Freizügigkeitsstiftungen - Quo vadis?

Freizügigkeitsstiftungen - Quo vadis?

Der Freizügigkeitsmarkt wächst kontinuierlich seit Jahren und erreicht heute CHF 54 Mrd. Doch wieso wächst eigentlich dieser Markt? Vom Gesetzgeber gewollt waren Institutionen, die den Vorsorgeschutz aufrecht erhalten, wenn eine Person seinen Arbeitgeber und damit seine Pensionskasse verlässt (Art. 4 Freizügigkeitsgesetz).

Da die Schweiz nicht für hohe Arbeitslosenquoten bekannt ist, müssten die Stiftungen nicht wachsen. Das Geld müsste nur wenige Wochen oder Monate „parkiert“ werden, bis ein neuer Arbeitgeber und damit eine neue Pensionskassenlösung vorhanden ist. Das Gesetz sieht nämlich weiter vor, dass die Freizügigkeitsgelder in die neue Pensionskasse eingebracht werden müssen. Das erklärt auch, weshalb der Gesetzgeber sehr restriktive Anlagebestimmungen für die Freizügigkeitsstiftungen vorgesehen hat: das Vorsorgevermögen muss als Spareinlage bei einer FINMA unterstellten Bank angelegt werden. Nachvollziehbar. Doch die Zeiten haben sich geändert.


Wie kann das Wachstum erklärt werden?

Unterschiedlich:

  • Personen können ihren Beschäftigungsgrad reduzieren und sind bei ihrer Pensionskasse überversichert. Der überschüssige Teil wird auf ein Freizügigkeitskonto parkiert.
  • Der Versicherte verlässt die Schweiz Richtung EU und muss das sog. obligatorische Guthaben gemäss Gesetz auf ein Freizügigkeitskonto überweisen.
  • Ein Freizügigkeitskonto wird aufgrund einer Scheidung eröffnet
  • Der Versicherte nimmt eine selbstständige Erwerbstätigkeit auf und verzichtet auf den Bezug seines Altersguthabens
  • Die Versicherte verzichtet auf den Wiedereinstieg in den Job nach einer Babypause
  • Eine älterer Arbeitnehmer wird entlassen und findet keine Stelle mehr
  • Das Freizügigkeitsguthaben ist vergessen worden.

All diese Gründe tragen seit Jahren zum kontinuierlichen Wachstum bei. Die durchschnittliche Haltedauer eines Freizügigkeitskontos beträgt inzwischen längst nicht mehr wenige Wochen, sondern mehrere Jahren.


Was nun?

Im Gegensatz zur dritten Säule läuft die zweite Säule quasi mit, d.h. die Versicherten kümmern sich wenig bis kaum um ihre Vorsorge. Kaum bekannt ist, dass man mit dem Freizügigkeitskonto in Anlagefonds investieren kann. Nicht weiter erstaunlich: die Pensionskassenwelt kennt (bis auf die 1e Pläne) diese Lösung auch gar nicht. In der Konsequenz bedeutet das, dass 85% bis 90% der CHF 54 Mrd. als Cash auf Sparkonti in der Schweiz angelegt sind. Bei der gegenwärtigen Zinslage ist die erzielte Performance praktisch 0%. Und dies während mehreren Jahre, wenn man sich die durchschnittliche Haltedauer vor Augen hält.


Das System stösst an seine Grenzen – es braucht gesetzliche Änderungen

Die heutigen Lebensgewohnheiten und internationale Arbeitswelt führen zu einem konstanten Wachstum der Anzahl Freizügigkeitskonti und eine lange durchschnittliche Haltedauer dieser Konti. Die Freizügigkeitsstiftungen haben sich von einem Kurzzeitparkplatz zu einer Parkgrube gewandelt. Unter diesen Umständen sollte der Gesetzgeber die existierende Anlagepolitik kritisch hinterfragen. Eine Angleichung an die Pensionskassen könnte dem Bild einer nachhaltigen persönlichen Vorsorge gerechter werden.


Disclaimer: mit diesem Artikel gebe ich meine persönliche Meinung wieder.

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