Die lange Reihe strauchelnder Modemarken // Argumente für und gegen einen V-Aufschwung // Fliegen mit Wasserstoff
Guten Abend liebe*r Leser*in,
wer jemals in einem Büro gearbeitet hat, dem werden sie begegnet sein: Herrenfüße in klassischen Halbschuhen von Lloyd. Da lässt es aufhorchen, wenn der Traditionsschuster heute meldet, dass er seine Produktion in Deutschland aufgeben und künftig nur noch in Rumänien und Indien Schuhe herstellen wird. Der massive Umsatzrückgang durch die Coronapandemie zwingt den Sprecher der Geschäftsführung von Lloyd, Andreas Schaller, zur nach eigener Aussage härtesten Entscheidung, die er seiner Berufslaufbahn bisher habe treffen müssen.
Lloyd ist also die nächste in einer langen Reihe von Traditionsmarken im Modegeschäft, die angesichts der aktuellen Krise vor harten Einschnitten stehen. Eine kleine Auswahl der Hiobsbotschaften aus jüngster Zeit: Levi's streicht hunderte Jobs, Esprit will jede zweite deutsche Filiale schließen, Tom Tailor bekommt 100 Millionen Euro Staatshilfen, Hugo Boss holt einen britischen Investor an Bord, Taschenhersteller Picard rettet sich in ein Schutzschirmverfahren, die Deutschland-Tochter von Gina Tricot meldet Insolvenz an, Runner's Point schließt alle Filialen, Puma bekommt einen millionenschweren Staatskredit...
Die Modeindustrie belegt damit dramatisch, dass in der Wirtschaft gilt, was aus der Medizin bekannt ist: Corona trifft Patienten mit Vorerkrankungen am härtesten. In vielen, wenn auch nicht allen genannten Fällen hat die pandemiebedingte Konsumflaute nur den Umsatzrückgang beschleunigt und die Schieflage verstärkt, unter denen sie bereits vor Corona litten.
Der Aufstieg von Billigmarken wie Primark, die zuletzt freilich auch unter der Konsumflaute litten, und der generelle Trend zu Fast Fashion, also dazu, immer preiswertere Mode in immer kürzeren Zeitabständen zu kaufen und wieder auszusortieren, belastet etablierte Traditionsanbieter schon lange. Und verändert in immer höherem Tempo das Modesortiment in den Fußgängerzonen und bei den Onlinehändlern.
Nachhaltigkeit geht anders. Ganz zu schweigen von der Frage, die uns in diesen Tönnies-Tagen auch aus der Fleischindustrie bekannt vorkommen muss: Unter welchen Bedingungen wird die Kleidung eigentlich hergestellt, die schließlich in hiesigen Modediscountern verschleudert wird. Eine Debatte, die seit Jahren so intensiv wie folgenlos geführt wird, da sind sich Mode- und Fleischindustrie frustrierend ähnlich.
Viele Grüße
Ihr Lutz Knappmann
Mitglied der Chefredaktion und Leiter Online
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