Der Frust des Datenschützers – ein ganz persönlicher Kommentar

Der Frust des Datenschützers – ein ganz persönlicher Kommentar

Früher fand ich Datenschutz, ehrlich gesagt, einfach nur doof. Oder nervtötend. Oder lästig. Und vor allem: überflüssig. Bis zu dem Moment, in dem mich mein beruflicher Werdegang in die Tiefen der DSGVO und des BDSG geführt hat. Denn je mehr ich mich mit der Thematik auseinandergesetzt habe, umso mehr habe ich den Sinn des Datenschutzes kennen- und schätzen gelernt. Die heutige digitale und virtuelle Welt dreht sich von Woche zu Woche schneller, ohne „Daten“ funktioniert unser Zusammenleben nicht mehr. Die berühmte Privatsphäre, die früher mit dem Herumdrehen des Haustürschlüssels und dem Herablassen der Rollladen gewahrt war, finden wir heute in unseren multifunktionalen Geräten, von der Smartwatch bis zum PC, vom Mobiltelefon (was lange kein Telefon mehr ist) bis zum Navi im Auto. Nur - mit dem Herumdrehen des Haustürschlüssels ist es längst nicht mehr getan, heute muss ich meine Privatsphäre anders schützen. Denn wer möchte schon, dass die Nachbarn wissen, wie aktuell meine Leberwerte sind, oder welchen Kontostand ich habe?

Heute freue ich mich, anderen Menschen in Vorträgen und Schulungen die Augen öffnen und ein Verständnis für Sinn und Zweck des Datenschutzes geben zu können. Dazu genügen simple Beispiele, bis die Zuhörer das berühmte „stimmt, da haben Sie Recht“ aussprechen. Bewusstsein für den Datenschutz und seine Notwendigkeit zu wecken, das ist heute ein wesentlicher Teil meines beruflichen Alltags.

Ab und an wird dieser berufliche Alltag jedoch empfindlich gestört, so zuletzt am 10.11.22. Da hat doch tatsächlich die spanische Datenschutzbehörde ein Bußgeld in Höhe von € 70.000 gegen den Paketdienstleister UPS verhängt, weil der „Daten eines Betroffenen ohne Einwilligung an einen unberechtigten Dritten weitergegeben“ habe. Das Unternehmen habe „keine technischen-organisatorischen Maßnahmen ergriffen, um eine Offenlegung zu verhindern“.

Klingt böse. Was war passiert? Der Paketbote hatte das Päckchen eines Elektronikmarktes doch tatsächlich beim Nachbarn abgegeben, da der Empfänger nicht zuhause war. Nein, kein Scherz! Das, was wahrscheinlich tagtäglich zigtausend Fach in Europa passiert, soll ein bußgeldbehafteter Datenschutzverstoß sein? Ja, in der Tat, legt man die DSGVO ganz besonders scharf aus, dann könnte man tatsächlich darauf kommen, dass hier ein Verstoß vorliegt, da Name/Anschrift auf dem Adressfeld des Paketes stehen. Hand aufs Herz – wollen wir das? Wollen wir tatsächlich, dass gegenseitige Unterstützung und Nachbarschaftshilfe nicht mehr möglich ist oder bürokratisiert wird, weil der Datenschutz es verbietet? Ich will das nicht. Solche behördlichen Entscheidungen erreichen genau das, womit die DSGVO eh dauerhaft kämpft, nämlich das Image des „blockierenden, hemmenden Verordnungsungetüms“ wieder in den Vordergrund zu bringen und die Akzeptanz zu reduzieren. In solchen Momenten finde ich Datenschutz dann wieder doof. Und nervtötend. Und lästig. Und vor allem: überflüssig.

Angelika Galley

Senior Consultant Remotion GmbH & Partner at Dapro Serv GmbH

1 Jahr

Das Gefühl, das mein lieber Kollege Ralf hier beschreibt, kenne ich als Datenschützerin in der Tat auch. Nicht nur bei seltsamen Urteilen zu Paketboten, die dem Nachbarn das Paket übergeben, sondern auch z.B. in Bezug auf das Urteil zum Thema Fotografieren von Falschparkern. Aber dazu bald mehr.

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