CEO in der Agilitätsfalle. Bist du auch ein Fremdkörper im eigenen Unternehmen?
Peter*, CEO eines mittelständischen Softwareunternehmens:
"Puhhh die Entscheidung hätte ich persönlich anders getroffen - aber wenn ich was sage, dann bin ich der Chef, welcher die Selbstorganisation nicht respektiert... Ich komme mir in meiner eigenen Firma nicht mehr gehört vor"
"Das hätte ich euch gleich sagen können, aber mich fragt ja keiner mehr... Heut muss jeder seine eigenen Fehler machen können und wer bezahlt die ganzen unnötigen und schon oft gemachten Fehler? Der Kunde oder Ich!“
*Peter ist eine imaginäre Persona die aus meiner praktischen Erfahrung in der Zusammenarbeit mit CEOs entstand.
Die Entstehung:
Peter hat in den letzten Jahren in die Agilisierung seines Unternehmens investiert.
Mit der Hoffnung auf Innovationskraft, Performance-Steigerung, mehr Kundenzentrierung und teils aus idealistischen Gründen, wurde flächendeckend auf Selbstorganisation, Cross-Funktionalität und flache Hierarchien gesetzt.
Dahinter stecken Wünsche und Annahmen, die Peter zur Entscheidungsfähigkeit seiner Organisation hat:
- Selbstorganisierte, cross-funktionale Teams treffen automatisch schnellere und marktnahe Entscheidungen
- Das Abschaffen von Hierarchiestrukturen führt zu mehr Verantwortungsübernahme im Team
- Weniger Management Overhead durch Auflösung des mittleren Managements welches in marktnahen Rollen aufgeht
- Durch Eigenverantwortlichkeit und Cross-Funktionalität in Teams steigt die Performance, der Teamgeist und die Innovationskraft.
Diese Aussagen klingen für Peter so erstrebenswert, dass er einer flächigen Veränderung der Organisation wenig Argumente entgegensetzen kann. Denn wenn Peter den Markt beobachtet, sind Innovationskraft, Marktnähe, Eigenverantwortlichkeit, Performancesteigerung & Teamgeist genau das, was seine Organisation für die Zukunftssicherung benötigt.
Das Problem:
Doch was beobachtet Peter nach einiger Zeit in seiner Organisation, wenn er einen Schritt zurück tritt?
- Verantwortungsdiffusion in den Teams - Alle sind verantwortlich und doch keiner.
- Verzögerte Entscheidungen und eine Kultur der Konsens-Entscheidungen durch unklare Verantwortlichkeiten bis hin zu einem Entscheidungsstau
- Negative Konnotation von Macht (In flachen Hierarchien hat jeder das gleiche Stimmrecht - als Prämisse) führt zur Abweisung der formal Mächtigen, also ihn selbst
- Ein Führungsvakuum entsteht, das nicht durch Hierarchie gefüllt werden darf
- Agile Rituale haben mehr Bedeutung als die Erfahrungen, welche in bestehenden Vorgehen stecken. Daraus entstehen Fehl- oder Selbstüberschätzung, die bei ihm, den Teams und schlimmstenfalls bei Kunden zu Frust führen.
Die Lösungsversuche:
Peter fragt sich, was er unternehmen kann.
Er versucht die Symptome gemeinsam mit seinen Agile Coaches partizipativ zu lösen („Wir müssen alle mitnehmen und Lösungsideen aus der Mannschaft erarbeiten“). Doch so richtig führt das nicht zum Erfolg.
Sie planen Maßnahmen wie Kommunikationsschulungen, Konfliktmediationen, Coachings, … alles weitere Versuche die Symptome zu beseitigen. Doch auch dadurch stellen sich die gewünschten Effekte nicht ein.
Die beschriebenen Maßnahmen sind Appelle an die Verhaltensänderung der Menschen. Mit dem Hintergedanken „Wenn sich die Menschen doch nur ändern würden, hätten wir diese Probleme nicht mehr“ / „Wir müssen am Mindset arbeiten“
Peter verspürt immer mehr „Inkohärenz“ in seiner Organisation und fragt sich, wie er das wahrgenommene Chaos wieder in geregelte Abläufe bekommt.
Die Hebel für wirksame Lösungen:
Der Hebel, den Peter hat, liegt nicht im Versuch, die organisationalen Dysfunktionen durch Verhaltensänderung Wünsche zu beseitigen, sondern exakt dort, wo die Ursachen und somit die Symptome entstanden sind - durch strukturelle Änderungen.
Die organisatorischen Änderungen haben eine Kultur erzeugt, welche den Unternehmer Peter entmachtet und zum „Fremdkörper“ gemacht hat:
- Macht als Funktion wird moralisiert und steht auf Grund der negativen Konnotation der Organisation nicht mehr zur Verfügung. Diese Funktion benötigt jedoch jede funktionierende Organisation.
- Dadurch wird Peter als Unternehmer bei unternehmerischem Handeln (wofür er ja eigentlich da ist!) von der Organisation „zurechtgewiesen"
- So entsteht häufig Statement Nr. 1 („…, ich komme mir in meiner eigenen Organisation nicht mehr gehört vor.“)
- Peter versucht, unternehmerische Entscheidungen in die Organisation „einzuweben", so dass sie nicht als Entscheidungen durch formale Macht wahrgenommen werden, sondern als hätte sie die Gemeinschaft erzeugt (Verschwendung im Sinne von Zeit & Aufwand!).
- Durch unklare Verantwortlichkeiten werden Entscheidungen an Regeln von Frameworks abgegeben, statt bestehendes Wissen über die Wertschöpfung zu nutzen (Statement Nr. 2 „Mich fragt ja keiner mehr“)
- … das sind einige mögliche Ursachen, welche das beobachtete Verhalten in der Organisation erklärbar machen könnten.
Der wirksame Lösungsweg:
Durch die Analyse des zu lösende Wertschöpfungsproblems und einer anschließenden Struktur- und Kultur-Musteranalyse, konnten Peter und der restlichen Organisation die Wirkmechanismen der Organisation erklärbar gemacht werden, die vorher unerklärlich schienen (ohne einen Schuldigen finden zu müssen!).
Mit dieser Klarheit konnten differenziert strukturelle Änderungen umgesetzt werden, welche am Wertschöpfungsproblem ansetzen, zur Unternehmenskultur passen und somit auf Akzeptanz stoßen und Wirkung erzielen.
Eine der strukturellen Änderungen bezog sich auf die Definition von Zentrumsaufgaben und abgeleitet davon der Schaffung einer Entscheidungsstruktur, welche im Zentrum liegende unternehmerische Entscheidungen wieder ohne Partizipation zulässt.
Peter nutzt z.B. für Teamübergreifende Entscheidungen den konsultativen Einzelentscheid (er konsultiert die betroffenen Teams, doch jedem ist klar, dass Peter die Entscheidung trifft und sich nicht jeder damit „wohl“ fühlen muss).
Neben den strukturellen Änderungen war ein großer Schritt für die Organisation, die Funktion von Steuerung (Macht) zu verstehen und zur öffentlichen Kommunikation zu machen. Somit konnte ein Tabu gebrochen werden, welches nun keines mehr ist und um welches nicht mehr herum gearbeitet werden muss.
Unternehmertum steht somit der Organisation wieder als Funktion zur Verfügung!
Kennst du auch einen Peter?
Ich kenne einige Unternehmer*Innen, denen es ähnlich geht wie Peter.
Steckst du ebenfalls in einer ähnlichen Situation wie er?
Dann lass uns gerne ins Sparring gehen!
Es gibt für solch komplexen Probleme keine Musterlösungen. Keine Blaupausen. Kein "Ich mache das einfach genauso wie die Anderen." Die gute Nachricht aber: Wenn wir dein Problem gemeinsam analysieren, wirst du merken, dass allein dieser Prozess schon eine Besserung herbeiführen wird. Versprochen.
Mehr Kohärenz und somit weniger Energieverbrauch für dich und deine Organisation durch die Lösung echter Probleme!
Ratgeber, Sparringspartner und Coach für IT-Unternehmer und deren Führungsteams - Focus on: Leadership | Innovation | Strategy | Product
1 JahrHa, well done, André! Da kenn ich doch einige CEOs, die sich ähnlich wie "Peter" sehr entfremded in ihrer Organisation fühlen. Spot on!