Bleiben dann noch 98 Jahre

„Können Sie mir bitte ein wenig Geld leihen? In 100 Jahren bekommen Sie es wieder zurück, versprochen. Jedes Jahr zahle ich Ihnen dafür auch 0,85 Prozent an Zinsen, vor Steuern natürlich.“, das hab nicht ich gesagt, sondern die Republik Österreich im Juni 2020. Darüber berichtete ich damals im Gutmann Blickwinkel #2.

Für Käufer hatte die österreichische Staatsanleihe einen guten Start. Von 100 Prozent stieg sie bis Ende 2020 auf 140. Ab dann ging es jedoch bergab. Die Welt änderte sich und schon vor dem Krieg in der Ukraine begann die Inflation anzusteigen. Entsprechend fiel der Kurs auf heute 70. Ja, auch eine Staatsanleihe kann sich halbieren.

Halbiert und doch nicht attraktiv

Die Gefahr, dass Privatanlegerinnen diese Anleihe in ihrem Depot halten, ist gering. In den gemanagten Mandaten und Fonds von Gutmann ist sie jedenfalls nicht zu finden. Wer waren dann die Käufer? Wahrscheinlich institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungen und Indexfonds. Ein großer Anteil der österreichischen Anleihevolumina liegt außerdem im Ausland; die größten Gläubiger unter diesen Investoren kommen aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden.

Wer heute die Anleihe bei 70 Prozent kauft, sichert sich eine Rendite von gut 1,4 Prozent auf die nächsten 98 Jahre. Finden Sie das attraktiv? Wahrscheinlich nicht. Die Vergangenheit gibt Ihnen Recht.

Blick zurück über 100 Jahre

Eine große Volkswirtschaft, die auf lange Datenreihen zurückblicken kann, ist die USA. Laut officialdata.org war die durchschnittliche Inflationsrate über die letzten 100 Jahre bei 2,87 Prozent. Kumulativ kommt man dadurch auf einen Kaufkraftverlust von 93,9 Prozent. In Großbritannien sieht es sogar noch schlechter aus: Durchschnittliche Inflation von 4,19 Prozent pro Jahr und Gesamtverlust 98,1 Prozent.

Und was ist mit der soliden Schweiz? Sind die Eidgenossen nicht der Inbegriff von Geldwertstabilität? Laut dem Schweizer Bundesamt für Statistik liegt die Veränderungsrate des Warenkorbes von 02/1922 bis 02/2022 bei 499,7 Prozent. Die durchschnittliche Inflation errechnet sich damit auf 1,81 Prozent pro Jahr. Reicht allemal für mehr als 80 Prozent an Kaufkraftverlust über die 100 Jahre. Besser als die 98,1 Prozent von Großbritannien aber noch lange kein Bewahren der Kaufkraft.

Blick in die Glaskugel

Niemand kann sagen, wie die nächsten 100 Jahre – oh, Verzeihung, nur noch 98 bis zur hoffentlich Rückzahlung – aussehen. Doch auf eines wette ich: Das Geld wir zukünftig nicht mehr wert werden.

Unsere Gutmann Anleihedepots sind breit gestreut und haben im Schnitt geringe Laufzeiten. Dort hoffen wir sogar auf steigende Zinsen. Jede Ausschüttung und Rückzahlung einer Anleihe können wir so mit höheren Renditen wiederveranlagen. 98 Jahre auf die Wiederveranlagung zu warten, wäre uns dann doch zu lange.

Geburtenlotterie mit Vorteil

Die Bürgerinnen und Bürger der Schweiz, Großbritannien und USA mussten über das letzte Jahrhundert einen hohen Verlust ihrer Kaufkraft erleiden. Dennoch hatten sie ein großes Glück, dort auf die Welt zu kommen. Der Lebensstandard ist über diese Zeit massiv angestiegen.

Geld soll aktiv sein

Eine erfolgreiche und unternehmerfreundliche Wirtschaft kann gut mit einer gewissen Höhe von Geldentwertung umgehen.

Sie, als Anlegerin oder Anleger, sollten jedoch darauf achten, nicht zu viel Geld untätig liegen zu lassen. Investieren Sie über Aktien in erfolgversprechendes Unternehmertum. Sie werden sehen, das macht langfristig viel mehr Sinn.

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