Holacracy: mein persönliches Resümee zum Einblick in ein modernes Management-System in Kreisen

Holacracy: mein persönliches Resümee zum Einblick in ein modernes Management-System in Kreisen

Xpreneurs hat eingeladen zum Tagesworkshop rund um das agile Organisationmodell Holacracy. Stattgefunden hat dieses Schnuppern am 1. Juni 2017 im Launchlab 8 in Basel. Patrick Scheuerer ist unser Inspirator und Facilitator für diesen Tag. Er ist einer der Cracks, wenn es um Holacracy geht. So führt er uns gleich zu Beginn vor Augen, weshalb das bisherige Organigramm ein Auslaufmodell ist. Während die Aufbauorganisation in Zeiten der industriellen Revolution von Nöten war, um Massenproduktion zu ermöglichen, ist sie heute eher ein sperriges Gebilde, das Macht- und Entscheidungswege an einzelne Funktionen und Personen bindet und dadurch Unternehmen träge und unflexibel macht. Es leuchtet ein: heute, wo Dynamik, Agilität und Geschwindigkeit gefragt sind, braucht es neue Formen, neue „Betriebssysteme“. Und eines davon ist Holacracy. Doch was beinhaltet der Ansatz von Holacracy, der Organisationsform „in Kreisen“?

Im Vergleich zur klassischen Organisation geht es bei Holacracy darum, Autorität und Entscheidungshoheit zu dezentralisieren statt an Wenige zu binden. Wir sprechen nicht mehr von Funktionen oder Stellen, sondern konsequent von „Rollen“. Unter Rollen versteht man die Aufgaben, welche es in einem Unternehmen braucht. Zur Rolle werden auch die nötige Entscheidungskompetenz und Verantwortung übertragen. Aber aufgepasst: Kompetenz und Verantwortung sind nicht nur Privileg, sie sind auch Pflicht. Und diese will erprobt, geübt und erlernt sein. Das spüren wir an diesem intensiven Tag sehr deutlich. Lernen ist denn auch ein zentrales Stichwort bei Holacracy. Es geht nicht darum, stets die absolut beste Möglichkeit zu finden, sondern mit jeder Entscheidung einen sinnvollen Schritt vorwärts zu tun. Das macht die Entscheidungsfindung enorm schnell und gibt der lernenden Organisation eine fundamental neue Bedeutung. Spannend, nicht wahr? Beeindruckend ist auch, wie einzelne Rollen in ein grösseres Gebilde – sogenannte Kreise - zusammengefasst werden. Kreise entsprechen im weitesten Sinn einer Art Team. Die Zusammenarbeit in Kreisen ist geprägt durch klare Strukturen, zu der zwei Typen von Meetings gehören: das Tactical und das Governance Meeting. Ziel des Tactical Meetings ist, vorhandene Störungen (Probleme) unter Einbezug der betroffenen Rollen zu lösen. Aber Achtung: ein Tactial Meeting ist kein nettes Geplauder. Es ist ein hochstrukturierter Anlass mit klaren Spielregeln. Wenn z. B. eine Rolle eine Störung (ein Problem) benennt, sind nicht einfach alle Rollen eingeladen, Lösungsideen einzubringen. Vielmehr bestimmt die Rolle, welche das Problem einbringt, wer an der Lösungsfindung beteiligt werden soll. Die anderen haben zu schweigen. Nicht ganz einfach, dennoch eindrucksvoll produktiv. Es redet mit, wer etwas zu sagen hat. Punkt. Sich zurückhalten und Dinge aus „Beobachtersicht“ laufen zu lassen fällt mir persönlich jedoch immer wieder schwer. Ich übe noch. Vielleicht gelingt es ja im Governance Meeting besser. Hier bearbeiten wir übergeordnete Fragestellungen, wie z. B. das Anpassen einer Rolle oder die Definition/Änderung von Richtlinien. Auch hier führt uns Patrick als Facilitator durch das Meeting. Auch hier bringt sich nur die Rolle ein, die offiziell dazu eingeladen wird. Es fällt mir nach wie vor schwer, doch am Ende wird mir klarer: sich dort einbringen, wo es von der Rolle her Sinn macht und sich andernfalls zurück zu nehmen ... auch wenn viele Impulse zum Mitreden da sind ... ist lernbar. Und kann sehr entlastend sein. Aber vor allem beschleunigt es die Dinge und liefert eine starke Antwort auf die Frage, wie sich ein Unternehmen agil und dynamisch bewegen kann. Am Ende gehe ich mit dem guten Gefühl heim, dass Holacracy ein hochdynamisches Management-System ist, das überzeugt und gleichwohl erlernt werden will. Es braucht nebst dem loslassen bisheriger Strukturen und Machtgebilde auch intensives Training und Angewöhnungszeit, um den Schritt aus der bisher hierarchisch dominierten Organisation in die agile, rollenfokussierte Welt einzutauchen. Und an diesen Themen bleibe ich dran und halte euch auf dem Laufenden.

Michael Schützenhofer

Das Wunder unseres Geistes besteht nicht darin, dass wir die Welt sehen können, wie sie ist, sondern dass wir die Welt sehen können, wie sie nicht ist.

7 Jahre

Super Überblick Heidi! Ich glaube, der Erste, der das begriffen hat, war der unglaublich kluge Karl Valentin. Zitat: "Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen". So gesehen könnte alleine die Meetingkultur die Menschheit wirklich weiter bringt :-)

Graciela Bachmann

Data Governance Expert

7 Jahre

Eine geballte Ladung an Inputs, neuen Erkenntnissen, Inspiration und Aha-Effekte war dieser Tag mit den Xpreneurs in Basel - eine empfehlenswerte Veranstaltung. Danke, dass du dein Resümmee hier teilst Heidi Weber Rüegg! Aus deinem sehr präzis geschriebenen Artikel habe ich das für mich genommen: "Es braucht nebst dem loslassen bisheriger Strukturen und Machtgebilde auch intensives Training und Angewöhnungszeit, um den Schritt aus der bisher hierarchisch dominierten Organisation in die agile, rollenfokussierte Welt einzutauchen. " Ich lerne weiter!

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