Biografisches Storytelling als Kunstform: Joseph Beuys
Joseph Beuys-Plakat "Zeige Deine Wunde"

Biografisches Storytelling als Kunstform: Joseph Beuys

Joseph Beuys, an dessen 100. Geburtstag sich die Kunstwelt in diesem Jahr erinnert, befreite seine Biografie von den Zwängen der Fakten. Das biografische Storytelling als künstlerische Fiktion ist seine Erfindung.

Die Kunstfigur "Beuys", das wissen wir heute, ist ein kunstvolles Konstrukt. Gleichwohl sind die Botschaften des großen Schamanen heute so aktuell wie vor 50 Jahren. Unser Menschsein ist mehr als sichtbare Materie. Wärme, Energie, Material und Werkstoff in seinen unterschiedlichen Aggregatzuständen: Wir haben von Beuys eine neue Form ganzheitlich sinnlicher Erfahrung gelernt.

Sein erweiterter Kunstbegriff meint die ganze Gesellschaft, mit allen Chancen, mit allen Gefahren, mit allen Ungewissheiten.

Am Ende löst sich möglicherweise auch unser Begriff von Kunst als vor allem ästhetisches Phänomen auf.

Beuys hatte den Mut, von unserer Seele zu sprechen und unsere Seele anzusprechen:

„Das einzige, was sich lohnt aufzurichten, ist die menschliche Seele. Ich meine jetzt ‚Seele‘ im umfassenden Sinn. Ich meine jetzt nicht nur das Gefühlsmäßige, sondern auch die Erkenntniskräfte, die Fähigkeit des Denkens, der Intuition, der Inspiration, das Ichbewußtsein, die Willenskraft. Das sind ja alles Dinge, die sehr stark geschädigt sind in unserer Zeit. Die müssen gerettet werden. Dann ist alles andere sowieso gerettet.“

Eines von Beuys bedeutendsten Installationen heisst "Zeige Deine Wunde", ausgestellt im Münchner Lenbachhaus. Werk und Titel sind voller Geheimnis - und doch ein Schlüssel in diese Zeit.

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Weitere Artikel von Henry C. Brinker

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen