Gedanken zu neuen Reformen nach der Ablehnung von 2020
Bisherige Abstimmungen zur Sanierung des Vorsorgewesens hatten einen schweren Stand. Bei diesen ging es häufig um Zahlen. Umwandlungssatz-Reduktion von 0,4%, AHV-Erhöhung um 10%, Erhöhung des Rentenalters um 1 oder 2 Jahre, etc. Damit will ich nicht sagen, dass Zahlen etwas Schlechtes sind, im Gegenteil. Aber es fällt den meisten Bürgern schwer, diese im richtigen Zusammenhang einzuordnen und Vor- und Nachteile abzuwägen. Wenn ein Arzt sagt, es benötigt 4 mg von einem Medikament, mag das richtig oder falsch sein. Aber man kann es ohne Kontext und Hintergrundwissen schlecht beurteilen.
Wir müssen uns jedoch von Zahlen und Pflästerlipolitik distanzieren und hin zu einer prinzipienbasierten Politik, über welche sich der Stimmbürger auch eine Meinung bilden kann. Eine Senkung des Umwandlungssatzes von aktuell 6.8% auf 6.4% oder wie jetzt 6.0% erscheint technisch. Man muss wissen, dass für einen Umwandlungssatz von 6.8% eine Rendite von beinahe 4% benötigt wird und dass Bundesobligationen aktuell mit ca. 0% rentieren. Und dass diese Differenz, die aktuell minus 4% beträgt, bei der Einführung des BVG bei plus 1% lag. Aber wenn stattdessen bei der zweiten Säule im Rahmen einer Abstimmung das Prinzip formuliert werden würde, dass die Rente (der Umwandlungssatz) sich nach den persönlichen Einzahlungen und Erträgen sowie der statistischen Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Pensionierung berechnet, ist dies ein Grundsatz, dem die Mehrheit der Bevölkerung zustimmen können sollte. Weil wenn man es nicht tut, würde das bedeuten, dass man auf Kosten eines anderen mehr bekommen will, als einem zusteht. Und nebst der moralischen Komponente ist die zweite Säule schlicht und ergreifend nicht dazu da. Die Solidarität zwischen den Arbeitenden und Pensionierten findet im Rahmen der ersten Säule statt. Es gibt für mich persönlich eine Einschränkung. Da diese Anpassung schnellstmöglich passieren sollte und zwar für alle, inklusive heutige Rentner, würde es Härtefälle geben. Diese müssten effektiv von einer Besitzstandswahrung profitieren. Es gilt, bei laufenden und baldigen Renten einen Betrag zu definieren, welcher nicht von der Anpassung betroffen ist. Dieser Betrag sollte jedoch das Niveau aktueller Mindestlöhne nicht übersteigen. Der Rest würde auf den fairen Satz nach obigem Prinzip gesenkt werden.
Bei der AHV muss man der Bevölkerung die Wahrheit sagen. Bei der Einführung erreichten ca. 20% der Schweizer das notwendige Alter. In der Zwischenzeit stieg die Lebenserwartung massiv an. Es gibt drei Lösungen zur Sicherung der ersten Säule. Weniger erhalten, mehr zahlen oder länger arbeiten. Es gibt kein Ja oder Nein. Eine entsprechende Abstimmung kann man anschliessend beispielsweise alle 20 Jahre durchführen und so jeder Generation das geben, was sie als beste Lösung erachtet.
Zusätzliche Gedanken zur Nachhaltigkeit des Vorsorgesystems beinhalten unter anderem die freie Pensionskassenwahl, welche Vorsorgeeinrichtungen dazu zwingt, sparsam und sicher mit dem Geld der Versicherten umzugehen. Nichts senkt Kosten und verbessert Leistungen schneller, als wenn man den Bürgern eine Wahlmöglichkeit gibt.