Expert:innen sollten Ahnung haben - zumindest etwas. Oder?
Gerade kürzlich traf ich auf einer Veranstaltung wieder mal auf eine:n LinkedIn Influencer:in. Besagte Person ist hier auf der Plattform als Expert:in für New Work, Leadership, Nachhaltigkeit, AI und natürlich als LinkedIn Expert:in bekannt (ich möchte nicht genau verraten, um wen es sich handelt, daher nenne ich einfach alle aktuellen Trendthemen, die ja praktisch jeder zweite hier bespielt). Besagte:r LinkedIn Influencer:in hat sich total gefreut mich zu sehen...und dann ging die Fragestunde los.
Und mir wurde bewusst. Die Person, Expert:in und LinkedIn Influencer:in zu New Work, Leadership, Nachhaltigkeit, AI und natürlich LinkedIn, hat keine Ahnung!
Und ähnliche Stories erzählten mir mittlerweile mehrere Menschen, denen sowas auch schon passiert ist...sie trafen auf Expert:innen ihres Fachs, die jedoch keine Ahnung hatten. Finde ich problematisch. Man kann ja viel reden. Aber irgendwo muss Expertise auch Hand und Fuß haben. Finde ich.
Es gibt aus meiner Erfahrung primär zwei Motivationen, warum Menschen hier auf LinkedIn aktiv sind - zumindest kann ich fast alle Menschen, die ich bisher kennengelernt habe, unter diesen zwei Motivationen zusammenfassen:
Es gibt auch Menschen, die ein Passion-Thema vorantreiben wollen oder einfach Vorbild für andere sein möchten. Aber aus meiner Erfahrung sind die beiden o.g. Punkte die, die auf die meisten Menschen, die hier aktiv sind, zutreffen.
Erste Gruppe versucht in der Regel, durch Expertise Sichtbarkeit aufzubauen. Das kann sehr mühselig sein, denn erste Gruppe möchte am liebsten selbst nicht im Vordergrund stehen und scheitert leider oft am eigenen Perfektionismus. Aber es gelingt glücklicherweise auch immer mehr Menschen, sich hier eine wirklich tolle Sichtbarkeit, die auf Substanz basiert, aufzubauen. Das ist gut und das ist wichtig. Denn sehr vieles, was ich hier mittlerweile erlebe und sehe, basiert auf Halbwissen - oder gar Unwissen. Und das sehe ich persönlich bei manchen Themen sogar als gefährlich an. Vermeintliche Expertise kann Schäden anrichten...
Zweite Gruppe hat die Herausforderung, dass sie oft wenig Expertise in einem Fach hat - die muss also erstmal aufgebaut werden. Aber das dauert. Egal, es gibt ja ChatGPT und andere, die dabei helfen können, Expertise sichtbar zu machen. Und selbst lernen kann man ja später noch. Aber zu welchem Thema? Puh, was ist denn gerade Trend auf LinkedIn - das geht doch dann am schnellsten. Okay, Thema ist gefunden - es ist New Work, Leadership, Nachhaltigkeit und LinkedIn. Und los gehts.
Christina, das klingt aber sehr an den Haaren herbeigezogen. Und übertrieben.
Glaubt mir, ich habe ein solches Gespräch zu "ich möchte auf LinkedIn durchstarten und schaue gerade, welches Thema ich nehme" in den vergangenen Jahren schon mehr als einmal geführt. Ihr wärt schockiert, mit wem.
Empfohlen von LinkedIn
Das Thema ist gefunden und los gehts. Trendthemen haben den Vorteil, sie trenden. Sie interessieren und triggern viele Menschen. Triggern ist super, denn wenn Menschen emotional aufgeladen sind, schreiben sie viel eher einen Kommentar, und das hilft bei Sichtbarkeit. Und ist ein bestimmter Grad an Sichtbarkeit erstmal erreicht, kommen die Bühnen und die Presse, und schwupp: ein:e neue:r Influencer:in, ähm, Expert:in ist geboren. Und ja, das funktioniert heute relativ einfach, denn sobald die LinkedIn Fangemeinde da ist, wird man ernst genommen. Reichweite hat aktuell denselben Stellenwert wie Relevanz. Leider.
Denn dann treffe ich auf diese:n Expert:in. Neben New Work, Leadership, Nachhaltigkeit und AI - ist er bzw. sie natürlich auch Expert:in für LinkedIn. Logisch, er bzw. sie weiss ja jetzt, wie man Sichtbarkeit auf LinkedIn aufbaut. Und er bzw. sie fängt an, mit mir über LinkedIn zu sprechen. Und ich falle vom Glauben ab, denn er bzw. sie hat KEINE AHNUNG, wovon er/sie redet. Er/sie stellt Fragen, die könnte man als 1x1 des LinkedIns zusammenfassen. Anfangs bin ich noch drauf eingegangen und wer mich kennt, weiss, dass ich gern praktische Tipps auch im Gespräch gebe.
Ein paar Tage später bietet er/sie mal eine LinkedIn Masterclass an. Zu genau den Themen, über die wir schwerpunktmäßig gesprochen haben. Das ist kein Scherz.
Ich versuche schon immer, meine Community darauf hinzuweisen, dass hier sehr vieles Fake ist. Mir wurde schon vorgeworfen, mein Content sei so kritisch, so negativ. Vielleicht ist er das. Aber: Hier wird mittlerweile so viel Schindluder getrieben und nicht jeder ist Social Media Expert:in und versteht, wie Plattformen wie LinkedIn funktionieren und wie man diese manipulieren kann und mir ist wichtig, genau dieses Bewusstsein zu schärfen.
Nur weil sich selbst jemand Expert:in nennt, ist er oder sie das nicht. Nur weil jemand Influencer:in ist, ist er oder sie nicht automatisch Expert:in. Nur weil jemand hier große Reichweite aufgebaut hat - organsich oder mit Hilfsmitteln, heisst das nicht, dass er oder sie Expert:in ist.
Als Expert:in sollte ich Ahnung von meinem Thema oder Fachbereich haben. Zumindest so viel, dass es nicht generischer, zig mal wiederholter Content von ChatGPT ist. Oder sehe ich das falsch?
Man kann auch auf LinkedIn durchaus erkennen, ob jemand Ahnung hat oder nicht - oft allein schon an der Art und Weise, wie und welcher Content hier veröffentlicht wird. Geht die Person (bei sich oder auch bei anderen) tiefer in die Diskussion oder bewegt sich alles eher an der Oberfläche? Und wenn LinkedIn es nicht hergibt - würde ich immer auch außerhalb der Plattform genauer hinschauen, was die Person tatsächlich macht, und nicht nur, worüber sie hier spricht. Wir brauchen mehr Bewusstsein für LinkedIn. Wir brauchen mehr Bewusstsein dafür, kritisch zu hinterfragen. Wir brauchen mehr Verständnis dafür, wie eine Plattform wie LinkedIn funktioniert. Nur so können wir sie smart nutzen.
1) „Die JVA goes Schule“, Prävention & Co. via nejako.de 2) „ANTI-Fehlerteufel“: Autor, Blogger, Journalist, (Ghost-)Writer, Texter, aktiver Netzwerker mit Herz, Hirn & Humor 3) Das Leben ist ein großes Spiel
5 Monate"Expert:innen sollten Ahnung haben - oder zumindest ein wenig, zumindest etwas, ...?" Schmunzel, werte Christina & Co. - und das ist nicht böse, negativ oder ... gemeint. Mit DEM Wort "Experte", auch mit "in", verbinde ICH grundsätzlich AHNUNG. Sonst ist sie, er oder "es" nämlich keine, keiner, "keines"! Korrekt?!? Schöne Feierabend- & beste, sonnige Sommergrüße plus ein weiteres Glück auf ...
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5 MonateDas sehe ich genauso, Christina Richter. "ExpertIn" nennt sich heute jede/r und ich gebe zu, auch ich hatte es im Profil. Da mir Augenhöhe wichtig sind und ich mich auch als Lernende sehe, hat es aber nicht mehr gepasst und ich glaube der Hype ums "ExpertInnen Dasein" klingt langsam ab, weil Menschen die Erfahrung machen, dass es nur ein selbst auferlegtes Label ist, oft mit wenig dahinter.
Kommunikation neu denken 🟰 Unternehmen und Menschen mit moderner Kommunikation sichtbar machen #NeuePR #LinkedInComms #Agediversity #KI
6 MonateEs gibt Menschen, die gelernt haben: Fake It Till you make
Strategist & Trainer | Experiential Journey: From Theory to Practice, Discover Your Best Self | Be the Leader of Your Life and Simply Achieve More
6 MonateHallo Christina, ich durfte Dich gestern bei TEDxHHL in Leipzig das erste wahrnehmen und live erleben. Zunächst, danke für den inspirierenden und motivierenden Vortrag. Zum Thema 'Experten sollten Ahnung haben' bin ich ganz bei dir und das Thema schwarz auf weiss zu formulieren, und klar anzusprechen, würde ich nicht als eine kritische Kommunikation bezeichnen, sondern vielmehr als: Endlich schreibt mal jemand direkt darüber. Mir fällt das auch auf, schon vor vielen Jahren in Firmen selber, wo ich oft das Gefühl hatte, dass die Experten nicht über die Einleitung eines jeden Fachbuches hinaus kamen, und heutzutage, bei Themen wie Experten, Coaches oder Mentoren. Ich verfolge die Devise, wenn jemand nicht mehrfach (nicht nur einmal) selber den Erfolg erlebt/erwirkt hat, dann schaue ich definitiv kritischer auf die Person, ob diese mir wirklich helfen kann. Danke für Deine offenen Worte.
experienced C-Level Business Coach💥inspirierende Change Expertin | 🔹Speaker | Managing Director Digital Leadership Summit & IPA | 🔹LinkedIn Top Voice | ♦️lifelonglearner
6 Monate🙏 so true Christina Richter - Wissen und Erfahrungskompetenz vor heißer Luft würde oft helfen .