Gewerbemietrecht: Wichtige Informationen für Rechtsanwälte, Vermieter und Mieter
Einleitung zum Thema Gewerberaummietrecht
Das Gewerbemietrecht unterscheidet sich in wesentlichen Punkten vom Wohnraummietrecht und bietet beiden Parteien, Vermietern wie Mietern, eine weitreichende Vertragsfreiheit. Diese Flexibilität ermöglicht es, individuelle Vereinbarungen zu treffen, birgt aber auch Risiken. Für Rechtsanwälte, die ihre Mandanten in diesem Bereich beraten, sind die Details zu Mietkautionen, Mieterselbstauskünften, Nebenkostenregelungen sowie den Kündigungsmöglichkeiten von zentraler Bedeutung. Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte des Gewerbemietrechts praxisnah erläutert.
1. Mietkaution im Gewerbemietrecht: Sicherheit für Vermieter – Risiko für Mieter
Im Gewerbemietrecht besteht – im Gegensatz zum Wohnraummietrecht – keine gesetzliche Obergrenze für die Höhe der Kaution. Nach § 551 BGB gilt die 3-Monats-Miete-Grenze nur für Wohnraummietverhältnisse, nicht jedoch für Gewerbemietverträge. Das bedeutet, die Parteien können die Höhe der Kaution frei verhandeln, solange diese nicht gegen § 138 BGB (“Sittenwidrigkeit”) verstößt.
Die Kaution dient dem Vermieter als Sicherheit für etwaige Forderungen aus dem Mietverhältnis, etwa bei ausstehenden Mietzahlungen oder Schäden an der Mietsache. Anders als im Wohnraummietrecht besteht im Gewerbemietrecht kein Anspruch des Mieters auf Ratenzahlung der Kaution. Vielmehr wird die Zahlung der Kaution oft zur Bedingung für die Übergabe der Mietsache gemacht.
Ein weiterer relevanter Punkt ist die Verzinsung der Kaution. Zwar existiert im Gewerbemietrecht keine gesetzliche Regelung zur Verzinsungspflicht, jedoch wird in der Praxis häufig eine Verzinsung nach den Konditionen für Spareinlagen vereinbart. Ohne eine solche Vereinbarung könnte der Mieter unter Umständen Schadensersatz verlangen, wenn der Vermieter die Kaution nicht angemessen verzinst hat (vgl. Schmidt-Futterer/Flatow, BGB § 551 Rn. 101).
2. Mieterselbstauskunft: Ein zentraler Baustein der Vertragsverhandlung
Bevor ein Gewerbemietvertrag abgeschlossen wird, verlangen Vermieter regelmäßig eine Mieterselbstauskunft. Diese Auskunft dient der Einschätzung der wirtschaftlichen Verlässlichkeit des Mieters und minimiert das Risiko für den Vermieter.
Im Rahmen der Mieterselbstauskunft müssen Gewerbemieter Angaben zu ihrer Bonität machen. Dazu gehören:
• Wirtschaftliche Kennzahlen (z. B. Jahresumsatz, Jahresüberschuss)
• Bankverbindungen und Referenzen
• Handelsregisterauszüge (bei Unternehmen)
• Bonitätsauskünfte von Auskunfteien wie SCHUFA oder Creditreform
Diese Informationen ermöglichen dem Vermieter, die Zahlungsfähigkeit des Mieters einzuschätzen. Gleichzeitig gilt für den Vermieter das Gebot der Datenminimierung gemäß DSGVO. Unnötige oder unverhältnismäßige Datenabfragen könnten den Datenschutz verletzen.
Für Rechtsanwälte besteht hier die Aufgabe, Mandanten (Mieter oder Vermieter) darauf hinzuweisen, welche Auskünfte zulässig sind und welche nicht. Insbesondere sollten Mieter beraten werden, nur die erforderlichen Informationen preiszugeben und sich nicht zur Herausgabe sensibler Finanzdaten drängen zu lassen.
3. Nebenkosten und Umsatzsteuer: Welche Kosten können auf den Mieter umgelegt werden?
Die Abrechnung von Nebenkosten ist im Gewerbemietrecht komplexer als im Wohnraummietrecht. Während im Wohnraummietrecht die Betriebskostenverordnung (BetrKV) verbindlich ist, können bei Gewerbemietverträgen nahezu alle anfallenden Kosten vertraglich auf den Mieter übertragen werden. Dazu zählen auch sogenannte “sonstige Betriebskosten” oder “Verwaltungskosten”, die im Wohnraummietrecht nicht auf den Mieter umgelegt werden dürfen (vgl. Blank/Börstinghaus, BGB § 535 Rn. 524-526).
Zu den typischen Nebenkosten im Gewerbemietrecht zählen:
• Grundsteuer
• Heiz- und Energiekosten
• Versicherungskosten (z. B. Gebäudeversicherung)
• Reinigungskosten für Gemeinschaftsflächen
• Wartungskosten von Aufzügen und technischen Anlagen
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Eine besondere Herausforderung stellt die Erhebung der Umsatzsteuer auf die Miete dar. Grundsätzlich kann der Vermieter die sogenannte “Option zur Umsatzsteuer” ausüben, wenn der Mieter zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. In der Praxis ist diese Regelung häufig in Gewerbemietverträgen zu finden. Die korrekte Formulierung der Klausel im Mietvertrag ist essenziell, da fehlerhafte Vereinbarungen zur Nachzahlungspflicht des Vermieters führen können.
4. Kündigung von Gewerbemietverträgen: Fristen und Sonderkündigungsrechte
Die ordentliche Kündigung eines Gewerbemietvertrags richtet sich nach § 580a BGB. Die Kündigungsfrist beträgt für Mietverhältnisse, die länger als ein Jahr dauern, sechs Monate zum Quartalsende. Dies bedeutet, dass eine Kündigung am 15. März erst zum 30. September wirksam wird. Diese Fristen sind zwingend und gelten unabhängig von der Art der Nutzung.
Für befristete Gewerbemietverträge ist eine ordentliche Kündigung nicht möglich. Hier ist zu beachten, dass befristete Mietverträge automatisch enden, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Die fristlose Kündigung eines Gewerbemietvertrags ist hingegen bei Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit möglich (§ 543 BGB). Typische Gründe für eine fristlose Kündigung sind:
• Zahlungsverzug des Mieters (z. B. zwei aufeinanderfolgende Monatsmieten)
• Schwerwiegende Pflichtverletzungen (z. B. unerlaubte Nutzungsänderung)
• Gesundheitsgefährdungen (z. B. Schimmelbildung, die nicht behoben wird)
Der BGH hat klargestellt, dass selbst bei coronabedingten Umsatzeinbußen nicht zwingend ein “wichtiger Grund” für eine außerordentliche Kündigung besteht (BGH, Urteil v. 12.01.2022 – XII ZR 8/21, NJW 2022, 737). Rechtsanwälte sollten ihre Mandanten darauf hinweisen, dass die Verhandlungsposition des Mieters in der Pandemie-Situation häufig von der vertraglichen Regelung der “Störung der Geschäftsgrundlage” (§ 313 BGB) abhängt.
5. Beratung im Gewerbemietrecht: Warum eine anwaltliche Begleitung unverzichtbar ist
Die Komplexität des Gewerbemietrechts zeigt, dass sowohl Vermieter als auch Mieter von einer anwaltlichen Beratung profitieren. Ob bei der Verhandlung der Mietkaution, der Abwehr unzulässiger Nebenkosten oder bei Kündigungsfragen – die Expertise eines spezialisierten Rechtsanwalts kann Risiken minimieren und wirtschaftliche Verluste verhindern.
Für Vermieter ist die professionelle Vertragsgestaltung von zentraler Bedeutung, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Mieter hingegen profitieren von einer Überprüfung der Vertragsklauseln, insbesondere in Bezug auf Nebenkosten, die Kautionshöhe sowie die Optionen zur Kündigung.
Eine transparente und eindeutige Vertragsgestaltung ist unerlässlich, um potenzielle Konflikte zu vermeiden. Bei Fragen zum Gewerbemietrecht oder zur Mieterselbstauskunft stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.Für eine persönliche Beratung erreichen Sie uns telefonisch 04202 / 638370. Sie können uns auch direkt per E-Mail info@rechtsanwaltkaufmann.de kontaktieren.
Fazit
Das Gewerbemietrecht bietet Vermietern und Mietern weitreichende Möglichkeiten, Vertragsinhalte individuell zu regeln. Diese Freiheit bringt Chancen, aber auch Risiken mit sich. Vornehmlich die Themen Mietkaution, Nebenkosten, Selbstinformation des Mieters und Kündigungsregelungen erfordern sorgfältige Prüfung. Rechtsanwälte sollten ihre Mandanten gezielt zu diesen Punkten beraten, um spätere Konflikte zu vermeiden.
Wenn Sie Fragen zum Gewerbemietrecht haben oder rechtliche Unterstützung bei der Vertragsgestaltung benötigen, stehen wir Ihnen mit unserer Expertise zur Seite. Kontaktieren Sie uns unter der Telefonnummer 04202 / 6 38 37 0 oder per E-Mail: info@rechtsanwaltkaufmann.de. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.
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