Der Teufelskreis aus Stress und Schlaf
Inhalt zusammengefasst:
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Wissens-Journal:
Besonders in stressigen Zeiten fällt es uns schwer, zur Ruhe zu kommen. Tagsüber werden wir von einer Aufgabe zur nächsten gehetzt, und nachts jagen die Gedanken umher. Schlaf zu bekommen ist in solchen Phasen besonders schwer, doch gibt es kaum Zeiten, in denen er dringlicher wäre. Schlaf ist viel mehr als nur die Regeneration des Körpers, er spielt eine entscheidende Rolle für das Gehirn. Die neurowissenschaftliche Perspektive hilft uns, Schlaf nicht als Zeitfresser, sondern als effizienzsteigernde Resilienz-Intervention des Körpers zu verstehen. Mit dem richtigen Umgang bleiben wir selbst in fordernden Zeiten emotional ausgeglichen und leistungsfähig.
Beginnt der Arbeitstag bereits mit einer randvollen ToDo-Liste oder rückt eine wichtige Deadline immer näher, reagiert der Körper mit Stress. Das sympathische Nervensystem wird aktiviert, und die Hormone Adrenalin und Noradrenalin werden ausgeschüttet. Herz- und Atemfrequenz steigen ebenso wie der Blutdruck. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Hormonantwort ist die HPA-Achse, die für die Freisetzung von Cortisol verantwortlich ist. Dieser Hormoncocktail im Blut setzt eine Menge Energie frei und kann uns sogar bei der Fokussierung auf die Aufgaben helfen. Doch das Problem entsteht, wenn der Körper längere Zeit in diesem Zustand bleibt. Immer neue dringliche Aufgaben kommen hinzu, es entstehen neue Probleme, und sogar nach Feierabend gibt es noch Wichtiges zu erledigen. Die Energiereserven laufen leer, die Muskeln verspannen, und es kommt zu kleineren Entzündungsreaktionen im Gehirn. Konzentration ist nicht mehr möglich und die Stimmung, sowie das Wohlbefinden leiden. Bleibt dieser Zustand über einen langen Zeitraum erhalten, kann dies zum Burnout führen.
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Um diese Auswirkungen der Stressreaktion zu kompensieren, benötigt der Körper Schlaf. Während des Regenerationsprogramms werden die Reste der Stresshormone abgebaut, und die Aktivität der HPA-Achse normalisiert sich. So kann der nächste Morgen ohne noch vorhandene „Anspannung“ begonnen werden, und neuer Stress summiert sich nicht auf den des Vortages. Zudem findet eine emotionale Verarbeitung der Geschehnisse des Tages statt. Negative Emotionen und Stressoren werden während des Schlafs verarbeitet und reduziert, was zu einem Gefühl der Erholung und emotionalen Ausgeglichenheit am nächsten Morgen führt. Eine gut regulierte emotionale Verarbeitung im Schlaf unterstützt somit die psychische Stabilität und Belastbarkeit.
Eine 2021 erschienene Studie mit 438 Versuchspersonen bestätigte die praktische Auswirkung von ausreichend Schlaf: Die Schlafmenge korrelierte signifikant mit der Stimmung bei der Arbeit und dem dort erlebten Stress. Weniger Schlaf während der Arbeitswoche wirkte sich negativ aus, während längere Schlafdauern mit positiverer Stimmung und geringerem Stresserleben zusammenhingen.
Um also selbst in fordernden Phasen in einem guten Stresslevel zu bleiben und eine positive Stimmung beizubehalten ist ausreichend Schlaf essenziell. Doch gerade in solchen Zeiten ist dies gar nicht so einfach. Die Hormone, welche die Stressreaktion des Körpers auslösen, verschwinden nicht einfach, sobald man im Bett liegt. Die weiter andauernde Reaktion des Körpers verhindert das zur Ruhe kommen und Einschlafen. So entsteht ein Teufelskreis: Der erhöhte Stress ist hinderlich beim Einschlafen und sorgt für kürzere Schlafenszeiten. Dadurch kann der Körper nicht vollständig regenerieren und ist am nächsten Tag weniger stressresistent, was wiederum die Einschlafschwierigkeiten verstärkt.
Es gibt jedoch Möglichkeiten, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Ein erster wichtiger Schritt ist es, Schlaf als eine wichtige Resilienz-Intervention anzuerkennen und ihm die nötige Priorität zu geben. Um die Einschlafprobleme praktisch anzugehen, kann es helfen, in den Stunden vor dem zu Bettgehen bereits zu entspannen. Der Körper erhält so eine Vorlaufzeit, um die Reste der Stressreaktion abzubauen und herunterzufahren. Auch auf Ebene des Unternehmens kann angesetzt werden, um Mitarbeitende bei ihrer Regeneration zu unterstützen. Eine 2010 erschienene Studie zeigte, dass das Ausmaß der Kontrolle der Arbeitnehmenden über ihre Arbeitszeiten einen Einfluss auf ihre Erholung hat. Mit einer erhöhten Kontrolle über die täglichen Arbeitszeiten oder auch Urlaubstage konnte eine Reduktion von Ermüdung, Schlafproblemen, Depression und Schläfrigkeit während der Arbeitszeit festgestellt werden.
Schlaf ist somit ein wichtiger Bestandteil der Stress-Resilienz, da er ein Gleichgewicht der Hormonsysteme wiederherstellt. Gerade in fordernden Zeiten sollte seine Wichtigkeit berücksichtigt werden. Das Ergebnis von ausreichendem Schlaf ist gesteigerte Effizienz, bessere Stimmung und höhere Widerstandskraft gegen Stress.
Literatur:
Saalwirth, C., Leipold, B. (2021). Sleep and chronotype in relation to work-related stress and negative affect: The moderating role of a flexible start of work. Somnologie, 25, 119-125.
Takahashi, M., Iwasaki, K., Sasaki, T., Kubo, T., Mori, I., & Otsuka, Y. (2011). Worktime control-dependent reductions in fatigue, sleep problems, and depression. Applied ergonomics, 42(2), 244-250.