Das Dresscode-Drama: Was zieht man heute eigentlich zur Arbeit an?

Das Dresscode-Drama: Was zieht man heute eigentlich zur Arbeit an?

Den Hosenanzug oder das Sommerkleid? Bluse oder T-Shirt? Und, sind meine mittlerweile ziemlich ausgelatschten weißen Chucks eigentlich noch gut genug für’s Büro? In unserer neuen, flexiblen Arbeitswelt gilt zunehmend die Richtlinie „Come as you are“. Das macht die Sache aber nicht unbedingt leichter, denn es wirft die Folgefrage auf „Wer will ich denn eigentlich sein?“. Ich wurde in letzter Zeit gleich mehrmals danach gefragt, wie sich Dresscodes im Berufsleben verändern. Grund genug, das Thema einmal näher zu beleuchten.

Dress for success?!

Steve Jobs trug jeden Tag einen schwarzen Rollkragenpullover zur Arbeit. Mark Zuckerberg trägt graue T-Shirts oder einen blauen Kapuzenpulli. Matilda Kahl, Art Direktorin in New York für die Werbeagentur Saatchi & Saatchi, hat für die Arbeit 15 Blusen und sechs Hosen – alle identisch. Was diesen Personen neben der Vorliebe für immergleiche Outfits gemein ist: Sie sind sehr erfolgreich. Die US-Professorin Kathleen Vohs sagt, dass unser Hirn effizienter und kreativer arbeitet, wenn ihm eine Entscheidung am Tag abgenommen wird, und das am besten am Morgen. Man könnte also schlussfolgern: Wenn wir uns morgens keine Gedanken ums Outfit machen müssen, sind wir beruflich erfolgreicher. 

Gleichzeitig gilt nach wie vor: Kleider machen Leute. Ich persönlich finde jedenfalls, dass Kleidung durchaus Einfluss auf meine Selbstsicherheit, meine Ausstrahlung und mein Verhalten hat. Eine Studie aus den USA gibt meinem Bauchgefühl recht, denn sie besagt, dass formelle Kleidung dazu führt, dass wir abstrakte Prozesse besser erfassen können und uns stärker fühlen.

Trotzdem: Es kommt mir so vor, als hätte ich in den letzten Jahren eine Tendenz zu einer lockereren Kleiderordnung beobachtet.

Wird der Dresscode heute Teil der Markeninszenierung?

Während es nach außen hin den Anschein hat, dass Unternehmen bezüglich des Dresscodes lockerer geworden sind, sprechen die Zahlen eine andere Sprache: 58 Prozent der 18 bis 23jährigen sagen, dass sie in ihrem ersten Job einen festen Dresscode vorgegeben bekommen haben. Unter den 24 bis 38jährigen sind es 44 Prozent. Tatsächlich ist es heutzutage üblicher geworden, Richtlinien zur Arbeitskleidung vorzugeben – das zeigt eine LinkedIn Untersuchung aus dem Jahr 2018. So gaben nur 31 Prozent der 54 bis 74jährigen an, dass sie in ihrem ersten Job einen festen Dresscode hatten.

Logo, diese Ergebnisse muss man immer in den gesellschaftlichen Zusammenhang setzen. Während früher beispielsweise Bankmitarbeiter ganz selbstverständlich mit Anzug, Krawatte und Aktenkoffer zur Arbeit gingen, hat sich das heute vermutlich geändert, weshalb der Arbeitgeber entsprechende Angaben vorgibt.

Hinzu kommt, dass Unternehmen den Dresscode heute viel stärker als Teil der eigenen Markeninszenierung verstehen. Die Fragen, wie sie als Marke wirken wollen und welches Umfeld sie ihren Mitarbeitern bieten, zieht sich von den Möbeln im Büro über die Gestaltung der Meetingräume hin zur Kleidung.

„Ein Dresscode kann eine Unternehmensmarke und -kultur ergänzen, aber niemals ersetzen.“

Eine neue Kleiderordnung allein verbessert jedoch keine Unternehmenskultur und macht Mitarbeiter auch nicht kreativer oder innovativer. Deshalb sollten Unternehmen bei der Einführung eines Dresscodes darauf achten, dass dieser zur Marke und zum Unternehmen passt und die Mitarbeiter entsprechend mitnehmen. Wenn der Chef nach einem Ausflug ins Silicon Valley plötzlich ohne Krawatte ankommt, dafür aber Sneaker trägt, wird dies von Mitarbeitern meist nur müde belächelt.

Dresscode ist nicht gleich Dresscode

Letztendlich ist es meiner Meinung nach bei der Dresscode-Debatte unmöglich, allgemeingültige Aussagen zu treffen. Vielmehr sehe ich hier drei Faktoren, die es zu beachten gilt:

1.     Die Branche

Neben persönlichen Vorlieben ist der Kleidungsstil noch immer sehr stark abhängig von der jeweiligen Branche. So sind in der Tech-Branche T-Shirts, Jeans und Hoodies die Norm. Die Kreativen durften (oder müssen?) sich schon immer lockerer anziehen, wohingegen von Bänkern, Unternehmensberatern oder Rechtsanwälten weiterhin ein Anzug erwartet wird. Tipp: Auf LinkedIn-Unternehmensseiten findet ihr unter den Reiter „Unternehmenskultur“ in der Regel Informationen dazu, welche Kleiderkultur in einem Unternehmen vorherrscht. Vor einem Vorstellungsgespräch kann sowas sehr hilfreich sein. 😉

2.     Der Anlass

Hinzu kommt der Anlass. Logo, genau wie wir uns zu festlichen Gelegenheiten – z.B. an Weihnachten oder für eine Hochzeit – schicker machen, machen wir uns auch bei wichtigen beruflichen Terminen mehr Gedanken über unsere Kleidung. Sprich, vor einer entscheidenden Präsentation oder bei einem wichtigen Kundentermin mache ich mir ein paar zusätzliche Gedanken darüber, was ich anziehen will. In einem meiner ersten Jobs galt zum Beispiel die Regel: Immer einen Tick besser als der Kunde gekleidet zu sein. Außerdem wurde uns nahegelegt, unseren Stil an die Branche des Kunden anzupassen.

3.     Die Mode

Und last but not least ist die Kleiderordnung sicherlich auch einfach eine Frage der Mode. Doppel-Kragen sind out, dafür sind Sneaker in den letzten Jahren auch im Business-Umfeld populärer geworden, gleiches gilt für slim-fit Hemden. Für diejenigen unter uns, die sich nicht immer 100% sicher sind, was gerade en vogue ist (so wie ich), empfiehlt sich ein wenig Recherche. Diesen Beitrag der Lifestyle Bloggerin Masha Sedgwick kann ich zum Beispiel sehr empfehlen.

So, das war meine Meinung zum Thema Dresscode. Was denkt ihr? Wohin geht der Trend? Gibt es bei euch überhaupt noch einen Dresscode in der Arbeit? Ich freue mich auf eure Kommentare.

PS: Wen es interessiert... Bei LinkedIn gilt „Jeans und T-shirt geht immer“. An Tagen, an denen ich morgens verzweifelt vor meinem Kleiderschrank stehe, entspannt mich diese Richtlinie sehr. 😊

Alf Simanowski

Leiter der Abteilung für internationale Beziehungen bei Japanische Internationale Schule in Düsseldorf 

5 Jahre

Ist es nicht traurig, dass es in der heutigen Zeit immer noch wichtiger zu sein scheint, wie etwas "wirkt. Will man damit vielleicht verstecken, wie etwas wirklich ist??

Arnim Buck

Rechtsanwalt | Notar | Fachanwalt für Arbeitsrecht | Kündigungsschutzrecht I Urlaubsrecht I Erbrecht I Immobilienrecht I Unsere Qualität ist Ihr Mehrwert

5 Jahre

Top Thema. Am besten gibt das Unternehmen was vor. Wie bei der Schuluniform (z.B. in Irland, GB, Australien). Wer sie trägt, ist Fan.

Vanessa Hindinger

Customer Experience Manager Elektromobilität bei EnBW AG 👩💻⛽⚡🚗

5 Jahre

Ich bin meistens auf der Arbeit um "zu schaffen", wie man bei uns in Stuttgart sagt. Nicht, um gut auszusehen.

Ellen Späth

Filialleiterin Sparda-Bank Baden-Württemberg eG

5 Jahre

In meiner Branche finde ich einen Dresscode vorteilhaft, gemäß dem Motto, 'Kleider machen Leute'. Generell darf es immer chic sein und bitte niemals abgetrage Kleidung.

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