Hobbits, Hooligans und Vulkanier

Hobbits, Hooligans und Vulkanier

POLITIK UND IQ. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Jason Brennan stellt die Frage, wie man mit der Gefährdung der Demokratie durch inkompetente Wähler umgehen soll.

Jason Brennan, Philosoph und Politologe, muss 2016 eine düstere Vorahnung auf den Wahlaus­gang im November gehabt haben. Denn Donald, der Rempler war noch gar nicht gewählt, als er schrieb: „Die Wähler sind mehrheitlich unwissend, irrational und schlecht informiert, dabei jedoch wohlwollend. Obwohl die Bürger bei Wahlen für das stimmen, was ihrer Meinung nach im nationalen Interesse ist, deuten alle Erkenntnisse darauf hin, dass die Wähler in ihrer Gesamtheit inkompetent sind. Sie unterstützen falsche politische Maßnahmen (oder Parteien, die schlechte Politik treiben), was sie nicht tun würden, wenn sie besser informiert wären und die Information rational verarbeiteten.“

Was sich auf den ersten Blick polemisch oder zu­mindest plakativ liest erfährt auf vielen wissen­schaftlich argumentierenden Buchseiten (siehe Abbildung links) eine vertiefende Beweisführung.

Die Wähler-Typen

Jason Brennan gibt in seinem Buch „Gegen De­mokratie – Warum wir die Politik nicht den Un­vernünftigen überlassen dürfen“ eine pointierte Übersicht der wichtigsten Wähler-Typen:

„Hobbits sind politisch im Wesentlichen apathisch und besitzen kaum politische Kenntnisse. Sie haben keine klare und feste Meinung zu den politischen Fragen und oft haben sie überhaupt keine Meinung.“

Im Gegensatz dazu stehen die von Brennan als „Hooligans“ bezeichneten Wähler: „Sie sind fanatische Sportfans der Politik. Sie haben klare und im Wesentlichen unveränderliche politische Ansichten. Sie können Argumente für ihre Überzeugungen vorbringen, aber sie können keine alternativen Standpunkte erklären, um gegenüber Personen mit anderen Absichten überzeugend zu argumentieren.“

Von den „Hobbits“ und den „Hooligans“ unter­ scheidet sich die dritte Wählergruppe wesent­ lich: „Vulkanier denken in politischen Dingen wissenschaftlich und rational. Sie besitzen Selbstkenntnis und hegen nur Überzeugungen, die sie belegen können. Sie halten Personen, die anderer Meinung als sie sind, nicht für dumm, böse oder selbstsüchtig.“

Wählerzulassungsprüfung

Speziell in Österreich, wo „Krone“, „Heute“ und „Österreich“ die Leitmedien eines Großteils der wählenden Bevölkerung sind, klingt Brennans Vorschlag einer Wählerzulassungsprüfung plau­sibel: „Die Prüfung würde jene Bürger aussieben, die extrem schlecht über die Wahl informiert sind oder keine grundlegenden sozialwissenschaftlichen Kenntnisse vorweisen können.“

In der aktuellen Form der Demokratie mit uni­versellem Wahlreicht sieht Brennan eine Gefahr, die in den USA und im Brexit beklemmende Wirklichkeit wurde: „Meine Mitbürger üben auf riskante und inkompetente Art und Weise Macht über mich aus. Das macht sie zu meinen bürgerlichen Feinden.“

Den einzigen Trost der seiner Meinung mangel­haft konstruierten Demokratie sieht der Autor im Staatsapparat: „Wie wir gesehen haben, handeln die Bevollmächtigten der Regierung in modernen Demokratien oft besser, als man erwarten würde, denn es gelingt ihnen, Dinge zu tun, die nicht den Präferenzen ihrer inkompetenten Wähler entsprechen. Wenn es so ist, habe ich weniger Grund, meine Mitbürger zu verabscheuen.“


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