Individuell und Digital. Was erfolgreiche Services im B-to-B-Bereich ausmacht
Wie können Unternehmen in unsicheren Zeiten Wettbewerbsvorteile sichern?
@Prof. Wissing erklärt im aktuellen Interview, warum Individualisierung und Digitalisierung entscheidend für den Erfolg im B-to-B-Service sind. Dabei geht es nicht nur um maßgeschneiderte Lösungen, sondern auch um die zentrale Rolle der Digitalisierung – von der Automatisierung bis zur Kundenzentrierung.
Lieber Prof. Wissing, in Ihrem neuen Buch betonen Sie, wie wichtig Individualisierung und Digitalisierung für erfolgreiche B-to-B-Services sind. Warum?
Weil Unternehmen, die in ihren Märkten maßgeschneiderte Lösungen anbieten, eine stärkere Kundenbindung erzielen. Wir denken z.B. an Total Care von Rolls-Royce, oder an die Web-Service-Angebote von Amazon. Das macht Umsätze planbarer und resilienter gegenüber Krisen. Wichtige Punkte, denn nicht zuletzt während der Corona-Pandemie haben wir erlebt, wie verletzlich Menschen und Unternehmen sind. VUCA wurde zur weltweiten Realität. Denn Unbeständigkeit, Ungewissheit, Mehrdeutigkeit und Komplexität bestimmten unseren Alltag und bestimmen ihn nach wie vor. Wenn es in einem solchen Marktumfeld dann noch gelingt, individuelle Lösungen effizient zu erbringen, dann entstehen Profitabilität und nachhaltige Wettbewerbsvorteile.
Und welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Digitalisierung?
Sabine Haller und ich glauben: Eine ganz wichtige. Die Digitalisierung ist ein Metatrend unserer Zeit. Sie prägt alle Bereiche unseres Lebens. Mir sind kaum Forschungs-, Lehr- oder Beratungsprojekte im Managementbereich bekannt, in denen die Digitalisierung keine Rolle spielt. Daher ist die Digitalisierung logischerweise auch ein wichtiges Thema für die Individualisierung von Dienstleistungen. Was in den Unternehmen konkret diskutiert wird, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, z.B. von der Frage, ob es sich um einen originären Anbieter von Services handelt oder um eine Produzentin von Sachgütern. Letztlich geht es aber zumeist darum, die Funktionalität von Serviceprodukten und die entsprechenden Nutzerschnittstellen an das Mediennutzungsverhalten von Kund*innen und Mitarbeiter*innen anzupassen. Ebenso wird häufig versucht, mit der Digitalisierung Automatisierungsvorteile und Kosteneinsparungen bei der Serviceerbringung zu realisieren. Zudem geht es vermehrt auch darum, digitalen Anforderungen des Staates, von Partner*innen und von anderen Stakeholder*innen in relevanten Ökosystemen zu entsprechen. Zu betonen ist: Aufgaben wie diese sind keine Selbstläufer. Häufig werden die damit verbunden Herausforderungen unterschätzt.
Von welchen Herausforderungen sprechen Sie konkret?
Das variiert im Bereich der B-to-B-Services stark und hängt davon ab, über welche Branchen, Geschäftsmodelle und Marktsituationen wir sprechen. Grundsätzlich können wir externe und interne Herausforderungen voneinander unterscheiden.
Zu den externen bzw. kundenbezogenen Herausforderungen zählen die Flexibilisierung und Modularisierung von Marktleistungen, um diese effizient individualisieren zu können. Erfolgreichen Serviceanbietern im B-to-B-Bereich wird es zudem gelingen, die Transformation von Kundenorientierung zur Kundenzentrierung und weiter zur Experiencezentrierung zu meistern. Zudem wird der Erfolg am Absatzmarkt von der Güte des Interaktionsdesigns abhängen. Es ist eine wichtige Aufgabe, das Zusammenspiel von Kund*innen und Mitarbeiter*innen, von Kund*innen und Unternehmenssoftware und von Kund*innen-Software und Unternehmenssoftware erfolgreich zu gestalten. Ein letzter Punkt bezieht sich auf Technologien. Stabile Unternehmenserfolge werden sich in Zukunft auch dadurch erklären lassen, wie gut es Serviceanbietern gelingt, neue Technologien wie z.B. Plattformen, Roboter oder KI-Algorithmen zu entwickeln, auf ihre Eignung hin zu prüfen und in die Individualisierung der eigenen Produkte einzubinden.
Zu den internen bzw. firmenbezogenen Herausforderungen zählt der Aufbau eines Innovationsmanagements, das vor allem mit den Ungewissheiten in den frühen Phasen der Innovationsarbeit umzugehen weiß. Hinzu kommt, dass es ein Spannungsfeld im Prozess- und Projektmanagement zu meistern gilt. Auf der einen Seite werden Abläufe und Vorhaben durch den Einfluss neuer Technologien und die steigende Vernetzung von Menschen und Maschinen latent komplexer. Auf der anderen Seite steht das Streben nach Vereinfachung und Transparenz in vielen Bereichen unserer Gesellschaft. Es ist keine triviale Aufgabe, hier eine optimale Balance zu finden. Zudem sehen wir grundsätzliche Umbrüche im Vertrieb von individualisierten Diensten und der Marketingkommunikation dazu. Die entsprechenden Phänomene, die in Zukunft eine Rolle spielen, sind mannigfaltig und reichen z.B. von intelligenten Sales Bots, Vertrieb im Web 3.0 über Social Selling und Influencer bis zur Steuerung von Kampagnen in Echtzeit.
Empfohlen von LinkedIn
Im Interview:
Prof. Dr. Christian Wissing lehrt zu interdisziplinären Fragen des Marketings an der BSP – Business & Law School Berlin.
Die Autoren
Sabine Haller und Christian Wissing beschäftigen sich seit Jahren mit der Erforschung, dem Management und der Lehre zu Dienstleistungen. Zahlreiche Forschungsberichte und Managementprojekte sind das Resultat. Zudem sind Sabine Haller und Christian Wissing die Autoren des Lehrbuches „Dienstleistungsmanagement“, das aktuell in der 9. Auflage bei Springer Gabler erhältlich ist.
Das Buch
Bestellbar im Springer-Shop, auf Amazon und im lokalen Buchhandel mit der ISBN 978-3-658-44999-5
Professor of Marketing at BSP Business and Law School
1 WocheSehr gerne. Und besten Dank für die Möglichkeit, über dieses spannende Thema zu dürfen.