Die Schweizergarde muss auf ihre neue Kaserne warten. Am 6. Mai 2024 legen 34 Schweizer Rekruten ihren Treue-Eid auf den Schutz des Papstes ab.
Vor der Vereidigung von 34 Rekruten am 6. Mai 2024 besuchte Bundespräsidentin Viola Amherd den Papst und brachte ihm eine Schachtel Pralinés mit, Briefmarken seines Geburtsjahres (1936), eine CD mit Tango-Musik aus Argentinien (der Papst ist Argentinier) – und ein Versprechen.
Das Geld für die neue Kaserne der Schweizergarde im Vatikan soll aus der Schweiz kommen. Denn der Vatikan ist wenig gewillt, für den Neubau Millionen aufzubringen. Eine Schweizer Stiftung soll es richten. Doch das dauert.
Papst Franziskus wird von 135 Schweizergardisten geschützt. Es sind vor allem Luzerner. Katholisch und mindestens 1,74 Meter gross sind sie alle, ledig ebenso, zumindest beim Eintritt.
"Oben Sahara, unten Sibirien": Rekruten im Massenschlag unterm Dach.
Die meisten Gardisten schlafen in der Kaserne im Vatikan, einem Komplex von drei zusammenhängenden Gebäuden. Die Rekruten im Massenschlag unterm Dach, Unverheiratete zu zweit oder zu dritt und wenige ältere Gardisten und Unteroffiziere im Einzelzimmer. Verheiratete Gardisten wohnen in Appartements ausserhalb des Vatikans, weil es an Platz fehlt.
Im Dreierzimmer herrsche in den Kajütebetten «oben Sahara und unten Sibirien», sagt ein Gardist. In der Gemeinschaftsdusche verabschiede sich die Farbe flockenweise von den Wänden, obwohl die jedes Jahr gestrichen würden.
1450 Euro im Monat bei freier Kost und Logis. Und Stampfbeton in den Kellern.
«Der Papst ist wie ein Grossvater zu uns. Wenn wir nachts vor seinem Zimmer Wache halten, schaut er vor dem Schlafen jeweils nach, ob in der Guetslidose auf dem Tisch vor seiner Tür noch genügend Vorrat ist», sagt der Gardist.
Er und seine Kollegen verdienen 1450 Euro im Monat, steuerfrei, Kost und Logis aufs Haus. Sie stehen auf der Lohnliste des Vatikans. Fünf polnische Nonnen kochen für sie.
Die Gemäuer der Kaserne sind über 150 Jahre alt. In den Kellern tritt man auf Stampfbeton, der Muff der Zeit drückt durch die dicken Wände. «Ein Neubau ist unumgänglich», sagt alt Bundesrätin Doris Leuthard. Sie setzt sich für eine Schweizer Stiftung ein, 2016 gegründet mit dem einzigen Ziel, die neue Kaserne zu finanzieren. Deren Kosten: 54,5 Millionen Franken. Un sacco di soldi, ein Haufen Geld, wie die Italiener sagen.
Zürich und Solothurn steuern Spielgeld bei. Luzern lehnte einen Beitrag ab.
Der Neubau soll auf gleicher Fläche mehr Platz schaffen. Bezahlen sollen ihn Schweizer Private und die öffentliche Hand. Der schwerreiche Vatikan weigert sich. (Schätzungen gehen von einem Vermögen von „mindestens“ 73 Milliarden US-Dollar aus.)
Der Bund steuert fünf Millionen (Franken) bei, Zürich 800’000 Franken Spielgeld aus dem Lotteriefonds, Solothurn 50’000 Franken. Der Kanton Luzern bewilligte 400’000 Franken, wurde aber von den Freidenkern gestoppt. Die Kämpfer für die Trennung von Kirche und Staat sammelten 7477 Unterschriften. Die Vorlage muss vors Volk. (Sie wurde in Luzern abgelehnt. 17 weitere Kantone zahlen hingegen einen Beitrag.)
Empfohlen von LinkedIn
Zugleich ist ein ehemaliges Mitglied der Schweizer Stiftung in Bedrängnis. Es kam erst nach Zahlung von vier Millionen Franken Kaution aus der Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Der Mann habe seine Frau mit einem Kissen erstickt. (Der Mann wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, das Urteil wurde aufgehoben. Das Bundesgericht beschäftigt sich nun mit dem Fall.)
Die Kaserne hätte 500 Jahre nach der Plünderung Roms (Sacco di Roma) eröffnet werden sollen, am 6. Mai 2027. Im Jahr 1527 waren 147 Gardisten bei der Rettung des Papstes von deutschen und spanischen Söldner getötet worden.
Nun wäre das Geld für die Kaserne schon fast beieinander, aber der Neubau muss bis 2029 oder 2030 warten.
*
Am 14. April 2022 erschien dieser Text im Beobachter (online hier zum ersten Mal verfügbar). Hier der Link zu einer aufschlussreichen Reportage von #peterbolliger über die #schweizergarde.
Zur Vereidigung schrieben dieser Tage die "Vatikan News": "Von den 34 Rekruten, die am Montag vereidigt werden, stammen 16 aus der deutschen Schweiz, genauso viele aus dem französischen Teil und zwei aus dem italienischen. Ihren Schwur, den Papst notfalls mit ihrem Leben zu schützen, leisten sie in ihrer jeweiligen Muttersprache." Die Zeremonie wird live übertragen.
PS: Der Beitrag des #Landesmuseums zum Sacco di Roma ist lesenswert.
*
Vorhin (7. Mai 2024) las ich in der NZZ, ab 2030 werden möglicherweise Gardistinnen aufgenommen. Hier der Link zum Text.
Be authentic
8 MonateApropos ledig, war mein Grossvater auch als er Schweizer Gardist wurde. Er war zehn Jahre im Dienst in Rom. Meine Grossmutter besuchte mit einer Freundin Rom und lerne den feschen Gardisten kennen, welcher dort Wache hielt. Daraus entstand eine Liebe und dann die Heirat. Wie das Leben so spielt.