Kann der US-Dollar noch weiter aufwerten?
Rund zwei Wochen sind seit den Präsidentschaftswahlen in den USA vergangen. Inzwischen steht fest, dass die Republikaner neben dem Senat auch das Repräsentantenhaus für sich gewinnen konnten. Donald Trump hat damit einen klaren Wählerauftrag erhalten und kann nun seine politische Agenda umsetzen. Die ersten Tage nach der Wahl waren geprägt von einer Reihe neuer Allzeithochs an den US-amerikanischen Aktienmärkten. Doch während die Märkte in den letzten Tagen wieder den Rückwärtsgang eingelegt haben, konnte der US-Dollar seine Stärke behaupten. Die Frage ist: Wie stark kann der Trump-Dollar noch werden?
Die US-Wirtschaft steuert auf eine weiche Landung zu und zeigt sich deutlich robuster als die europäische Konjunktur. Die Inflation in den USA nähert sich dem Ziel der Notenbank, während sich die Auslastung der Produktionsfaktoren normalisiert, ohne das Wachstum abzuwürgen. Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA wird im Durchschnitt nur noch auf 25 Prozent geschätzt. Ob es zu einer Rezession kommt, hängt auch von der US-Notenbank ab. Senkt sie die Leitzinsen zu langsam, droht eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums oder schlimmstenfalls eine Rezession. Senkt sie die Leitzinsen zu schnell, könnte die Inflation wieder anziehen. Aktuell scheint die Fed den richtigen Mittelweg gefunden zu haben.
Der Einfluss der Politik erschwert das Handeln der Notenbank zusätzlich, wobei das Wahlprogramm von Donald Trump die entscheidende Rolle spielt. Das angekündigte Maßnahmenpaket in der Handels-, Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik ist umfangreich. Der designierte US-Präsident plant Importzölle in Höhe von zehn bis 20 Prozent auf alle Importgüter, auf chinesische Waren sogar in Höhe von 60 Prozent. Im Gegenzug dürfte die Nachfrage nach US-Gütern deutlich steigen. Die Abschiebung von rund elf Millionen illegalen Einwanderern, von denen schätzungsweise acht Millionen auf dem US-Arbeitsmarkt beschäftigt sind, dürfte angesichts von bereits sieben Millionen offenen Stellen den Lohndruck wieder erhöhen. Schließlich sollten Steuererleichterungen die ohnehin starke inländische Verbrauchernachfrage zusätzlich stimulieren. All dies sind Maßnahmen, die letztlich die Inflation wieder anheizen könnten. Nun mag man einwenden, dass im Wahlkampf viel versprochen wird und am Ende meist weniger herauskommt als angekündigt. Aber selbst wenn nur ein Teil der angekündigten Maßnahmen umgesetzt wird, dürfte der Inflationsdruck zunehmen.
Ist ein erhöhter Inflationsdruck gut oder schlecht für den US-Dollar? Die Antwort auf diese Frage hängt vor allem von der Effektivität der Notenbankpolitik ab. Gelingt es der Fed, einen erneuten Inflationsanstieg durch eine aktive Geldpolitik in Schach zu halten, dürfte sich die Wirtschaftspolitik der kommenden Administration tatsächlich positiv auf die Wirtschaft und den Außenwert des US-Dollar auswirken. Die Frage wird sein, ob die Fed ihre strikte stabilitätsorientierte Geldpolitik fortsetzen kann oder ob sie angesichts des zunehmenden politischen Drucks die Zinsen stärker als nötig senken wird. Dies würde den US-Dollar schwächen.
Ein wichtige, aber schwer einzuschätzende Rolle für die Entwicklung des Wechselkurses spielt die Staatsverschuldung der USA. Bereits heute liegt das öffentliche Haushaltsdefizit bei rund 6,5 Prozent und damit deutlich über dem Durchschnitt der letzten 25 Jahre, der 4,3 Prozent beträgt. Wenn man die großen Krisen in diesem Zeitraum wie den Lehman-Kollaps oder die Covid-Pandemie ausklammert, hat das öffentliche Defizite den höchsten Wert der letzten 25 Jahre erreicht. Die Staatsverschuldung ist bereits auf rund 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen und liegt damit höher als zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Prognosen gehen von einem Anstieg der Schuldenquote auf über 140 Prozent bis 2030 aus, womit die USA Länder wie Griechenland und Italien überholen würden.
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Droht den USA also eine Staatsschuldenkrise? Nicht, wenn es den USA gelingt, ihre globale Vormachtstellung zu behaupten. China hat seinen Anteil am Welt-BIP in den letzten 40 Jahren zwar vervielfacht, aber reicht das aus, um den USA ihren Status streitig zu machen? Zum US-Dollar als globaler Leitwährung gibt es weiterhin kaum eine Alternative. Der US-Dollar ist eine der ganz wenigen Währungen, die weltweit uneingeschränkt handelbar und liquide sind. Dazu kommt, dass die USA den weltweit größten und liquidesten Kapitalmarkt haben und so alle Voraussetzungen einer Reservewährung erfüllen.
Rund 60 Prozent der weltweiten Devisenreserven entfallen auf den US-Dollar, weniger als fünf Prozent auf den Yuan. Der Devisen- und Rohstoffhandel wird vom US-Dollar dominiert. Zudem ist der Yuan aufgrund der fehlenden Liberalisierung der chinesischen Finanzmärkte nicht frei konvertierbar. So gesehen muss auch die steigende Staatsverschuldung der USA (noch) nicht den Niedergang als Weltmacht und das Ende des US-Dollar als globaler Leitwährung einläuten.
Das wichtigste Argument gegen eine weitere Dollarstärke ist die fundamentale Bewertung des US-Dollar. Gemessen an der Kaufkraftparität ist der Greenback nicht nur gegenüber dem Euro deutlich überbewertet. Die Kaufkraftparität legt einen Euro-Dollar-Wechselkurs von etwa 1,35 nahe, was weit über dem aktuellen Niveau liegt.
Fundamentale Fehlbewertungen können allerdings lange bestehen bleiben. Das kurzfristige Momentum spricht eher für eine weitere Dollar-Stärke. Aus Sicht der neuen Administration könnte ein starker US-Dollar die preistreibenden Effekte höherer Zölle abdämpfen und daher billigend in Kauf genommen werden. Mittelfristig könnten aber die Staatsverschuldung und die fundamentale Bewertung für Gegenwind sorgen. Mit Blick auf das nächste Jahr erscheint eine Schwankungsbreite zwischen Parität und 1,10 realistisch. Für Ende 2025 erwarten wir einen Wechselkurs von 1,05 und damit ein ähnliches Niveau wie heute.
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