In der Krise etwas Neues wagen? Gerade dann!

In der Krise etwas Neues wagen? Gerade dann!

„Wenn Du immer das tust, was Du immer schon getan hast, wirst Du immer wieder das bekommen, was Du immer schon bekommen hast. Wenn Du etwas anderes haben willst, musst Du etwas anderes tun!“ (Paul Watzlawick)

Dieser Satz schob sich heute zwischen Dahindämmern und Aufstehen in mein Bewusstsein. Und während ich, wie jeden Tag, auf meinem Meditationskissen sitze, frage ich mich, was dieser Satz wohl mit meiner momentanen Situation zu tun hat? Ich fühle mich angesprochen und der Satz wabert in mir. Es öffnet sich buchstäblich eine Tür und ich spüre eine Lust und eine Freude, heute etwas anders zu machen als sonst. Raus aus der Routine – raus aus einer Starrheit.

Wir – und da schließe ich mich mit ein – sind seit mehr als zwei Jahren von Krisen gebeutelt. Nach der Corona-Krise, mit der wir jetzt einigermaßen umgehen gelernt haben, erleben wir etwas, was unsere und die jüngeren Generationen nur aus dem Geschichtsunterricht, von Berichten in Nachrichtensendungen und Filmen kennen. Ein Krieg mit einem Aggressor, der uns alle in irgendeiner Weise betrifft. Sei es persönlich, weil wir Freunde oder Verwandtschaft in der Ukraine oder in Russland haben und erleben, wie sie leiden. Sei es wirtschaftlich, weil wir unter der Inflation leiden, oder die Aufträge nicht so fließen, wie es früher war.  

Stressreaktionen sorgen für Tunnelblick

Mittlerweile ist allgemein bekannt, dass die Amygdala – das Alarmsystem im Gehirn – in diesen Situationen auf uralte Mechanismen zurückgreift und in einen Fight-, Flight- oder Freeze Modus verfällt. Prima, dass wir dieses System haben: es führt uns in den Tunnel und wir konzentrieren unsere Energie auf Angriff oder Verteidigung, auf Fliehen – oder, um Energie zu sparen, auf Erstarren, dem „Todstellen“. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Menschen in der Ukraine genau das jetzt brauchen. Alle Kräfte auf Angriff, Verteidigung oder Fliehen bzw. Ruhigstellen, um Kräfte zu schonen oder sich auszuruhen.

Und wie ist das bei uns hier, die wir nicht unmittelbar vom Krieg bedroht sind? Ist die Lösung zur Bewältigung unserer persönlichen Krisen Angriff oder Flucht? Vielleicht haben wir das ja bereits versucht? Vielleicht sind wir in Aktionismus verfallen oder haben uns durch Genussmittel abgelenkt? Vielleicht spüren wir auch so etwas wie Erstarrung und haben keine Ahnung, wie wir aus der Situation herauskommen. Wir sind buchstäblich im Tunnel. 

Kreativität und neue Ideen brauchen positive Gefühle

Für die Bewältigung von Krisen brauchen wir Kreativität für neue Ideen und Inspirationen. Und die entstehen durch positive Gedanken und Gefühle. „Broaden & Build“ nennt dies Prof.Barbara I. Fredrickson, Wissenschaftlerin und Vorreiterin der Positiven Psychologie (Barbara I. Fredrickson: die Macht der guten Gefühle). Durch positive Gedanken und Gefühle werden die Areale unseres Gehirns aktiviert, die Offenheit, Intuition und Kreativität ermöglichen.  In vielen wissenschaftlichen Studien hat Barbara Fredrickson bewiesen, dass gute Gefühle buchstäblich den Horizont erweitern (Broaden) und neue Ressourcen schaffen (Build). Gute Gefühle entstehen u.a. durch Freude, Interesse, Heiterkeit, Dankbarkeit und Liebe. 

Nein, damit ist nicht „think pink“ oder „happy thinking“ gemeint. Die Wissenschaft der Positiven Psychologie mit ihrem „Vater“ Prof. Martin Seligman, 1998 Präsident der APA, American Psychological Association, erforscht seit ca. 20 Jahren mit seinen Teams, welche Faktoren zu einem Gelingenden Leben beitragen. Dazu gehört insbesondere auch die Bewältigung von Krisen (Martin Seligman ist bekannt dafür, dass er sehr erfolgreich auf dem Feld der Therapie mit Positiver Psychologie besonders schwerer Fälle von erlernter Hilflosigkeit z.B. durch Folter forscht und behandelt).

Wenn wir uns also diesen positiven Gefühlen öffnen und sie in unser Leben einladen, dann besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass sich Kreativität und neue Ideen zeigen – und damit neue Wege aus der Krise entstehen. Diese positiven Gefühle sind in jedem von uns vorhanden: denke z.B. an schöne Erlebnisse zurück oder Erfolge, die Du hattest. Vielleicht spürst Du auch Dankbarkeit für etwas, was Du in Deinem Leben geschenkt bekommen hast. Lass diese Gefühle noch einmal wachsen in dir, wenn du jetzt daran denkst. Und bemerke, wie sich Dein Körper daran mit einer Reaktion (Körperecho) erinnert. 

Wenn Du etwas anderes willst, musst Du etwas anders machen – und anders denken

Um auf den Satz von Paul Watzlawick zurückzukommen: fangen wir heute an, etwas anders zu machen als bisher und nehmen bewusst wahr, was diese Veränderung bewirkt, dann öffnen wir uns etwas Neuem in unserem Leben. Etwas, das vielleicht Freude, Interesse oder Dankbarkeit hervorruft. In jedem Fall aber bewusste Aufmerksamkeit, die uns aus dem Tunnel der Erstarrung führt. 

Was ich heute verändert habe? Ich habe meine Zähne heute mit der linken Hand geputzt und verstanden, was mein Zahnarzt damit meint, wenn er sagt, ich solle sanfter putzen. Ich bin mit dem Fahrrad einen anderen Weg ins Büro gefahren und habe die blühenden Lindenbäume in der Johannesstraße bewundert und den Duft aufgesogen, die sie verströmen. Mit dem Herz voll Freude habe ich meine Kolleg:innen im Büro begrüßt und bin gespannt und offen, welche Überraschung der Tag für mich hat.

Was willst Du heute verändern? Und was hat sich Neues gezeigt? Schreib doch einfach von Deinen Erfahrungen. Ich freue mich darauf.

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