in Münster umsetzen: eine Erzählung zu der Ausstellung „Barbarossa – Die Kunst der Herrschaft“. Das Thema Barbarossa ist an sich sehr komplex, weshalb der erste Schritt wohl darin besteht, eine erzählenswerte Episode auszuwählen, um die sich eine spannende Narration spinnen lässt. Diese Story wird nun in einer angenehmen und für Erwachsene wie Kinder und Jugendliche einfach zu verstehenden Sprache erzählt. Sie bringt die im digitalen Vermittlungsformat präsentierten Objekte in einen gut nachvollziehbaren Zusammenhang.

Mit Barbarossa auf dem Mainzer Hoffest – LWL Museum für Kunst und Kultur

Der Clou ist nun aber eine weitere Erzählebene, die die beteiligten Figuren der Erzählung in verschiedene, ausgedachte Dialoge untereinander bringt. Diese Dialoge sind so schonungslos wie kurzweilig in eine moderne Chat-Sprache übersetzt, dass gar kein Zweifel an einer völligen Nicht-Authentizität entsteht. Hier findet eine außergewöhnliche wie radikal besucherorientierte Vermittlung statt, die die viel beschworene „Aura“ des Originals völlig außer Acht lässt und sich darauf konzentriert, worum es im digitalen Vermittlungsformat gehen sollte: um die Besucherinnen und Besucher.

Außergewöhnliche und spannende Ideen können allerdings nur in einem Umfeld des kreativen Freiraums, der wertungsfreien Diskussionen und eines wertschätzenden Miteinanders aller Beteiligten entstehen und umgesetzt werden. Dies ist wohl der größte Schatz einer hierarchiefreien und vertrauensvollen Multiperspektivität.

 

Giraffentoast Case

Vermittlungsformat „Mit Barbarossa auf dem Mainzer Hoffest“

 Kunde: LWL Museum für Kunst und Kultur

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