Was ist mein IT-Unternehmen wert?
«Der Preis wird vom Markt gemacht, nicht vom Verkäufer.»
Immer wieder beobachten wir, dass Verkaufsvorhaben bereits früh mit einer – mehr oder weniger – konkreten Preisvorstellung seitens des Verkäufers starten.
Aus Verkäufersicht ist es jedoch kontraproduktiv einen Wunschpreis zu kommunizieren. Aus zwei Gründen. Erstens lässt sich kein Verkaufspreis allein über die Finanzzahlen «errechnen», zweitens wirkt ein einmal genannter Preis wie ein fixer Anker, der sich beim Käufer nur sehr schwer verschieben lässt – zumindest nach oben. Dabei spielt es keine Rolle, ob über einen festen Preis oder nur über Grössenordnungen gesprochen wurde.
Der Wert muss vom Markt her gemacht werden. Je nach Käufer, und je nach Absicht und dahinter liegender Strategie, können Kaufpreise dabei sechststellig bis sogar siebenstellig voneinander abweichen. Was dem einen viel wert ist, bringt einem anderen nichts – und ist aus seiner Sicht somit auch nur wenig wert.
Hinzu kommt, dass der Kaufpreis ohnehin nur ein Teil der Transaktion darstellt. Entscheidend ist das Kaufpreismodell, das weitere Bausteine der Abgeltung wie beispielsweise Rückbeteiligungen, Earn-Outs, Beraterverträge, Geschäftsführeranstellungsverträge etc. beinhalten kann.
Erst in der Summe aller Bausteine kann der effektive Kaufpreis bestimmt werden und es wird klar, welchen Mittelzufluss ein ausscheidender Gesellschafter nach einer Transaktion real erwarten kann.
Einflussfaktoren der Wertbildung
Auch wenn der Wert massgeblich vom Markt und von der Strategie des Käufers bestimmt wird, so hat der Verkäufer dennoch erheblichen Einfluss auf die Preisbildung im Kopf des Käufers. Diesen Einfluss gilt es vor dem Start des Verkaufsprozesses und kontrolliert in jeder Phase des Verkaufs zu nutzen.
Als Verkäufer sollten Sie daher die kritischen Einflussfaktoren auf die Bildung des Unternehmenswerts unbedingt kennen.
Die Herausarbeitung und Positionierung der Einflussfaktoren, oder «Assets», wie sie oft genannt werden, ist stark käuferabhängig. Was heisst, dass beispielsweise die Darstellung Ihres Leistungsangebots für den einen Käufer aufgrund seiner Strategie beispielsweise stark hersteller- und technologieorientiert, für einen anderen aber eher geschäftsmodellorientiert aufgebaut sein sollte.
Im Umkehrschluss heisst es aber auch, dass der Kreis der anzusprechenden Käufer und Investoren bereits frühzeitig im Prozess bestimmt werden sollte. Das Käuferuniversum ist für den Erfolg der ganzen Transaktion von ausschlaggebender Bedeutung. Hier wird bereits die konkrete Idee herausgearbeitet, welcher Käufer nach Abschluss einer Transaktion potentiell die höchste strategische Passung erreichen könnte und wo mögliche (gemeinsame) Wachstumspotentiale in der Zukunft liegen.
Die Wertbildung Ihres IT-Unternehmens wird zur Hauptsache von den nachfolgenden Einflussfaktoren bestimmt:
Geschäftsmodell: Wie funktioniert Ihr Geschäftsmodell? Womit und wie verdient Ihr Unternehmen Geld? Wie krisensicher ist Ihr Geschäftsmodell? In welchen Bereichen erzielen Sie die besten Bruttoerträge? Wie hoch ist die Reichweite Ihrer Kundenverträge? Und vieles mehr.
Leistungsangebot: Hinter Ihrem Leistungsangebot stehen ausgewählte Hard- und Softwarehersteller und zum Teil eigene Produkte und klar definierte (Cloud und Managed) Services. Zusätzlich können Sie mit langjährigen Projekterfahrungen in ausgewählten Disziplinen wie beispielsweise Netzwerk und Security, Backup und Virtualisierung, Collaboration und Business Intelligence punkten. Die Verbindungen zu den Herstellern werden oft durch entsprechende Zertifizierungen und durch Liefer- und Partnerverträge repräsentiert.
Kundenbasis: Wer sind Ihre Kunden? Aus welchen Branchen und Industrien kommen sie? Welche namhaften Brands gehören zu Ihren Kunden? Wo sind Ihre Kunden geografisch lokalisiert? Wie viele Jahre sind die grössten 10 Kunden bei Ihrem Unternehmen? Wie viel Umsatz und Ertrag haben die TOP 10 und TOP 20 Kunden in den letzten 3 Jahren gebracht? Und vieles mehr.
Kompetenzen und Alter der Mitarbeiter: Ein Nachfolger und Investor kauft mit einem IT-Unternehmen immer auch die Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeiter. Insbesondere in Zeiten von Fachkräftemangel in der IT ist das häufig sogar das primäre Motiv für einen Unternehmenszukauf. Gleichzeitig will der Käufer ein Gefühl für die Nachhaltigkeit der Kompetenzbasis entwickeln. Schlüsselfragen sind dabei: Wo liegt das Durchschnittsalter der Techniker und Engineers? Wer verfügt über welches Spezial Know-how und welche Herstellerzertifizierungen? Wird selber ausgebildet? Wie viel wird pro Jahr in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter investiert?
Marktposition: Welche Position gegenüber dem Wettbewerb hat sich Ihr IT-Unternehmen in seinem Markt – thematisch und geografisch – erarbeitet? Wie bekannt ist es? Welchen Ruf geniesst es? Sind Sie eventuell in einem Segment sogar Marktführer?
Unternehmenskultur: Wie gut funktioniert Ihr Unternehmen im Inneren? Arbeiten Ihre Mitarbeiter eigenverantwortlich und motiviert? Gibt es belastbare Prozesse und Kommunikationswege? Herrscht ein gutes Betriebsklima? Ist die Fluktuation tief? Finden Sie relativ einfach neues Personal?
Finanzkennzahlen: Selbstverständlich wird der Wert auch durch Ihre Finanzkennzahlen beeinflusst. Relevant sind beispielsweise der Umsatz bzw. Ertrag insgesamt und pro Mitarbeiter, die Aufteilung der Erträge auf Produkte und Geschäftsfelder, die verschiedenen Deckungsbeiträge, die EBITDA- und die EBIT-Marge und die Bilanzstruktur. Regelmässig kommen je nach Investor weitere Kennzahlen hinzu.
Eigene IP und Markenrechte: Verfügt Ihr Unternehmen über eigenes Intellectual Property (kurz «IP»), z.B. in Form einer selbst entwickelten Softwarelösung? Wurde dieses IP auch entsprechend mit einer Marke und Markenrechten ausgestattet? Wie ist die Position Ihrer Marke zu beurteilen? Was könnte ein Käufer zukünftig mit der geschaffenen IP und/oder Ihre Marke anfangen?
Divergierende Sichten von Verkäufer und Käufer
Naturgemäss schauen Verkäufer und Käufer aus ganz unterschiedlichen Perspektiven auf ein zu verkaufendes Unternehmen.
Doch es gilt: «Der Wurm muss dem Fisch schmecken». In diesem Sinne sollten Sie als Verkäufer vor allem den Blick des Investors verstehen, damit Sie sich im Verkaufsprozess einerseits darauf vorbereiten, andererseits auch seine Erwartungen bestmöglich bedienen können.
Vereinfacht gesagt, sucht ein Käufer nach Objekten zu einem günstigen Preis mit wenig Risiko. Gleichzeitig schaut er aber auch auf das Geschäftsmodell und die organisatorische Reife Ihres Unternehmens und will auch Ihr persönliches Verkaufsmotiv kennenlernen und verstehen. Können Sie dieses nicht schlüssig darlegen, so läuten beim Käufer sofort die Alarmglocken.
Am Ende des Tages liegt der Erfolg eines Deals aber bei den Synergien der Geschäftsmodelle von Verkäufer und Käufer. Je näher diese zusammen liegen, desto besser sind die Erfolgschancen und am Ende auch der zu erzielende Kaufpreis.
Unsere kostenlosen Praxisleitfäden für einen erfolgreichen Verkauf von IT- und Software-Unternehmen beantworten die wichtigsten Fragen, die sich Unternehmer beim Verkauf ihres Unternehmens stellen sollten.
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4 JahreSpannender Einblick an was man auch noch denken sollte.
Vielen Dank für die Auslegeordnung - da kann ich nur vollständig zustimmen. Zusätzlich würde ich noch die Komponente der strategischen Alternativen des Käufers erwähnen: Neben einer Unternehmensübernahme kann als Alternative das organische Wachstum mit all seinen Vor- und Nachteilen in die Überlegungen einbezogen werden. Organisches Wachstum ist immer mindestens gleich teuer und dauert natürlich wesentlich länger. Damit ergibt sich eine zusätzliche Wertkomponente.