Das Handwerk des Lebens betreiben.

Manchmal braucht man einen Schuss vor den Bug, um sich alteingesessene Denk- und Verhaltensweisen anzuschauen. Besser: Um endlich hinzuschauen und hinzuhören.

Dann stellt der Mensch eventuell fest, dass er schon lange auf einem toten Gaul reitet, der einem unter dem Hintern krepiert ist. Und die Landschaft, die (trotzdem) vorbeizieht, ist eine Kulisse, die emsige Geister bewegen, um damit ihre Eigeninteressen zu verfolgen.

Das Festhalten an Sicht- und Verhaltensweisen, die weder für die Situation, noch für das Lebenskonzept (mehr) passend sind, ist eine Standard-Konstellation im Coaching. Und dann werden diese sehr bequemen symbolischen Hausschuhe zu Fußfesseln, die die Beweglichkeit einschränken und den Radius verkürzen. So bewegt man sich in der vermeintlichen Sicherheit einer Komfortzone, in der alles am gewohnten Platz ist, alle Aktionen zu Reaktionen auf die immer gleichen Reize werden und dadurch ein Maß an Sicherheit fühlen lassen, das mit den realen Verhältnissen nicht nur nichts zu tun hat, sondern diese auch noch gröblich verzerrt.

Von dieser verzerrten Wahrnehmung können nicht nur Klienten, sondern auch Coaches betroffen sein. Das schnelle „Schubladieren“ von Standard-Situationen, das reflexartige Typisieren von Verhaltensweisen und das entsprechend blitzartige Antworten mit vorgefertigten „Instant“-Interventionen kann zwar – wenn die Interventionen gut erlernt und ordentlich durchgeführt werden – keinen Schaden anrichten, aber immerhin auch keinen Nutzen stiften und insofern ist dem hilfesuchenden Klienten bereits ein erheblicher Nachteil entstanden. Die wichtigsten Gegengifte für Klient und Coach gleichermaßen sind Beweglichkeit in Gedanken, Wahrnehmungen und Perspektiven.

Wer es schafft, zumindest prinzipiell auch das Gegenteil der fixen Vorstellung für „vorstellbar“ zu halten, gewinnt. Wer den Verdacht zulassen kann, der andere Mensch könnte auch recht haben, gewinnt. Wer sich aus seiner einbetonierten Reflex-Artikulation lösen kann und – vielleicht auch physisch! – einen anderen Standpunkt einnehmen kann, gewinnt.

Gewinnt: Neue Erkenntnisse, neue Handlungs-Optionen. Neue Chancen, andere Reaktionen als die gewohnten hervorzurufen, … In Summe: Selbstbestimmung statt Fernsteuerung.

Gestalter sein und nicht mehr Opfer. Auf eine Reise gehen, statt auf der Flucht sein.

Das Glück, an die Werkbank zu treten und das Handwerk des Lebens auszuüben.

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