Digitale Disruption: Werden Sie zum Täter
Alibaba, Google und Tesla: So nennen sich nur einige der neuen Wettbewerber, die etablierten Unternehmen die neuen Regeln des Marktes diktieren. Die Folge: Zahlreiche Unternehmen verfallen in eine Sinnkrise.
Aus Erfahrung schöpfen
Was bedeutet der digitale Wandel für mein Geschäftsmodell? Was wollen meine Kunden? Berater haben die Zeichen der Zeit erkannt und versprechen schlüsselfertige Antworten auf komplexe Probleme. In der Praxis scheitern 80 Prozent dieser Projekte an der zumeist eindimensionalen Vorgehensweise.
Angefangen mit uns selbst und später beim Kunden, setzen wir uns bei Haufe seit Jahren mit der digitalen Transformation auseinander. Wir haben erkannt, dass nachhaltige Veränderung nur durch einen holistischen Ansatz mit seinen drei Dimensionen Mitarbeiter, Organisation und Technologie zu erreichen ist.
In diesem Beitrag möchte ich einige der Erfahrungen teilen, die wir auf der Reise der digitalen Transformation bereits machen durften – und will Sie dazu anregen, die Digitalisierung nicht als Bedrohung, sondern als Chance zur Erneuerung zu denken.
Die Falle der Selbstüberschätzung
Der ehemalige Deutsche Bank-Vorstandsvorsitzende Alfred Herrhausen sagte, dass Unternehmen die meisten Fehler machen, wenn es ihnen gut gehe. Kodak ist wohl das bekannteste Beispiel für derartigen Hochmut: Ein Mitarbeiter entwickelte bereits 1975 die erste digitale Kamera, doch das Unternehmen wollte das Bestandsgeschäft nicht gefährden. Eine bekanntermaßen unglückliche Entscheidung, denn Kodak konnte die Marktveränderungen nie aufholen.
Unsere „digitale Transformation“ bei Haufe begann zwar etwas später, aber noch zu einer Zeit, in der „Digitalisierung“ noch kein Buzzword war. Unsere Mission damals und heute: Kunden bei ihren täglichen Herausforderungen optimal zu unterstützen. Damals bedeutete dies, gedruckte Fachinformationen in Datenbanken zu überführen. Heute verstehen wir uns selbst als digitaler Lösungsanbieter. Entstanden ist diese Neuausrichtung durch ein Motto, dass uns den zwar wenig schmeichelhaften, aber sehr zutreffenden Spitznamen einbrachte – Ja, wir kannibalisierten uns lieber selbst, bevor es ein anderer tat.
Die Disruption des eigenen Geschäfts offenbarte uns eine Kernkompetenz für die digitale Transformation: Die Fähigkeit sich kontinuierlich selbst in Frage stellen zu können. Diese Kompetenz auszubilden und in die Unternehmenskultur zu integrieren, ist meines Erachtens die eigentliche Aufgabe des Innovationsmanagements.
Der Weg zur echten Innovationskultur
John Kotter sieht die Auslagerung von Innovation skeptisch und bezeichnet sie im Falle von Xerox sogar als „total failure“. Innovation im eigenen Unternehmen zu fördern und zu bewahren ist die derzeitige Kernaufgabe. Doch wie lässt sich das umsetzen?
Der kategorische Imperativ „Seid innovativ!“, vom Topmanagement verkündet, reicht offensichtlich nicht aus. Aus unserer eigenen Erfahrung bei Haufe lässt sich eine echte Innovationskultur nur dann aufbauen, wenn Mitarbeiter in hohem Maße dazu ermächtigt werden, an Entscheidungen teilzuhaben und diese aktiv und selbstverantwortlich mitzugestalten. Innovation ist kein Top-Down-Projekt, sondern eine Frage der Unternehmenskultur. Selbst der weit verbreitete Glaube an die transformative Kraft der Technologie ist eine Sackgasse, wenn dabei Mitarbeiter und Organisation nicht ermächtigt werden.
Die drei Dimensionen der Ermächtigung
Unser Fokus liegt auf einem dreidimensionalen Betriebssystem, das Mitarbeiter, Organisation und Technologie gleichermaßen befähigt, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren. Nur wenn diese drei Bereiche in gleichem Maße integriert werden, hat eine Innovationskultur Aussicht auf nachhaltigen Erfolg:
Mitarbeiter
Alte Ideen infrage zu stellen, neue iterativ auszuprobieren und schlimmstenfalls schnell damit zu scheitern – und so zur richtigen Entscheidung zu kommen. Das ist Agilität. Diese Haltung bedarf es zu implementieren. Für einige Mitarbeiter ist das Neuland, andere stellen sich schnell darauf ein. Ermächtigung bedeutet hier den Menschen in den Fokus zu stellen und individuelle Entwicklung zu erleichtern.
Organisation
In einer rein auf Weisung & Kontrolle basierenden Organisation drängt man engagierte Mitarbeiter in eine „Schattenorganisation“. Innovationen finden dabei unter dem Management-Radar statt. Dies mag in manchen Fällen sogar sinnvoll sein. Wenn es jedoch darum geht, Ideen schnell an den Markt zu bringen, müssen auch Strukturen und Prozesse angepasst werden. Eine Organisation braucht die Fähigkeit, gleichzeitig effizient und flexibel zu sein.
Technologie und Tools
Mit der richtigen Technologie und den dazugehörigen Tools wird die Veränderung für die Mitarbeiter erlebbar. Passt die Software nicht zum Unternehmen, dann erleidet sie das Schicksal vieler IT-Projekte: Sie scheitert am Faktor Mensch. Deswegen gehen wir mit unseren Kunden in Co-Creation-Prozesse, wenn es um die softwareseitige Umsetzung geht, bieten aber auch Standardmodule, die unsere Erfahrungen aus zahlreichen Umsetzungsprojekten enthalten.
Vom Überdruss zum Überfluss
Noch bis vor circa einem Jahr hatte ich den Eindruck, dass Veränderungsprozesse in Unternehmen zumeist über viele kleine, oft voneinander losgelöste Einzelmaßnahmen stattfinden, die letztendlich aber nur Stückwerk waren. Mittlerweile stelle ich fest, dass Unternehmen bereit sind, ganzheitlich zu transformieren. So werden zunehmend ganze Organisationen, übergreifende Prozesse und komplette Geschäftsmodelle auf den Kopf gestellt, um neue Chancen für das Unternehmen zu entdecken.
Durch das Aufbrechen von Silos entsteht eine offene Kommunikation zwischen unterschiedlichen Teams und über Hierarchieebenen hinweg. Die Idee der „Ab-teilung“ wird um interne Netzwerke ergänzt. Führung wird in einem solchen System zur Variable: Jeder Mitarbeiter muss Verantwortung für jene Aufgaben übernehmen (dürfen und können), die er mit seinem Wissen am besten erfüllen kann.
Bei Haufe haben wir die Erfahrung gemacht, dass dies eine überwältigende Menge an Wissen und guten Ideen freilegt. Aus zahlreichen Transformationsprojekten bei unterschiedlichsten Kunden wissen wir, dass diese latent in jeder Organisation schlummern. Definieren auch Sie Ihre Rollen und Ressourcen neu, um zu echten Mitstreitern des Umbruchs zu werden. Mit einer Investition in das eigene Betriebssystem wird Innovationsmanagement zum Teil der Unternehmens-DNA – Eine Grundlage für den Erfolg in der VUCA-Welt.
IoT Engineering Enthusiast and Development Specialist
6 JahreAbsolut Richtig, und FATAL zugleich! Was, wenn jemand Neues in eine selbsternannte "Innovationskultur" kommt, mit einem Koffer voll Innovationen und Ideen, und trifft auf Personen, die leider diese Wörter zwar im Vokabular eingebaut haben, aber vom Handeln noch immer in 1975 hängen? Resultat eine weiterer ausgebrannter, ursprünglich innovativer Ex-Mitarbeiter, der seinen Koffer in dem Unternehmen hat liegen lassen, dort aber niemand weiß, wie der Koffer aufgeht. Ich finde leider, jeder weiß was zu tun wäre, aber wenn man damit konfrontiert wird, fällt man in die Urinstinkte zurück und versucht sein Revier zu verteidigen. Der Faktor Mensch in Situationen, wo der Vorgesetzte oder Bestandskollege merkt, wenn ich jetzt nachgebe, bin ich weg! In Wirklichkeit, ist er ja sowieso schon weg. Aber, es ist falsch zu glauben, in Unternehmen wird zugut Innovation entschieden, in Einzelfällen schon, aber grundsätzlich hat sich der Bestandschutz im Bestand so verfestigt, dass da kaum dran zu rütteln ist.
Entrepreneur, Neo-Generalist und Andersdenker, Digitalisierungs-Enthusiast, Start-up-Ambassador, Google-Versteher
7 JahreDanke! Dieser Beitrag gehört ausgedruckt auf die Schreibtische in Führungsetagen von Unternehmen, die bislang nur mit leeren Worthülsen Buzzword-Bingo spielen und müsste so lange zur morgendlichen Pflichtlektüre gehören, bis sie verinnerlicht haben, wie es funktioniert. Wandel und Veränderung beginnt an der Unternehmensspitze; man muss bereit sein, sich selbst zu hinterfragen und muss die Veränderungen aktiv vorleben, um die Mitarbeiter mit auf die Reise zu nehmen. Die durch die Digitalisierung notwendigen Veränderungen können nicht auf Vorstandsbeschluss verordnet werden.
Social Media richtig nutzen!
7 JahreFYI Jörg Bueroße