Was ist Dithering?
Was ist Dithering. ©b y Mondstein Records

Was ist Dithering?

In der digitalen Audioproduktion haben wir es immer wieder mit Files zu tun, die verschiedenen Bit-Tiefen haben. 

Wir können voraussetzen, dass jedes Bit den Dynamikumfang von 6db abbildet. Bei 16 Bit entspricht das einem Dynamikumfang von 96dB (16x6). Bei 24 Bit beträgt er 144dB (24x6).

Zudem erlaubt die grössere Bit-Tiefe eine akkuratere Abbildung der Dynamik. Während ein 16 Bit File maximal 65’536 (216) Lautstärkeschritte darstellen kann, hat eine 24 Bit Datei 16’777'216 (224) Möglichkeiten die Lautstärke abbilden.

Was hat das mit meiner Produktion zu tun?

So wie die meisten Produzenten wirst wahrscheinlich auch Du deine Songs mit einer Qualität von 24 Bit aufnehmen. Wenn Du deine Musik aber veröffentlichen möchtest, kommst Du nicht daran vorbei deine Files in 16 Bit anzubieten. Die normale Audio CD (Red Book) und auch viele Onlineportale verlangen deine Musik in 16 Bit.

Das stellt uns vor ein Problem, denn die verwendeten 24 Bit können leisere Signale viel besser abbilden als das Endformat in 16 Bit. Wenn Du nun das 24 Bit File in deiner DAW als 16 Bit Datei renderst, werden die unteren 8 Bit einfach abgeschnitten (engl.: truncation). Die leisen Signale, welche in den unteren 8 Bits abgebildet werden, sind nun einfach nicht zu hören.

Wozu brauche ich nun das Dithering?

Nehmen wir als Beispiel eine Hallfahne welche immer leiser wird. Beim Konvertieren von 24 auf 16 Bit wird das Ende der Hallfahne abrupt abgeschnitten und ein natürlicher Ausklang wird dadurch verhindert. Die letzten Bits springen zwischen Null und Eins hin und her und verursachen dabei digitale Verzerrungen, die auf uns psychoakustisch störend wirken.

Durch das Hinzufügen von ganz leisem Rauschen (zufällige Werte mit der Tiefe von 1 Bit) können wir diese Quantisierungsfehler maskieren. Leise Signale werden dadurch wieder hörbar und die Verzerrungen verschwinden. Das Rauschen im Signal wird zwar erhöht doch die verlorene Auflösung wird rekonstruiert. Dieses Rauschen nennt man «Dithering» (engl.: Zittern).

Wie kann ich mir das vorstellen?

Stell dir vor, Du stehst vor einem Lattenzaun und schaust hindurch. Du siehst zwar einen Teil des dahinterliegenden Gartens sehr scharf, doch andere Teile sind durch die Latten verdeckt. Dein Gehirn kann nun die fehlenden Informationen berechnen und Du kannst dir in etwa vorstellen, wie der Garten im Gesamten aussieht. Doch vielleicht verdeckt der Zaun eine Blume. Da Du diese nicht erahnen kannst, wird sie in deinem Gesamtbild nicht vorkommen.

Wenn Du nun am Lattenzaun vorbeiläufst bewegen sich die Latten durchs Bild. Das ganze wird zwar ein bisschen verschwommen, doch die Details sind auf einmal sichtbar. Auch die Blume, die genau hinter einer Latte des Zauns steht.

Dithering funktioniert genau so. Eine gewisse Unschärfe wird hinzugefügt, damit die Details besser zum Vorschein kommen.

Welches Rauschen soll ich benutzen?

Mit der Zeit sind viele verschiedene Arten von Dithering Rauschen entwickelt worden.

Die meist benutzen sind:

  • POW-r#1 Dithering (Psychoacoustically Optimized Wordlength Reduction)
  • POW-r #2 Noise Shaping
  • POW-r #3 Noise Shaping
  • Apogee UV22HR

Im Grunde genommen spielt die Wahl des Dithers keine grosse Rolle. Ich benutze gerne Das POW-r #2 Noise Shaping, da es für meinen Geschmack am wenigsten in die Frequenzen zwischen 1000Hz und 5000Hz eingreift. In diesem Frequenzband ist das menschliche Ohr am empfindlichsten. Laut der Flecher Munson Kurve hören wir in diesem Bereich am detailliertesten. Deshalb möchte ich diese Frequenzen am liebsten unangetastet lassen.

Wann soll ich Dithern?

Dithering solltest Du nur einmal, ganz am Ende deiner Produktion anwenden. Falls Du also selbst masterst ist das Dithering der letzte Schritt beim Konvertieren deiner Files von 24 Bit in 16 Bit. Du möchtest ja das Rauschen nicht mit Kompressoren und Limitern lauter machen und ins Frequenzbild desselben eingreifen.

Falls Du deinen Track einem Mastering Engineer überreichst, wird er das Dithering für dich übernehmen. Liefere ihm das File in der grösstmöglichen Auflösung aus.

Im folgenden Video zeige ich was das Dithering mit dem abgeschnittenen Signal anstellt.

Schritt 1:

Ich senke die Lautstärke eines 24 Bit Musikstückes um 60dB ab und rendere das Signal in 16 Bit. Somit stehen dem Track nur noch lediglich 6 Bit zur Verfügung:

  • 96dB =16 Bit
  • 36dB = 6 Bit

Schritt 2:

Diesem Signal füge ich nun ein Rauschen hinzu (UV22HR) und rendere es nochmals in 16 Bit.

Schritt 3:

Die beiden Files werden normalisiert, um sie in einer Lautstärke wiederzugeben, die wir auch entspannt hören können.

Schritt 4:

Beim direkten Vergleich zwischen dem abgeschnittenen und dem geditherten File hört man wie das rohe File Verzerrungen aufweist und manchmal sogar für ganz kurze Zeit stumm ist.

Das geditherte File rauscht zwar stärker, doch die Feinheiten sind hörbar und die Verzerrungen verschwunden. 

Rauschen klingt für uns angenehmer als Verzerrungen und wir können psychoakustisch viel besser damit umgehen.

Thom Wettstein, Mondstein Records



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