Die ‚Guten‘ holen, die ‚Schlechten‘ abschrecken - so einfach?

Die ‚Guten‘ holen, die ‚Schlechten‘ abschrecken - so einfach?

Unsere Diskussionen in Deutschland rund um Zuwanderung verlaufen oft nach einem ähnlichen Muster. Es lautet: Unterscheidung. Auf der einen Seite stehen die ‚Guten‘ – das sind hochqualifizierte Ausländer, deren gewünschtes Kommen uns helfen soll, unseren Fachkräftemangel zu kompensieren. Dazu dient das neue Zuwanderungsgesetz. Die ‚Schlechten‘ sind Menschen, die sich ungefragt auf den Weg nach Deutschland machen und folglich keinen gültigen Aufenthaltsstatus besitzen. Für sie, so der meistgehörte Tenor, sollten wir die Grenzen dichtmachen. Nicht gewünscht, belasten zudem unsere Sozialsysteme.

Doch stimmt letzteres? Der IAB-Kurzbericht 10/24 der Forschungseinrichtung der Agentur für Arbeit zeichnet ein anderes Bild. Die Erwerbstätigenquoten der von 2013 bis 2019 nach Deutschland migrierten Geflüchteten, liegt laut den IAB-Zahlen sieben Jahre nach ihrem Ankommen bei 63 Prozent, acht Jahre nach Zuzug bei 68 Prozent. Zum Vergleich lag die Erwerbsquote in Deutschland im Jahr 2023 laut Statista insgesamt bei 55,8 Prozent (Anteil der Erwerbspersonen an der Wohnbevölkerung von 15 bis 74 Jahren).

Warum die Zahlen nach oben gehen, erklärt das IAB so: „Die mit zunehmender Aufenthaltsdauer steigenden Erwerbstätigenquoten sind durchaus auf den schrittweisen Abbau institutioneller Hürden zurückzuführen. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass sich viele der von Flüchtlingen angenommenen Jobs wohl im unteren Lohnsegment bewegen: Ihr mittlerer Bruttostundenverdienst lag im Jahr 2022 laut IAB bei 13,70 Euro.

Leider gehen diese im Kern ermutigenden Zahlen in der emotional aufgeladenen Debatte unter. Das gilt auch für die Frage, ob und wie diese Unterscheidung bei der Zuwanderung bei den gewollten ausländischen Fachkräften ankommt. Welches Bild von sich Deutschland nach außen präsentiert, eine offene oder eher geschlossene Gesellschaft, ist rational aktuell ebenfalls kaum zu klären.

Wie es ausländische Fachkräfte erleben, dazu vermitteln aktuelle Erhebungen einen ersten Eindruck, wie eine weltweite Umfrage von InterNations, einem Netzwerk von Expats. An ihr beteiligten sich knapp 1.000 hier lebende ausländische Fachkräfte, die Deutschland bewerteten. Das Ergebnis: Im Gesamtranking liegt Deutschland nur auf Platz 49 von 53 Ländern. Denn es sei schwierig, in Deutschland heimisch zu werden. Dass mehr als die Hälfte der ausländischen Fachkräfte Deutschland innerhalb der ersten vier Jahre wieder verlässt (nach Schätzungen, evidente Zahlen dazu liegen mir nicht vor), ist daher nicht überraschend.  Zu wenig integriert, zu wenig aufgenommen.

Dass sich das deutsche Ansehen in absehbarer Zeit nach oben bewegen wird, scheint in Anbetracht unserer Diskussionen über ausländische Menschen eher unwahrscheinlich zu sein. Vielmehr machen sich einige ausländische Fachkräften erst gar nicht auf den Weg, weil sie an einer Willkommenskultur in Deutschland zweifeln (siehe Artikel auf Spiegel online). Denn wer darüber nachdenkt, in ein anderes Land zu migrieren, will dort anerkannt und positiv gesehen werden. Das Bild, das Deutschland aktuell vermittelt, lässt hieran zweifeln. Und die Unterschiede, die in der deutschen Diskussion zwischen den guten und den schlechten Zuwanderern gezogen werden, kommen bei den gewünschten Fachkräften aus dem Ausland wohl kaum an. Vielmehr entsteht das große Bild einer Gesellschaft, die sich gegenüber Fremden verschließt.

Nicht nur deshalb ist Deutschland nicht (mehr) in der Position, Cherry Picking bei ausländischen Fachkräften zu betreiben. Da es weltweit einen hohen Bedarf an gut ausgebildeten Menschen gibt, ist keine und keiner auf Deutschland angewiesen. Schön wäre es folglich, wenn wir Migration wieder rational diskutieren würden und Klischees beiseiteließen. Mit der Erkenntnis, dass wir beides benötigen, eine gezielte Zuwanderung und die Integration der zu uns Geflüchteten, so schwierig sich letztere auch an vielen Stellen gestaltet. Sonst entfernen wir uns noch weiter von den 400.000 Zuwanderern, die wir laut Bundesagentur für Arbeit jährlich benötigen.

Vielen Dank für die nüchterne (und ernüchternde) Bestandsaufnahme zu diesem wichtigen Thema, Frank Ja, eine rationale Diskussion wäre gut, scheint aber in der Politik aber derzeit nicht durchsetzbar.

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