Die Woche in Washington -- 21. Dezember 2018 -- Entspannung im Handelskrieg, Spannung in der Innenpolitik
redigiert von Ulrike Diesterbeck, Ph.D.
90 Tage Entspannung für die Vereinigten Staaten und China
Die Vereinigten Staaten und China versuchen nun, ihre Handelsdifferenzen beizulegen, nachdem sie auf dem Trump-Xi-Gipfel Anfang dieses Monats eine 90-tägige Entspannung erreichten. Trotz einiger Zugeständnisse Chinas seit Beginn der Entspannungsphase ist die Aussicht, China nehme ausreichend große Änderungen an seinem Wirtschaftsmodell vor, um die US-Forderungen zu befriedigen, vor allem in einem so kurzen Zeitrahmen illusorisch. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer, der nunmehr als amerikanischer Führer in den Gesprächen zwischen den USA und China bestimmt wurde, sagte in einem seltenen Fernsehinterview, China müsse strukturelle Änderungen an seiner Wirtschaft vornehmen, die „überprüfbar und überwacht“ seien, im Gegensatz zu „vagen Versprechen, wie wir sie in den letzten 25 Jahren gesehen haben“. Entsprechend der Entspannungsvereinbarungen verschob die Trump-Administration nun die Einführung höherer Zölle offiziell vom 1. Januar auf den 2. März, was Lighthizer als „harte Frist“ bezeichnete. Weitere Gespräche werden im Januar erwartet.
Für die deutschen Autohersteller, welche zwei Drittel der US-Pkws nach China exportieren, ist besonders wichtig, dass China vorübergehend den Einfuhrzoll auf Autos aus den USA vom 1. Januar bis zum 1. April von 40 auf 15 Prozent senken wird. Auswirkungen werden sich insbesondere bei der Daimler AG und der BMW AG zeigen. BMW versendete im vergangenen Jahr fast 107.000 Autos von South Carolina nach China. Daimler kündigte am Montag an, einen zollreduzierten Preis innerhalb der 90 Tage an die chinesischen Kunden weiterzugeben.
China nahm auch die Ankäufe einiger amerikanischer landwirtschaftlicher Produkte wieder auf, die es seit Juli ausgesetzt hatte. China kaufte in den letzten zwei Wochen rund 3 Millionen Tonnen amerikanischer Sojabohnen und könnte im Januar wieder Mais aus den USA beziehen. Diese Käufe machen jedoch die seit dem Beginn des Handelskrieges verlorenen Umsätze nicht im Entferntesten wett. Am Montag kündigte der US-Landwirtschaftsminister eine zweite Runde an Hilfszahlungen an die Landwirte innerhalb seines 12-Milliarden US-Dollar „Market Facilitation Program“ an. Trotz Chinas gezieltem Angriff auf Trumps ländliche Basis, hält die Unterstützung für Trump unter den ländlichen Wählern nach wie vor an.
China stellt auch seine Industriepolitik „Made in China 2025“, die auf Subventionen und „Zwang zum Technologietransfer“ angewiesen ist, neu auf, um China als Technologieführer in der Welt zu positionieren. China strich das Programm auch zunächst von einer Liste von Richtlinien, die die lokalen Regierungen umsetzen sollten. Diese Änderungen werden jedoch wahrscheinlich zu oberflächlich sein, um die Forderungen der USA zu befriedigen, zumal die US-Sicherheitsexperten die chinesische Cyberspionage weiterhin als ernstes Risiko betrachten.
Die Gespräche wurden durch den Wunsch der Vereinigten Staaten erschwert, Meng Wanzhou von Huawei auszuliefern und rechtlich zu verfolgen. Diese wurde am 1. Dezember in Kanada verhaftet und wartet nun auf eine mögliche Auslieferung an die Vereinigten Staaten. Meng soll 2013 die Transaktionen von Huawei mit dem Iran verheimlicht haben, als die Aktivitäten von amerikanischen und europäischen Behörden sanktioniert wurden. Trotz der Behauptung der Trump-Administration, der Fall Meng sei völlig von den Handelsgesprächen getrennt, sieht China dies als untrennbar miteinander verbunden an. Huawei ist ein chinesisches Vorzeigeunternehmen und konkurriert direkt mit amerikanischen Firmen um den Aufbau der 5G-Infrastruktur. Insbesondere beim Aufbau des deutschen 5G-Netzes hält die Deutsche Telekom weiterhin an der Partnerschaft mit Huawei fest. Dies könnte sich jedoch ändern. China inhaftierte mindestens drei Kanadier aus Vergeltung, was das Gesamtbild für eine Auslieferung verkompliziert.
US-EU Handelsgespräche
Der Prozess zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union im Rahmen der Juli-Vereinbarung zwischen den Präsidenten Trump und Juncker befindet sich noch in einer frühen Phase. Erste Vereinbarungen über technische Handelshemmnisse, die für November und dann im Dezember erwartet wurden, könnten auf 2019 verschoben werden. Obwohl der US-Handelsbeauftragte und die Handelskommission der USA (U.S. International Trade Commission) in der letzten Woche von Interessengruppen von der Bedeutung eines potenziellen US-EU Abkommens hörten, hat der US-Handelsbeauftragte seine Verhandlungsziele immer noch nicht veröffentlicht, was mindestens 30 Tage vor Beginn der Verhandlungen erfolgt sein muss. Auf europäischer Seite muss sich die Europäische Kommission noch ein Verhandlungsmandat sichern. Daher wird der Auftakt der offiziellen Gespräche wahrscheinlich erst in Monaten beginnen. Fortschritte an all diesen Fronten werden durch die jüngsten öffentlichen Kritiken an der Europäischen Union durch den US-Außenminister Mike Pompeo und den US-Botschafter Gordon Sondland nicht erleichtert.
Unterdessen irritiert die Gefahr von Autozöllen die deutsche Automobilindustrie weiter, wie ein deutscher Artikel Ende November über die europäischen Automobilaktien demonstrierte. Das US-Handelsministerium soll seine Untersuchung und seinen Bericht abgeschlossen haben, aber das amerikanische Gesetz (Section 232 of the Trade Act of 1962) schreibt die Veröffentlichung bis Mitte Februar vor. Danach hat Trump 90 Tage Zeit, um zu entscheiden, ob er etwas unternehmen wird.
Im Gegensatz zu anderen bisher auferlegten Zöllen können die Autozölle letztendlich illusorisch sein. In den Vereinigten Staaten gibt es keine politische Interessengruppe, die Trump auffordert, Zölle auf Autos und Autoteile zu erheben, und praktisch sind sie einstimmig dagegen. Jede ernsthafte Bewegung in diese Richtung würde den fragilen Waffenstillstand mit der EU sofort beenden und somit die Chance auf ein zukünftiges Handelsabkommen gefährden. Senator Charles Grassley (R-Iowa), der im Januar Vorsitzender des Finanzausschusses des Senats werden wird (der für Außenhandelspolitik zuständig ist), erklärte ebenfalls, dass er die Beschränkung der Befugnisse des Präsidenten zur Erhebung von Zöllen aus Gründen der nationalen Sicherheit ausloten will und damit diese Waffe effektiv von Trumps Arsenal entschärfen würde. Anders als in den ersten zwei Jahren der Trump-Präsidentschaft ist der Kongress bereit, Trumps instinktives Handeln noch stärker zu unterbinden, da der neue 116. Kongress seine Arbeit nächsten Monat aufnimmt.
Russland Sanktionen
Das US-Finanzministerium kündigte am Mittwoch an, die Sanktionen gegen den russischen Aluminiumgiganten Rusal innerhalb von 30 Tagen zu beenden. Im April hatte das Finanzministerium Rusal und seine Muttergesellschaft En+ in die Liste der speziell benannten Staatsangehörigen („SDN-Liste“) aufgenommen, die sich im Besitz oder unter der Kontrolle von Oleg Deripaska befinden - einem engen Mitarbeiter von Vladimir Putin. Die Sanktionen gelten als die stärksten seit der Ukraine-Invasion 2014. Das Abkommen, was durch Deripaskas signifikante Desinvestitionen in Rusal ermöglicht wurde, legt nahe, dass es das Ziel der US-Regierung ist, Deripaska zu bestrafen und dabei gleichzeitig die Weltwirtschaft minimal zu stören. Die Gaz Group, die Joint Ventures mit der Daimler AG und der Volkswagen AG betreibt, bleibt mit einer Lizenz bis zum 7. März auf der Sanktionsliste. Nach der Ankündigung in dieser Woche ist es wahrscheinlich, dass das Finanzministerium die Sanktionen für die Gaz Group ebenfalls beenden wird.
Weiteres
- Deutsch-amerikanisches Verhältnis. Die Journalistin Susan Glasser hat einen ausführlichen Artikel veröffentlicht, in dem die sich verschlechternden Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa und insbesondere die angespannten bilateralen Beziehungen zwischen den Führern der Vereinigten Staaten und Deutschland dargestellt werden.
- 115. Kongress. Der 115. Kongress erlebt in letzter Minute einen Krampf, als Präsident Trump sich gestern weigerte, ein Gesetz zur Finanzierung von Regierungsoperationen mit der Dauer vom 22. Dezember bis zum 8. Februar zu unterzeichnen, weil ihm die Finanzierung einer Grenzmauer zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko fehlte. Die Gesetzesvorlage war am Mittwochabend ohne Einwände durch den Senat verabschiedet worden. Bis Donnerstagabend hatten die Staats- und Regierungschefs keine Einigung erzielt, um eine teilweise Schließung der Regierung heute Abend um Mitternacht zu vermeiden. Im Allgemeinen war die Lame-Duck-Sitzungsperiode ansonsten von wenig großen Gesetzgebungen geprägt. Die größte Überraschung war das Voranschreiten einer Reform des Strafjustizsystems, mit der die Inhaftierungsrate in den Vereinigten Staaten verringert werden soll. Ein von der Autoindustrie genau beobachteter Gesetzentwurf (für selbstfahrende Autos) wird es dieses Jahr nicht bis zum Weißen Haus schaffen.