Der Stolz des Samurai im modernen Vertrieb
Dieses Mal spreche ich mit Vincent Aydin, B2B-Sales-Executive, Berater und Beirat des Familienunternehmens AYCON Management Experts GmbH. Ein Gespräch über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Beratern und Geschäftsführern, Teamdynamiken – und die Frage, ob Vertrieb Kunst oder Wissenschaft ist.
Vincent, stell dich bitte einmal vor.
Ich bin Vincent Aydin, Beirat bei der AYCON Management Experts GmbH und Spezialist für B2B-Vertrieb. Unternehmen kommen auf mich zu, wenn sie ihre Vertriebsleistung steigern und frischen Wind in ihre Top-Line-Organisation bringen wollen.
Mein Schwerpunkt liegt auf zwei Bereichen: dem Aufbau von Vertriebsorganisationen – das ist der technische Teil. Und auf der Entwicklung von Sales-Teams, ihrem Auftritt und der Stärkung ihrer Story – das ist der emotionale Teil.
In meiner Karriere habe ich schon vielfältige Rollen übernommen – von einer Boutique-Beratung für digitale Geschäftsmodelle bis hin zum Business Development eines Crowdsourcing-Start-ups.
Zudem habe ich den Vertrieb der Digital Unit und später des Flächengeschäfts bei der Messe München verantwortet und war Geschäftsführer der deutschen Tochter eines französischen Konzerns, der Bauinformationen als SaaS-Lösung anbietet.
Die Ausgangslagen in all diesen Stationen konnten unterschiedlicher nicht sein, doch die Ziele waren im Kern sehr ähnlich: Es ging immer um Top-Line-Wachstum, kluge Ressourcennutzung und Effizienzsteigerung. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Digitalisierung und der Einsatz moderner Tools, um ungenutztes Potenzial zu heben und eine zukunftsfähige Unternehmenskultur zu fördern.
Was sind für dich die größten Unterschiede in Organisationen in Bezug auf Größe, Land und Kultur, die du erlebt hast?
Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur. Durch meine Auslandserfahrung in verschiedenen Ländern bin ich multikulturell geprägt und finde mich in neuen Ländern und Unternehmen schnell zurecht. Das hilft mir als Führungskraft, leichter Zugang zu Menschen unterschiedlicher Hintergründe aufzubauen, was die Zusammenarbeit fördert.
Gleichzeitig muss ich sagen: Trotz kultureller Unterschiede werde ich häufig für ähnliche Aufgaben engagiert.
Es geht meist darum, das Top-Line-Wachstum zu fördern, neue Produkte oder Dienstleistungen einzuführen, den Vertrieb zu stärken, die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zu verbessern oder der Unternehmenskultur neuen Schwung zu geben. Auch die Einführung neuer Tools und die Steigerung der Effizienz spielen oft eine wichtige Rolle.
Was sich jedoch immer unterscheidet, sind die Ausgangslagen der Unternehmen – besonders in Bezug auf Systeme, Technologien, Menschen, Kulturen und Prozesse.
Während die Ziele oft ähnlich sind, müssen die Lösungen stets individuell auf die jeweilige Organisation abgestimmt werden.
Welche Erlebnisse fallen dir dazu ein?
Ein passendes Beispiel ist die Einführung und Weiterentwicklung eines CRM-Systems. Das habe ich in verschiedenen Unternehmen erlebt, aber die Erfahrungen könnten kaum unterschiedlicher sein. Bei der Messe München haben wir in der Digital Unit eine komplett neue Infrastruktur für den Digitalvertrieb aufgebaut, der sich grundlegend vom klassischen Flächenvertrieb unterscheidet.
Wir haben ein CRM-System eingeführt und gleichzeitig Marketing- und Sales-Automatisierungsprozesse aufgesetzt, die den gesamten Prozess von Lead-Generierung bis hin zum Kauf und Wiederkauf abdeckten. Das war eine Herausforderung, weil wir praktisch bei null anfingen.
Es gab Fehler und Hindernisse, aber die Fortschritte waren dafür umso schneller sichtbar. Das System wuchs direkt mit der Organisation mit, und gemeinsam haben wir es nicht nur eingeführt, sondern auch gelebt.
Ganz anders war es in einem Konzern, wo ich ebenfalls an der Einführung eines CRM-Systems beteiligt war. Hier ging es darum, ein Altsystem abzulösen, und wir mussten uns stark an den bestehenden Konzernstandards orientieren.
Das brachte andere Herausforderungen mit sich – der Prozess war weniger agil, da wir uns in vielen Bereichen an Vorgaben halten mussten. Es dauerte länger, Veränderungen umzusetzen. Doch Erfolg ist immer ein Teamprozess. Egal, wie die Ausgangslage aussieht, es ist entscheidend, die Menschen mitzunehmen und zu begeistern. Jeder muss das gemeinsame Ziel und seinen eigenen Beitrag dazu verstehen.
Mein multikultureller Hintergrund und die Erfahrung in unterschiedlichen Unternehmen halfen mir dabei, das Team zu motivieren und auf Kurs zu bringen.
Beide Szenarien haben ihre Vor- und Nachteile: Im ersten Fall hatten wir die Freiheit, Neues zu schaffen und uns schnell weiterzuentwickeln, was natürlich Mut und Innovationslust erforderte.
Im zweiten Fall war die Sicherheit größer, aber es bestand auch die Gefahr, sich aus Angst vor Fehlern zu sehr an alten Strukturen festzuklammern. Diese lähmende Haltung nach dem Motto „bloß nichts kaputt machen“ führt oft zu Stillstand – und Stillstand ist letztlich der Tod jeder Weiterentwicklung.
Du warst mal Berater, mal Geschäftsführer. Wie hast du deine unterschiedlichen Rollen erlebt?
Für mich war es äußerst wertvoll, beide Perspektiven erlebt zu haben, da jede ihre eigene Bedeutung für den Unternehmenserfolg hat.
In beiden Rollen hatte ich immer die Weiterentwicklung des Unternehmens im Blick.
Es ging stets darum, zu verstehen, wo wir als Unternehmen hinwollen, wofür wir stehen – und warum es sich lohnt, Kunde bei uns zu sein.
Allerdings unterscheidet sich der Blickwinkel: Berater konzentrieren sich in der Regel intensiv auf einen spezifischen Bereich und arbeiten sehr tiefgreifend, jedoch oft nur auf diesen einen Teilbereich beschränkt.
Als Geschäftsführer hingegen muss ich das große Ganze im Auge behalten. Ich habe zwar mehr Einflussmöglichkeiten und größeren Spielraum – aber auch deutlich mehr Facetten, die es zu managen gilt.
Als Geschäftsführer muss ich ständig bewerten, wo ich wirklich in die Tiefe gehen muss und welche „Schlachten“ unbedingt gewonnen werden müssen.
Hier helfen klare Prioritäten, wie etwa durch das Eisenhower-Prinzip: Do, Defer, Delegate, Delete.
Empfohlen von LinkedIn
Wie leicht fällt dir die Ein- bzw. Umgewöhnung zwischen diesen Organisationen und Rollen?
Die Eingewöhnung in neue Organisationen und Rollen erfordert zunächst immer ein Ankommen. Du musst die Gepflogenheiten und die „Sprache“ der Organisation verstehen – ähnlich wie beim Einzug in eine neue WG: Wer übernimmt welche Aufgaben? Welche ungeschriebenen Regeln gibt es?
Meine abwechslungsreichen beruflichen Stationen helfen mir dabei, mich schnell in neue Umgebungen einzufinden – da ich gelernt habe, mich in verschiedenen Kulturen, Ländern und Unternehmen zurechtzufinden.
Respekt spielt dabei eine entscheidende Rolle – Respekt vor den Menschen, die bereits da sind, und dem, was sie schon erreicht haben. Wer das ernst nimmt und als Basis sieht, dem eröffnen sich viele Möglichkeiten. Es reicht nicht aus, nur zuzuhören. Ich versetze mich in die Menschen hinein, nehme sie ernst – und versuche, zu verstehen, was sie täglich tun.
Das ist wahre Wertschätzung!
Dazu gehört auch, direkt mitzumachen, sei es im Vertriebsgespräch oder im Kundenservice. Aber genauso wichtig ist es, seinen eigenen Weg zu verfolgen:
Der Spruch „Culture is observational, not aspirational“ passt gut dazu, denn: Menschen beobachten, wie sich Führungskräfte verhalten. Als Geschäftsführer muss ich diese Werte vorleben und repräsentieren.
Dein Sweet-Spot sind B2B-Vertriebsthemen. Was für vertriebliche Herausforderungen erlebst du häufig?
Im B2B-Vertrieb begegne ich häufig ähnlichen Herausforderungen. Eine der größten ist das fehlende Alignment zwischen Marketing, Sales und Customer Success. Oft herrscht ein starkes Silo-Denken, was zu mangelnder Durchgängigkeit führt.
Erfolgreiche Unternehmen hingegen haben auf allen drei Ebenen – Systeme, Menschen und Prozesse – eine nahtlose Vernetzung, inklusive klarer Feedback-Loops.
In weniger erfolgreichen Unternehmen gibt es zu viele Bruchstellen und Lücken.
Ein weiterer Punkt ist die Spannung zwischen emotionalen und datenbasierten Entscheidungen. Zum Beispiel führen Unternehmen oft Diskussionen darüber, was einen guten Lead ausmacht. Mit einem Lead-Scoring-System sollten solche Diskussionen jedoch auf Basis von Daten geführt werden.
Ziel muss es sein, die Infrastruktur kontinuierlich zu verbessern. Am Ende sollten Marketing und Sales ein Service-Level-Agreement abschließen können: Um Umsatz X zu erreichen, benötigen wir Y Volumen an Leads in Qualität Z.
Ein häufiges Problem ist auch eine schwache, selbstzentrierte Sales-Story. Viele Unternehmen fokussieren sich zu sehr auf sich selbst. Das weckt wenig Emotionen und interessiertam Ende niemanden. Die entscheidende Frage ist:
Das auf der Ebene unterschiedlicher Stakeholder im Verkaufsprozess zu verstehen, ist wichtig.
Schließlich gibt es noch den Unterschied zwischen „Commission Breath“ und einem „Abundance Mindset“.
Vertriebsmitarbeiter, die sich verzweifelt an den nächsten Abschluss klammern, sind gefährlich. Denn so werden sie zum Bittsteller und jagen im Zweifel schlechten Deals hinterher.
Gute Vertriebler machen ihre Hausaufgaben weit vor einem Vertriebsgespräch. Und sie begegnen ihrem Gesprächspartner auf Augenhöhe – sie repräsentieren den „Stolz des Samurai“.
Echter Jagdinstinkt bedeutet, seine Pipeline konsequent mit guten Opportunitys zu füllen und systematisch zu entwickeln. So gewinnen Verkäufer die Ruhe und Gelassenheit, sich nicht von schlechten Deals abhängig zu machen – und behalten gleichzeitig die positive Paranoia, eine prall gefüllte Erfolgspipeline zu managen.
Welche Erfolgsfaktoren hast du identifiziert, um diese Themen zu meistern?
Die Erfolgsfaktoren lassen sich in einer einfachen, aber entscheidenden Frage zusammenfassen: Ist Vertrieb „Kunst“ oder „Wissenschaft“?
Meine Antwort lautet: beides.
Die Wachstumsinfrastruktur ist eindeutig „Science“. Hier geht es um Systeme, Technik und Prozesse – das harte Gerüst, das sicherstellt, dass alles reibungslos läuft. Das ist die wissenschaftliche, datengetriebene Seite des Vertriebs.
Auf der anderen Seite stehen die weichen Komponenten wie Emotion, Mindset, Storytelling, Sprache und Haltung – das ist die „Kunst“. Hier geht es darum, Beziehungen aufzubauen, Kunden zu begeistern und ihre Probleme auf einer emotionalen Ebene zu verstehen.
Auch mit nur einem der beiden Aspekte können Vertriebsorganisationen funktionieren, aber wer wirklich erfolgreich sein will, muss beides beherrschen.
Nur die Kombination aus solider Infrastruktur und emotionaler Intelligenz bringt den langfristigen Erfolg.
➔ TV-Moderator, Medientrainer und Auftrittscoach mit über 30 Jahren Erfahrung. Lass dir zeigen, wie du professionell und persönlich ankommst. Ich bringe dich und dein Unternehmen auch ins TV! 📺
2 Monate"Erfolgreiche Unternehmen hingegen haben auf allen drei Ebenen – Systeme, Menschen und Prozesse – eine nahtlose Vernetzung, inklusive klarer Feedback-Loops." sollte einerseits selbstverständlich sein, ist andererseits oft ein Defizit. 👍
Ihr Projekt droht zu scheitern? Drohen Sie mit mir! Geschäftsführender Gesellschafter bei GRANIT. Mein Ziel: Exzellenz im Projektmanagement! 🏆
2 MonateAhow!
Co-founder, building leading technology for measurable sales success in the construction industry
2 MonateSehr spannende Insights!