Aktien profitieren von der Politik
Ein weiteres gutes Aktienjahr neigt sich dem Ende entgegen. Sinkende Inflationsraten, Leitzinssenkungen und stabile Unternehmensgewinne haben die Aktienkurse weltweit beflügelt. Dank der deutlich besser als erwarteten Konjunktur- und Gewinnentwicklung in den USA konnte der S&P 500 den STOXX Europe 600 erneut schlagen. Während die Unternehmen des S&P 500 ihre Margen ausweiteten, gingen sie bei den Unternehmen des STOXX Europe 600 zurück. Besonders eklatant ist der Unterschied in der Wertentwicklung zwischen US-amerikanischen und europäischen Aktien in der zweiten Jahreshälfte. Während US-Aktien um 13 Prozent zulegten, trat der STOXX Europe 600 auf der Stelle.
Die schwache Konjunktur und die politische Instabilität in Frankreich und Deutschland belasten die europäischen Aktien. Die Performance des DAX mag angesichts der schwachen Wirtschaftsdynamik in Deutschland überraschen, lässt sich aber durch die internationale Ausrichtung der DAX-Konzerne, die günstigen Bewertungen, die Rekordhöhe der ausgeschütteten Dividenden und den Wertzuwachs der SAP-Aktie, der fast die Hälfte der gesamten DAX-Performance ausgemacht hat, erklären. Auch der japanische Aktienmarkt entwickelte sich positiv, wobei die Rendite in Yen höher ausfiel als in Euro oder US-Dollar.
Dank der republikanischen Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses („Red Sweep“) wird Donald Trump seine politische Agenda weitgehend umsetzen können. Seine zweite Amtszeit wird sich jedoch in einigen entscheidenden Punkten von der ersten unterscheiden. Die US-Wirtschaft befindet sich in einer späteren Phase des Konjunkturzyklus, die Staatsverschuldung ist um 25 Prozentpunkte höher und die langfristigen Zinsen könnten trotz der Zinssenkungen der Fed sogar steigen, was die Gewinnmargen belasten würde. Ein schwächeres globales Wachstum, höhere Zölle und eine Verknappung des Arbeitskräfteangebots aufgrund von Einwanderungsbeschränkungen könnten die US-Unternehmen zusätzlich vor Probleme stellen.
Der Bloomberg-Analystenkonsens prognostiziert für den S&P 500 im kommenden Jahr ein durchschnittliches Umsatz- und Gewinnwachstum von 6,1 bzw. 11,7 Prozent. Diese Entwicklung wird nicht nur von den Aktien der „Magnificent 7“ getrieben. Auch für die übrigen 493 Unternehmen im S&P500 erwartet der Markt für die Jahre 2025 und 2026 ein Gewinnwachstum von 11 bzw. 14 Prozent, was laut UBS einem nominalen BIP-Wachstum von gut fünf Prozent entspricht.
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Im globalen Vergleich sind die Aussichten für US-Aktien attraktiv. Das prognostizierte US-Wirtschaftswachstum liegt deutlich über dem anderer Industrienationen. Durch den „Red Sweep“ sind Steuersenkungen für Unternehmen und Verbraucher ebenso durchsetzbar wie Deregulierungen, insbesondere im Finanzsektor. Insgesamt sollten diese Faktoren mögliche Belastungen mehr als kompensieren und die USA im kommenden Jahr zur attraktivsten Aktienregion machen. Wir sehen den S&P 500 Ende 2025 bei 6.650 Punkten.
Als Ergänzung zum US-Large-Cap-Universum sind US-Small und Mid Caps attraktiv, da sie von steigenden Gewinnen, sinkenden Zinsen und strukturellen Veränderungen wie dem Reshoring profitieren. Auch die erwarteten Gewinne je Aktie sind bei Small Caps im Vergleich zu Large Caps sehr attraktiv. Gemessen am Russell 2000 könnten sie laut Analystenkonsens in den nächsten zwei Jahren um durchschnittlich 30 Prozent zulegen und damit deutlich stärker als die Gewinne des S&P 500, die laut Konsens nur um 12 Prozent steigen werden. Allerdings ist der Anteil der unprofitablen Unternehmen im Russell 2000 zuletzt wieder gestiegen und liegt mit rund 44 Prozent nur knapp unter dem höchsten Wert seit 30 Jahren. Aktienrückkäufe, Indexanpassungen, temporäre Sondereffekte und geringere Verluste unprofitabler Unternehmen können dazu führen, dass der erwartete Gewinn je Aktie steigt, ohne dass der Anteil profitabler Unternehmen im Index zunimmt.
Die Ankündigung Trumps, gleich zu Beginn seiner Amtszeit Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China erheben zu wollen, zeigt, welche Länder zunächst im Fokus des US-Protektionismus stehen. Europa hätte hier einen gewissen Vorteil gegenüber China und den direkten Anrainerstaaten der USA. Zudem dürfte Trump daran gelegen sein, einen Anstieg des Ölpreises zu verhindern und damit die US-Verbraucher zu entlasten. Davon würde Europa stärker profitieren als die ölproduzierenden Schwellenländer.
Für den STOXX Europe 600 werden niedrige, aber positive Renditen erwartet, da das schwache Wirtschaftswachstum nur ein moderates Gewinnwachstum zulässt. Die Bewertung liegt mit einem Forward-KGV von 13,1 nahe am 20-Jahres-Durchschnitt. Europäische Aktien könnten sich im kommenden Jahr phasenweise sogar besser entwickeln als US-Titel. Ein Ende des Krieges in der Ukraine oder eine Entschärfung des Handelskriegs würden die Aussichten für Europa verbessern. Vor allem in Deutschland ist die Stimmung bei Unternehmen und Konsumenten so schlecht, dass positive Überraschungen wahrscheinlicher werden. Sollte eine neue Regierung in Deutschland die Schuldenbremse reformieren, würde dies den Aktienmarkt ebenfalls beflügeln. Gleiches gilt für deutlichere Zinssenkungen der EZB und eine weitere Abwertung des Euro.
Mit Blick auf das kommende Jahr bleiben Aktien vor allem aufgrund des politischen Umfelds attraktiv. Die Zentralbanken werden ihren Zinssenkungszyklus fortsetzen. US-Aktien profitieren zudem von der Aussicht auf Steuersenkungen und Deregulierung. Risiken gehen von einer unerwartet starken Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und den möglichen inflationären Folgen von Migrationsbeschränkungen und Handelskriegen aus.
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