Das gläserne Unternehmen 4.0
Die gläserne Decke werden die Frauen dieser Welt nicht so bald einreissen. Sie wird sogar von Tag zu Tag dicker. Doch durch die offene Glastür dringen plötzlich neue Elemente in die Unternehmen ein, die vielleicht Risse in die gläserne Decke bringen könnten oder zumindest ein paar Kratzer.
Solange Smarter Working, Arbeiten 4.0 nur als kluge Thesen und Theorien die Unternehmerwelt berieseln, zerperlen sie einfach an den gut geölten Unternehmensstrukturen der letzten fünf Jahrzehnte. Die meisten Manager und Unternehmer wollen einfach so weiter arbeiten wie bisher. Von oben her gibt keinen Bedarf an internen Strukturwandel und von aussen her ist der Druck noch nicht da.
Glassdoor heisst darum das neue Bewertungsportal für Unternehmen als Arbeitgeber. Das Label definiert das Ziel und die Strategie: Absolute Transparenz des Arbeitsalltags in den Firmen!
Seine Betreiber sind nicht etwa revolutionäre Aktivisten der Occupy oder Anonymous Bewegung, sondern hartgesottene Geschäftsleute der Webökonomie, die als early adopters des Multiple Sided Platform Prinzips und des Business 2.0 schon viel Geld mit Bewertungsportals wie z.B. TripAdvisor verdient haben. Dass sie damit die Hotelbranche weltweit aufgemischt und dort eine neue Verteilerfunktionen entwickelt haben, macht bislang nur den Betroffenen, d.h. den kleinen Hotelbesitzern zu schaffen. Es sollte aber ein Menetekel für die Unternehmen in anderen Bereichen sein.
Um im Milliarden-Deal des Arbeitsmarketing 2.0 mit von der Partie zu sein, hat sich Rich Barton, der Erfinder von Glassdoor etwas Neues einfallen lassen. Er vernetzte einfach die beiden schon bestehenden Komponenten der digitalen Revolution, und zwar die Dynamik des Bewertungsportals mit den komplexen und flüchtigen Bedürfnissen der VUCA-Ökonomie.
Dadurch entsteht eine neue Ebene auf dem entgrenzten Arbeitsmarkt. Hier versorgen sich zwar weiterhin die Jobbörsen und Headhunter. Aber es vollzieht sich auch eine Umkehrung der bisherigen Werte: Die Insider bewerten ihr Unternehmen anonym nach festgelegten Kriterien. Ihre Bewertung wird zu einem immateriellen Wert für das Unternehmen, im Plus oder Minus und zum Stoff, aus dem die Algorithmen das Ranking erstellen, das dann auf dem Portal und in den Medien steht.
Arbeitsbedingungen, Werkverträge, Zeitverträge, Burn Out oder Smarter Working, Chancengleichheit oder gläserne Decke, Transparenz in der Unternehmens-kommunikation, kompetentes und inkompetentes Management, schlechtes Personalmanagement entscheiden über das Ranking als guter oder schlechtester Arbeitgeber in einem Marktsegment, wo die Unternehmen ihre beste Innenansicht zeigen müssen. Sonst bekommen sie nicht mehr die nötigen Talente. Das betrifft besonders die Wirtschaften mit chronischem Nachwuchsmangel.
Den personalintensiven Firmen des Baugewerbes, der Nahrungsmittelindustrie, der Dienstleistungen oder des Handels- und Verkehrs ist so ein Arbeitgeber-Ranking egal. Sie schöpfen weiter im Überfluss der Arbeitsuchenden aus aller Welt und ersetzen sie, wo sie können, durch intelligentere Maschinen. Doch die Unternehmen der Wissensgesellschaft 21, die aus den Technologien 4.0 innovative Produkte, Ressourcen und Dienstleistungen entwickeln und vermarkten wollen, brauchen kreative, innovative Köpfe, die das immaterielle Kapital des Unternehmens steigern.
Für die Kleinunternehmen sind die neuen Bewertungsportale die Chance, von den Grosskonzernen bei der globalen Jagd nach Talenten nicht ganz ins Abseits gedrängt zu werden. Die Grosskonzerne belegen zwar weiterhin die Logenplätze im herkömmlichen Ranking, bekommen aber allmählich Konkurrenz von kleineren Unternehmen, die ihr Firmenranking und Image als wunderbarer Arbeitsplatz mit den viralen Effekten des Workforce Marketings attraktiver gestalten.
Arm aber kreativ! Das wäre doch auch ein Slogan für alle KMU 21!