Dranbleiben!

Dranbleiben!

Früher bin ich vortragend „durch die Lande gezogen“ und habe behauptet, dass wir (nicht nur beim Thema Kinderarmut) ein Umsetzungs- und kein Erkenntnisproblem haben. Seit einigen Jahren korrigiere ich mich und behaupte das Gegenteil!

Wir haben ein Erkenntnis- und ein Umsetzungsproblem!

Das Erkenntnisproblem besteht darin, dass wir auf der kommunalen Ebene zwar viele Informationen haben, diese aber unzureichend miteinander verbinden (Wichtig ist Zusammenhangswissen!) und wir es als (Stadt-)Gesellschaften häufig nicht schaffen, die eigentlich auf der Hand liegenden Erkenntnisse abzuleiten. Mittlerweile muss man zu dem Schluss kommen, dass es häufig eher ein „nicht wollen“ als ein „nicht können“ ist, das es hier zu beklagen gilt. Das daraus resultierende Umsetzungsproblem ist zwangsläufig.

Damit ein Thema auf der politischen/gesellschaftlichen Agenda landet und nachhaltig bearbeitet wird, braucht es (nach Kingdon) erstens ein Problem (haben wir, wie ein Blick auf die Armutszahlen der letzten Jahrzehnte zeigt), zweitens eine Lösung (fragt die Fachkräfte, die entsprechenden Fachbücher füllen ganze Bibliotheksregale!) und drittens eine Problemstruktur, die das Problem für die Politiker:innen attraktiv macht. Und genau das ist die Crux: „Soziale Themen“ weisen eine aus politischer Perspektive ungünstige Problemstruktur auf.

Es ist daher wichtig, dass wir uns immer wieder das Problem (in diesem Falle Kinderarmut) und die Folgen (auch von Nicht-Handeln) vergegenwärtigen und Mitstreiter suchen. Auch wenn wir seit Jahrzehnten an diesem Thema arbeiten, ist es wichtig, dieses Thema immer wieder in den Diskurs zu rücken! Wenn es sich nicht darauf beschränkt, ist auch die Vergewisserung, dass es diese Mitstreiter gibt, ein wichtiger Aspekt.

Anlässe wie das „17. Präventionsnetzwerktreffen 2024“ in Braunschweig am gestrigen Tag sind daher richtig und wichtig.

Ich durfte im Rahmen dieses gelungenen Netzwerktreffens einen Vortrag zum Thema „Kinder und Familienarmut aus sozialräumlicher Perspektive“ halten. Im Kern habe ich neben der Darstellung von Zusammenhangswissen für die Situation in Braunschweig versucht zu verdeutlichen, wie wichtig das unmittelbare Lebensumfeld für Kinder (nicht nur in Armut!) ist (Bronfenbrenner lässt grüßen), was die Folgen von Kinderarmut sowohl für die Kinder als auch die (Stadt-)Gesellschaft sind (letzteres wird häufig vergessen) und habe dafür sensibilisiert, welche Akteure auf welche Art das Thema Kinderarmut bekämpfen können.

Entscheidend ist, dass wir Kinderarmut (nicht nur auf der kommunalen Ebene) als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachten. Wir sind es jedem einzelnen in Armut aufwachsendem Kind schuldig und auch mit Blick auf die gesamtgesellschaftliche Entwicklung gibt es keine Alternative (Stichwort Humanvermögen).

Ausgehend von dieser Erkenntnis wäre der Sprung zur Umsetzung eigentlich nur noch ein kleiner „Schritt“. Wir müssen also wohl dranbleiben, um das „Wollen“ zu schaffen!

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