Die Zukunft des deutschen Arbeitsmarktes

Die Zukunft des deutschen Arbeitsmarktes

Markus Lanz hat am 11. Januar wieder einmal probiert, ein sehr vielschichtiges Thema in einer sogenannten Expertenrunde in eine einstündige, aber oberflächliche Diskussion zu quetschen. Wieder mal kam es nie zum Kern der Problematik, sondern man hat sich an den Auswirkungen aufgerieben, weil man diese natürlich besser sichtbar machen kann.

Deutschland braucht ausländische Arbeitskräfte, ohne Wenn und Aber. Ohne dieses ausländische Personal bricht es in sich zusammen. Von heute auf morgen würde nichts mehr funktionieren. Bei einem solch hohen Migrationsanteil ist es nicht machbar, dies mit nur deutschen Arbeitskräften aufzufangen. Das liegt zum anderen Teil auch daran, dass es so viele Bürgergeldempfänger gibt. Als Anregung: in den letzten 10 Jahren hatten bei durchschnittlich ca. 4,1 Mio. jährlichen Hartz-4-Empfängern nur ca. 1/3 einen Migrationshintergrund. Schließt man das Asylantragsreiche Jahr 2016 ein, sind im Schnitt aber jährlich „nur“ ca. 250000 Asylanträge gestellt worden. Das stellt in Summe ca. 1,1 Mio. Ausländer gegen knapp 2,9 Mio. deutsche Hartz-4-Empfänger, die Tendenz des Ausländeranteils ist aber steigend. Diese Zahlen stammen von Statista.com.

In den letzten 30 Jahren sind insgesamt ca. 9 Mio. mehr Menschen eingewandert als ausgewandert. Allein in den letzten 10 Jahren sind ca. 2 Mio. Deutsche und mehr als 8 Mio. Ausländer ausgewandert. Ja, Menschen verlassen Deutschland auch, wegen der so „herzlichen“ Umgebung. Dem Stehen ca. 10,3 Mio. Einwanderer gegenüber, davon waren insgesamt nur 2,5 Mio. Asylanten. Trotzdem verzeichnet Deutschland einen Fachkräftemangel. Es wurden also in Deutschland in den letzten Jahren durch den erheblichen Aufschwung viele Arbeitsplätze geschaffen, die nun trotz hoher Einwanderung nicht mehr besetzt werden können. Ich erinnere hier nur daran, dass dieser Aufschwung größtenteils durch den Export in eben jenes Ausland erzielt werden konnte, da Deutschland ja den Großteil seiner Produkte exportiert. Dann kann aber der Fachkräftemangel auch daran liegen, dass jahrelang nicht genug ausgebildet wurde. Selbst wenn die 9 Mio. Einwanderer nicht alle Fachkräfte waren und auch Familien mit sich brachten, hätte man bei dieser Zahl sicherlich viel ausbilden können. Wenn man die jetzigen Bürgergeld-Empfänger mit einrechnet, hat man in Deutschland das Potential gehabt, ca. 7-8 Mio. Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Stattdessen schlug man sich mit der überalterten Bürokratie und angeblichen Sprachbarrieren herum und hat lieber ausgebeutet und genommen anstatt in die Zukunft zu investieren.

Ein anderes großes Problem ist, dass Deutschland ca. 30 Jahre hinter der Zeit lebt, einen modernen Anschluss bei Weitem verpasst hat und auf Biegen und Brechen daran festhalten möchte. Die Digitalisierung versucht man nun endlich durchzupressen, meist scheitert es hier allerdings schon an der Infrastruktur und an eben jener Bürokratie. Dabei sind die nachhaltigen Ziele der ferneren Zukunft scheinbar zunächst viel weiter in den Vordergrund gerückt als die vordergründigen Bedürfnisse, denen man sich im Jetzt und Heute stellen sollte. Nicht alle Einwanderer sind automatisch Flüchtlinge oder Menschen ohne Bildung. Menschen, die aus allen Teilen der Welt hierherkommen, müssen sich oft erstmal zurückbilden, weil man die maroden Umgebungsbedingungen und Finanzsysteme in sämtlichen Bereichen erst einmal verstehen muss. Selbst nach einer Pandemie gibt es in Deutschland immer noch viele Geschäfte, in denen eine einfache Karten-Bezahlung nicht möglich ist.

Und dann gibt es immer noch einen übermäßigen Fremdenhass. Man scheint zu denken, dass ein Mensch, der eine andere Sprache spricht, auch gleichzeitig dumm ist. Dem ist aber nicht so. Zum Beispiel gibt es mittlerweile viele Länder, in denen z.B. Pflegepersonal sehr viel besser ausgebildet wird als in Deutschland. Daher hat man auch scheinheilige Verträge mit z.B. Mexiko oder den Philippinen gemacht, um mit dortigem Personal die hiesigen Lücken aufzufüllen. In unseren Krankenhäusern verdrehen die Alteingesessenen aber gern die Augen, wenn ein neuer Mitarbeiter sich Mühe gibt, in mühsam erlerntem Deutsch ein paar grundlegende Dinge zu verstehen. Hier wäre ein wenig mehr Verständnis schon mal eine erste Hürde, die sich einfach abbauen lassen könnte, speziell von solch gut ausgebildetem Personal. Dann würden sich jene Ausländer, die tatsächlich gekommen sind, um sich hier ein neues Leben aufzubauen, vielleicht auch bleiben, nachdem sie merken, dass ein solches hier sehr teuer ist. Schließlich kann man doch auch nicht in ein italienisches Restaurant gehen, wo mit den Originalrezepten der italienischen Generationen gekocht wird, und dann erwarten, dass die Bedienung perfekt deutsch spricht, zumal gerade Deutsche den Job als Kellner wegen des geringen Verdienstes und der Arbeitsbedingungen gar nicht machen wollen.

Was nun die Asylbewerber betrifft: man kann sich leider nicht um alle kümmern, da die katastrophalen Zustände in der Welt immer mehr Menschen nach Europa treiben. Man sollte nur endlich mal anfangen, diese Menschen sofort zu integrieren, anstatt Jahre mit Deutschkursen zu verplempern, die bestenfalls halbherzig geprüft werden und eben diese Asylanten nur dazu ausbilden, mit Nichtstun vom deutschen System belohnt und bezahlt zu werden. Es gibt genug Ausländer und Sprachkundige hier, die bei diesem Prozess unterstützen könnten. Man könnte also sofort mit Ausbildungen oder Arbeiten beginnen, es können in kurzer Zeit Arbeitsstellen gefunden werden. Die momentane Zuwanderung von Menschen aus der Ukraine zeigt doch deutlich: mehr als 25% der Flüchtlinge arbeiten bereits, ein großer Teil aber wartet auch darauf, wieder in ihre Heimat gehen zu können. Warum müssen dann aber die anderen Migranten so lange warten? Natürlich gibt es jene, die das System ausnutzen, nach den Zahlen aber deutlich mehr Deutsche als Ausländer.

Ist unsere Sprache wirklich wichtiger als unser Lebensstandard? Natürlich wollen wir unsere Kultur erhalten und vermitteln, in Deutschland auch weiterhin Deutsch sprechen. Aber deshalb können doch auch alle diejenigen arbeiten, die Schwierigkeiten mit unserer Sprache haben. Speziell bei Auslieferungen erleben wir das doch ohnehin schon jeden Tag, viele der Fahrer sprechen Deutsch nur gebrochen. Ist das so schlimm? Es finden sich ohnehin nicht mehr genug Fahrer. Schlimmer ist, wenn unsere Online-Bestellung nicht nach 2 Tagen eingetroffen ist, wenn man vielen Kommentaren dort glauben darf. Man kann die Sprache im Laufe der Zeit erlernen, wir haben sehr viel wichtigere Probleme. Unser Luxusproblem wird durch diese Deutsch-„Verbohrtheit“ zu einem existenziellen Problem. Aber es scheint einfacher zu sein, sich mit der Personalknappheit auch im öffentlichen Dienst herauszureden und einem über Jahrzehnte geschaffenen „Monster“ von Verwaltungsapparat weiter den Vorzug zu geben.

Diese Strukturen müssen aber aufgebrochen werden. Aufgebrochen von Menschen, denen die Zukunft eines multikulturellen, aber gut funktionierenden deutschen Landes wichtiger ist als nicht zeitgemäße Sprachbarrieren und Fremdenhassparolen. Und da hätte es sicherlich Vorteile, wenn man genau diese ausländischen Arbeitskräfte mit einbindet, damit man von deren Erfahrungen lernen kann und deren Muttersprachen als einen Vorteil genutzt werden.

Erst wenn solche Dinge in unser Bewusstsein aufgenommen sind, werden wir die Vorteile, die die Migration mit sich bringen kann, auch erkennen und wertschätzen lernen.

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