Die Kunst des Homeoffice: Warum Richtlinien den Unterschied machen
Experiment Homeoffice.
Vermutlich hat in Deutschland noch nie zuvor eine so große Anzahl von Menschen von zuhause aus gearbeitet, wie während der Corona-Krise. Durch den unerwarteten Ausnahmezustand im Frühjahr 2020 wurde es plötzlich möglich, was vorher nur selten genutzt wurde: das Arbeiten von zu Hause oder an einem anderen Ort als dem Büro.
Für camos war dies bereits teilweise üblich, für andere ist es jedoch völliges Neuland, das sie nun erstmals testen. Und da sich diese neue Arbeitsform überraschend gut bewährt hat, möchten viele Unternehmen dieses Modell dauerhaft als "neue Normalität" etablieren – nicht zuletzt auch aus Kostengründen wie zum Beispiel Twitter, die ihre Büroräume komplett aufgegeben haben. Zugegeben ein sehr radikales Beispiel. Die plötzliche Umstellung hat bei vielen mehr Flexibilität geschaffen und insgesamt besser funktioniert als erwartet.
Ebenso haben wir von camos uns im Jahr 2020 ausführlich mit dieser Angelegenheit auseinandergesetzt und eine interne Befragung in Bezug auf das Arbeiten von Zuhause durchgeführt, um die Stimmung der Mitarbeitenden zu erfassen aber vor allem einen möglichen Trend für die Zukunft festzustellen.
In der Umfrage wurden zwei bedeutende Hauptaussagen gemacht: Nahezu 90% der Mitarbeitenden sind mit ihrer Arbeit von zu Hause aus zufrieden oder sehr zufrieden. Beinahe alle möchten auch in Zukunft weiterhin im Homeoffice arbeiten, wobei über 40% sogar an drei oder mehr Tagen pro Woche.
„Die Ergebnisse der Umfrage zeigten deutlich, dass Corona nachhaltig die Arbeitsorganisation intern sowie extern verändern wird.“
-Michael Hüllenkremer, ehemaliger Geschäftsführer -
Es gab noch andere Firmen, die ähnliche Resultate erzielt haben wie wir. Etwa 75 Prozent der Beschäftigten, die aufgrund der Corona-Krise erstmals regelmäßig von zu Hause aus arbeiten, wünschen sich eine Fortsetzung ihrer Arbeit im Homeoffice – zumindest teilweise. Dies ergab eine spezielle Untersuchung der DAK Krankenkasse, bei der jeweils 7.000 berufstätige Personen vor und während der Pandemie befragt wurden.
Unsere eigenen Erkenntnisse werden durch eine zusätzliche Umfrage der Consulting Firma Korn Ferry bestätigt: Ca. 64 Prozent der befragten Beschäftigten schätzen ihre Leistungsfähigkeit im Homeoffice höher ein als im Büro. Ein Fünftel von den über 1.000 Befragten sieht momentan keinerlei Anlass, in das Büro zurückzukehren.
Die Vorzüge des Arbeitens von zu Hause aus sind zweifellos nicht zu übersehen. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele, die wir in unserer Umfrage gesammelt haben:
Trotz all den Vorteilen, die das Homeoffice bietet, gibt es jedoch einen wichtigen Faktor, der für die Arbeit im Büro spricht: Das gemeinsame Arbeiten mit den Kolleginnen und Kollegen. Nach einer Umfrage der DAK, TH Köln fehlten deutlich über 70 Prozent der Befragten der persönliche Austausch mit den Kollegen. Auch ein virtuelles Teams Meeting kann eine echte und persönliche Begegnung nicht ersetzten. Die wahrgenommene soziale Isolation wird als belastend empfunden und führt, wie eine Studie der Universität Krems in Österreich aufzeigt, zu einer Vervielfachung depressiver Symptome bei den Befragten.
Wir sehen also, dass das Erfolgsmodell Homeoffice keine Selbstläufer ist. Obwohl Mitarbeitende das Arbeiten von zuhause schätzen, zeigen sich nach längerer Zeit gesundheitliche und mentale Belastungen als erste negative Aspekte. Hier ein paar Beispiele:
Mit diesem Wissen und der Gewissheit, dass sich das Arbeiten von Zuhause zukünftig etablieren wird, haben wir uns die Frage gestellt, welche Maßnahmen wir ergreifen können, um die nachteiligen Auswirkungen zu mildern.
Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir klare Richtlinien und neue Konzepte für die Neugestaltung der mobilen Arbeit bei camos brauchen.
Ein grober Rohentwurf und Ideen sind in der folgenden Guideline festgehalten.
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Ergonomie & Arbeitsplatzgestaltung
Während im Büro oft die Höhe des Bildschirms oder die Stühle nach ergonomischen Kriterien ausgewählt werden, liegt zu Hause der Fokus meist auf individuellem Geschmack. Doch auch wenn Mitarbeiter nun von zu Hause arbeiten, darf der Arbeitsschutz nicht vernachlässigt werden. Im Büro wird dies in der Regel dank Arbeitsschutzbeauftragten und BGM-Verantwortlichen berücksichtigt, indem die Höhe des Monitors oder der Stühle entsprechend eingestellt wird - doch Zuhause ist das normalerweise nicht gegeben. In urbanen Ballungsräumen wie München oder Stuttgart leben die Menschen in kleinen Wohnungen, deren begrenzter Raum kaum Platz für einen angemessenen Schreibtisch lässt, geschweige denn ausreichende Berücksichtigung ergonomischer Aspekte. Infolgedessen sind viele gezwungen, ihre Arbeit am Küchentisch zu erledigen. In dieser Angelegenheit hat camos bereits einen Schritt unternommen, indem es allen Mitarbeitenden die Möglichkeit geboten hat, ergonomische Büroausstattung für ihr Homeoffice zu bestellen. Die Kosten dafür trägt camos selbst. Diese Option wurde von zahlreichen Kollegen genutzt und wir haben sehr gutes Feedback bekommen.
Auch das Thema Pausen darf nicht unterschätzt werden. Im Büro gehen wir oft gemeinsam zum Mittagessen oder machen zwischendurch einen kurzen Spaziergang an der frischen Luft oder zum Kaffeemaschine. All dies fällt im Homeoffice weg und kann zu einem höheren Workload führen. Deshalb ist es wichtig, sich selbst regelmäßige Pausenzeiten einzurichten und diese auch einzuhalten.
Bewegungseinheiten & Ausgleich
Mitarbeiter, die von zu Hause aus arbeiten, sind nachweislich weniger aktiv. Zusätzlich wird es im Winter früher dunkel und aufgrund des geringen Lichts haben wir auch weniger Lust auf Bewegung. Der Hersteller von Wearables, Fitbit, stellt fest, dass sich die Deutschen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie um 20 Prozent weniger bewegen.
Um dem entgegenzuwirken können wir aktive Pausen an der frischen Luft einlegen, bei einem Meeting nach draußen gehen oder leichte Fitnessübungen zu Hause machen. Des Weiteren erfreuen sich virtuelle Challenges, bei denen jeder von zu Hause aus teilnehmen kann großer Beliebtheit (z.B. eine Fahrrad-Challenge oder die 10.000-Schritte-Challenge).
Für Themen wie Achtsamkeit, Entspannung und Steigerung des persönlichen Wohlbefindens können als digitales Angebot realisiert und als Benefits ausgebaut werden. Hier einige Beispiele:
Gesundheitsgerechte Ernährung
Es ist nicht selten, dass die Pause am Mittag ausgelassen wird oder noch schlimmer: Um Zeit zu sparen greift man auf Fertiggerichte und Fast Food zurück. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Mitarbeiter nicht nur für feste Pausen und Mahlzeiten zu sensibilisieren, sondern auch für eine gesundheitsgerechte Ernährung. Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Kost ist nicht nur für die körperliche Gesundheit wichtig, sondern auch für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Eine gesunde Ernährung kann dabei helfen, Stress zu reduzieren und Konzentration sowie Leistungsfähigkeit zu steigern. Um dies zu erreichen sollten in der Betriebskantine oder im Pausenraum frische Lebensmittel angeboten werden - idealerweise saisonal und regional produziert. Auch kleine Snacks wie Obst oder Gemüse können dazu beitragen, dass sich Mitarbeitende fit fühlen. Ein weiteres Thema ist das Trinkverhalten von Mitarbeitenden während des Arbeitstages – hierbei spielt es keine Rolle ob sie sitzend arbeiten oder körperlich aktiv tätig sind. Durch regelmäßiges Trinkangebot (idealerweise Wasser) wird Austrocknen vermieden was wiederum Müdigkeit vorbeugt. Alles in allem ist es daher empfehlenswert, dass sowohl Unternehmen als auch ihre Mitarbeitende in eine gesunde Verpflegung am Arbeitsplatz investieren, um langfristig Krankheiten aufgrund falscher Essensentscheidungen zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Unternehmen werden sich langfristig verstärkt auf die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden konzentrieren. Denn Unternehmen, die ihre Belegschaft nachhaltig durch effektives Betriebliches Gesundheitsmanagement unterstützen können nicht nur über leistungsfähigere und gesündere Arbeitnehmer verfügen; sie erhöhen auch ihren Wettbewerbsvorteil bei der Anwerbung von Talenten.
Selbstorganisation & Work-Life-Balance
Wir müssen einen neuen Blickwinkel auf die Work-Life-Balance werfen, sowohl räumlich als auch zeitlich. Im Homeoffice fällt es oft schwerer, Arbeit und Privatleben voneinander zu trennen. Die Trennlinie verschwimmt hier leichter. Insbesondere für Eltern ist dies eine große Herausforderung. Deshalb sollten klare Arbeitszeiten mit dem Team abgestimmt werden, denn im Homeoffice bedeutet das nicht, dass die Kollegen ständig erreichbar sein müssen. Auch ein gepflegter Kalender mit Geschäfts- und Privatterminen erleichtert den anderen Kollegen die Planung und verhindert unnötigen Stress. Zudem sollten wir uns bewusst machen, dass die Work-Life-Balance nicht nur zeitlich sondern auch räumlich betrachtet werden muss. Das bedeutet, dass der Arbeitsplatz im Homeoffice von dem privaten Bereich getrennt sein sollte. Ein eigener Raum oder zumindest eine abgetrennte Ecke können hierbei helfen. Im Büro liegt der Fokus häufiger auf den geleisteten Arbeitsstunden. Wenn wir von zu Hause aus arbeiten, konzentrieren wir uns mehr auf unsere Aufgaben und Ergebnisse und verlieren dabei oft das Zeitgefühl aus den Augen - was sich wiederum negativ auf unsere Gesundheit und Work-Life-Balance auswirken kann.
Einige Regeln, die auch im Büro gelten, sollten grundsätzlich auch zuhause beachtet werden - selbst nach der Corona-Krise. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) muss zum Beispiel eingehalten werden: Arbeitnehmer müssen also auch beim Arbeiten von Zuhause aus die Vorgaben bezüglich Höchstarbeitszeit, Ruhepausen- und Zeiten sowie des Sonn- und Feiertagsverbots einhalten.
Letztendlich müssen Arbeitgeber wie Mitarbeitende gleichermaßen Verantwortung übernehmen für eine gesunde Work-Life-Balance im Homeoffice sorgen: durch klare Absprachen bezüglich Erreichbarkeit sowie Zeiteinteilungen; aber vor allem durch gegenseitiges Vertrauen in die Fähigkeit des anderen zur Selbstorganisation während dem Homeoffice.
Stressmanagement
Obwohl das Homeoffice eine bahnbrechende Maßnahme zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist, können fehlende Kinderbetreuung und Schwierigkeiten bei der Trennung zwischen Arbeit und Privatleben in einigen Fällen zu erheblichen Belastungen führen. Zusätzlich gibt es Unsicherheiten aufgrund aktueller Herausforderungen wie Krieg, Inflation oder Energiekrisen usw.
Trotzdem gibt einige Möglichkeiten, wie man als Unternehmen iden Mitarbeitern bei der Bewältigung von Stress helfen können. Hier sind einige Ideen:
Führung auf Distanz
Führungskräfte sollten sich vermehrt mit dem virtuellen Führen auseinandersetzen. In Zeiten von Homeoffice und digitaler Zusammenarbeit ist es wichtiger denn je, dass Führungskräfte ihre Mitarbeiter auch auf Distanz effektiv führen können. Dabei geht es nicht nur um die technischen Voraussetzungen wie Videokonferenzen oder gemeinsame Online-Tools. Eine erfolgreiche virtuelle Führung erfordert vor allem eine klare Kommunikation sowie ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Beteiligten. Es gilt, regelmäßig Feedback zu geben und sich über Fortschritte auszutauschen - idealerweise in einem persönlichen Gespräch per Videochat. Auch das Setzen realistischer Ziele sowie deren Überprüfung sind essentiell für erfolgreiches virtuelles Arbeiten im Team. Hierbei sollte jedoch stets darauf geachtet werden, dass diese Ziele auch unter den besonderen Umständen des Homeoffices erreicht werden können.
Dieser Artikel ist lebendig und ich würde es sehr schätzen, wenn ihr eure Kommentare, Ideen und Gedanken dazu mit mir teilt. Ich freue mich über jede Anregung, um das Thema Homeoffice weiterzuentwickeln und zu optimieren.
Onboarding, Gesundheitslösungen für Betriebe, Fachlicher Support #gernperDu
1 JahrJa Homeoffice ist sicher ein Segen, hat aber auch seine ganz speziellen Herausforderungen! Nicht nur für die Mitarbeitenden selbst, sondern auch für die Führungskräfte. Die BARMER begleitet das Thema Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit seit Jahren! Auch Ei n sehr spannendes Thema im betrieblichen Grsundheitsmanagement.