Katerstimmung bei Mobility-Startups; die Probleme mit XXL-Autos; Traumjob Kfz-Mechatroniker:in und mehr
Bild: Songsak rohprasit/Getty

Katerstimmung bei Mobility-Startups; die Probleme mit XXL-Autos; Traumjob Kfz-Mechatroniker:in und mehr

Liebe Leser:innen,

Musik aus und Licht an: Die Partystimmung in der Mobility-Branche ist erstmal vorbei, zumindest im Startup-Bereich. Investor:innen sind zunehmend zurückhaltend unterwegs. Das ist eine Entwicklung, die aktuell so ziemlich überall gilt, doch die Mobility-Startups trifft der Investitionsrückgang besonders drastisch. Dr. Andreas Nienhaus erklärt im Interview, was genau das für die Zukunft der Branche und am Ende eben auch für die Mobilitätswende bedeutet – und an welche Mobility-Themen Investor:innen aktuell noch glauben. 

Außerdem schauen wir in dieser Ausgabe auch nach Paris, wo die Parkgebühren für Autos ab September drastisch erhöht werden sollen und fragen uns, wie problematisch XXL-Autos wirklich sind. Dann werfen wir noch einen Blick auf den beliebtesten Ausbildungsberuf 2023: Kfz-Mechatroniker:in. Schrauben steht bei jungen Menschen also noch immer hoch im Kurs, aber wie verändert die Antriebswende das Berufsbild? 

Und auch in dieser Ausgabe interessiert uns eure Meinung zu einem aktuellen Mobilitätsthema: Wir wollen von euch wissen, wie ihr euch das Parkhaus der Zukunft vorstellt. Mehr dazu findet ihr weiter unten in dieser Ausgabe. Wir sind gespannt auf eure Ideen. 

Mit “Mobilität in Kürze” liefert Euch @LinkedIn News DACH alle zwei Wochen einen Überblick über aktuelle Debatten, Neuigkeiten und Expert:innen rund um das Thema Mobilität. Bleibt auf dem Laufenden und diskutiert mit. Um auch im neuen Jahr keine Ausgabe von “Mobilität in Kürze” zu verpassen, klickt auf “Abonnieren”. 


Nach dem Hype: Andreas Nienhaus erklärt, was der Investitionsrückgang für Mobility-Startups bedeutet

39 Milliarden US-Dollar: So viel Geld haben Investor:innen 2023 weltweit in Startups aus der Mobility-Branche gesteckt, heißt es im Mobility Startup Radar von Oliver Wyman. Das klingt erstmal viel, doch zwei Jahre zuvor sind mit 83 Milliarden noch mehr als doppelt so hohe Investitionen in den Bereich geflossen. Was ist seitdem passiert und was bedeutet der massive Investitionsrückgang für die Mobility-Branche? Das und mehr klären wir im Interview mit Dr. Andreas Nienhaus , Partner in den Bereichen Automotive und Mobility sowie Klima und Nachhaltigkeit bei Oliver Wyman. 

Porträtfoto von Andreas Nienhaus

LinkedIn News: Die Investitionen in Mobility-Startups sind in kurzer Zeit drastisch zurückgegangen. Woran liegt das? 

Andreas Nienhaus: Zunächst daran, dass Geld nun wieder Geld kostet. Das war in den letzten Jahren nicht so. Einen Investitionsrückgang gibt es derzeit nicht nur in der Mobility-Branche. Das Gesamtvolumen der Investitionen ist rückläufig. Investoren schauen wieder genauer hin, wo sie ihr Geld anlegen wollen. Gerade im Bereich Mobility kommen wir aus einer Hochzeit, in der viele Unternehmen mit innovativen bis manchmal vielleicht auch recht abenteuerlichen Ideen Geld einsammeln konnten. Jetzt sind Investoren wieder verstärkt auf der Suche nach Sicherheit und Funding-Runden gehen somit wieder an größere, etabliertere Player – so steigt die durchschnittliche Größe der Finanzierungsrunden von 39 auf 52 Mio. USD in 2023, obwohl das Gesamtfunding in der Mobility-Branche von 40 Mrd. USD auf 39 Mrd. USD gesunken ist. Da kommen gerade auch zwei Entwicklungen zusammen: Mobility-Dienstleistungen hatten in den vergangenen Jahren einen regelrechten Hype und haben sehr viel Geld angezogen. Damit war eben auch die Abschwungbasis sehr hoch. Dazu kommt nun, dass der Fokus gerade weg von Zukunftsideen geht, wie dem autonomen Fahren, das langsamer vorankommt als von vielen gehofft, und hin zum Wunsch nach schlichtweg profitablen Geschäftsmodellen. Die Wette auf ‘alles ist autonom und shared’ geht in der Mobility-Branche vorerst nicht auf und das bringt einen Wandel hin zu mehr Realismus. 

Grafik: Oliver Wyman

Welche Bereiche sind besonders stark betroffen, welche weniger? Oder anders gefragt: An welche Technologien und Konzepte glauben Investor:innen aktuell? 

Andreas Nienhaus: Mobility-Dienstleistungen, wie beispielsweise Uber und Co. haben eine Weile massiv Investoren angezogen, doch dieser Bereich ist nun deutlich eingebrochen (-13% zwischen 2023 und 2022). Mobility-Services sind ein sehr schwieriges Geschäftsmodell, um profitabel zu werden. Ähnliches gilt für Sales und Aftersales, auch hier hat sich der Hype bislang nicht bewahrheitet (-52% zwischen 2023 und 2022). Deutlich zulegen konnten dagegen nachhaltige Mobility-Applikationen (+42% zwischen 2023 und 2022) wie beispielsweise Batterien. Das ist zwar ein sehr kapitalintensives Geschäft, aber der Markt glaubt daran und wir gehen davon aus, dass das auch erstmal so bleiben wird. 

Die Studie wirft den Blick ja auf die globale Situation. Wie sieht die Lage in Deutschland aus? 

Andreas Nienhaus: In den vergangenen Jahren haben wir in Europa generell eine positive Entwicklung beobachtet, vor allem in Deutschland. Traditionell sind die USA stark bei Mobility-Startups und hier gab es eine Weile ein regelrechtes Aufholen der anderen Regionen, sowohl in Form einer Annäherung des Gesamtinvestitionsvolumens, aber auch bei den Deal-Größen. Das hat sich nun leider wieder zurückentwickelt – unter anderem durch den Inflation Reduction Act bedingt, verzeichnen die USA fast 50% der globalen Finanzierungen für Mobility-Startups. Der Investitionsrückgang passiert zwar weltweit, aber in Europa haben wir mit über 20 Prozent einen besonders starken Rückgang festgestellt. Deutschland behauptet sich hier allerdings trotzdem noch recht solide durch attraktive Branchen- und Start-Up-Standorte wie Berlin oder München. 

Was sind aus Ihrer Sicht die Themen, die die Mobility-Branche in den kommenden Jahren prägen werden? 

Andreas Nienhaus: Da gibt es drei wesentliche Bereiche: Einmal die Professionalisierung des Geschäfts. Geschäftsmodelle kann man vorerst nicht mehr mit bloßen Zukunftsversprechen aufrechterhalten. Dann ist da natürlich das große Thema Nachhaltigkeit. Bei der bereits erwähnten Batterieentwicklung stehen wir gerade erst am Anfang. Und dann gibt es noch den Bereich Künstliche Intelligenz, vor allem generative KI erfährt aktuell einen Hype. Momentan fließt da sehr viel Geld rein, das Funding hat sich hier in den vergangenen zwölf Monaten mehr als verdreifacht. Alle versuchen, auf den Zug aufzuspringen. Die Herausforderung ist hier, genau wie wir das in der jüngeren Vergangenheit eben auch in anderen Bereichen gesehen haben, die ökonomische Sinnhaftigkeit. Nicht alles, was toll klingt, wird auch von Kund:innen gewollt und am Ende bezahlt werden. Hier wird es irgendwann zu einem Reality-Check kommen. Aber vorerst herrscht beim Thema KI Aufbruchstimmung.

Welche Zukunftsthemen findet ihr für die Mobilitätsbranche besonders relevant? Kennt ihr Mobility-Startups mit spannenden Projekten? Teilt eure Meinungen und Ideen in einem eigenen Post auf eurem LinkedIn-Profil und nutzt dafür die Hashtags #LinkedInNewsDACH und #MobilityStartups.

Für mehr aktuelle und strategische Insights aus der Mobility-Branche folgt Dr. Andreas Nienhaus auf LinkedIn.


Immer größer, immer schwerer: Wie schädlich sind XXL-Autos wirklich?

Paris ist schon jetzt ein teures Reiseziel, aber Besucher:innen, die mit dem Auto in der französischen Hauptstadt unterwegs sind, müssen bald noch tiefer in die Tasche greifen. Ab September kostet das Parken in der Pariser Innenstadt bis zu 18 Euro pro Stunde. Darüber haben die Bürger:innen von Paris kürzlich abgestimmt, zumindest ein kleiner Teil von ihnen, die Wahlbeteiligung beim Referendum lag bei gerade einmal sechs Prozent. Für die Umsetzung ist das allerdings unerheblich: Wer ein Auto ab 1,6 Tonnen Gewicht in Paris parken möchte, wird bald deutlich härter zur Kasse gebeten. Ausgenommen sind allerdings Anwohner:innen, Pflegedienste und Handwerker:innen. 

Auch wenn am Ende vielleicht gar nicht so viele Leute betroffen sein werden, ist die Idee dahinter klar: Paris will die Anzahl von XXL-Autos in der Stadt reduzieren. Die Stadt begründet die Maßnahme damit, dass beispielsweise SUVs eine erhöhte Umweltverschmutzung verursachten, viel öffentlichen Raum beanspruchten und die Verkehrssicherheit gefährdeten. Nun wird vielerorts diskutiert, ob der Pariser Vorstoß Schule machen sollte. Stadt- und Verkehrsplaner Thomas Hug-Di Lena findet es zwar grundsätzlich gut, wenn weniger SUVs und Co. auf den Straßen unterwegs sind, die Umsetzung des Pariser Referendums kritisiert er allerdings.

Zitat Thomas Hug:  Paris macht es sich für einmal zu einfach. Das ist ein symbolischer Mini-Schritt, der an Populismus grenzt. Das SUV-Referendum ist ein guter Anfang, aber es muss noch viel mehr getan werden.

Doch wie schädlich sind große, schwere Autos tatsächlich? Fakt ist, dass auch in Deutschland die Infrastruktur auf die kleineren und leichteren Fahrzeugmodelle vergangener Jahrzehnte ausgelegt ist. XXL-Fahrzeuge sorgen für mehr Abnutzung und verursachen der Allgemeinheit damit mehr Kosten. Auch Unfälle können drastischere Auswirkungen haben. So hat der @Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft 2022 festgestellt, dass Leitplanken bei Unfällen mit schweren und hohen Automodellen keinen ausreichenden Schutz darstellen. Bei Unfällen mit mehreren Parteien steigt einer Studie zufolge die Wahrscheinlichkeit, dass jemand bei einem Autounfall getötet wird um jeweils zwölf Prozent, wenn das eine Auto 500 Kilogramm schwerer ist als das andere. Bei Verbrennermodellen kommt noch hinzu, dass XXL-Autos mehr klimaschädliches CO2 ausstoßen als kleiner, sparsamere Modelle. 

Verwunderlich ist allerdings, wie stark sich die Debatte auf SUVs konzentriert, denn der Trend zu immer massigeren Autos betrifft fast alle Fahrzeugkategorien. Ein VW-Golf ist heute etwa 500 Kilogramm schwerer als noch in den 1970ern. Im Durchschnitt wiegt ein Auto heute rund 1,4 Tonnen und auch Länge und Breite haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Mit kleineren Autos kommt man ohnehin besser durch die engen Gassen von Paris. 

Was haltet ihr von dem Pariser Vorstoß gegen XXL-Autos? Lest hier mehr zum Thema und diskutiert mit

Mehr dazu findet ihr auch bei Thomas Hug-Di Lena , Hoang Anh Nguyen , Peter Jelinek , Prof. Dr. Helena Wisbert , York Kolb oder Mark Hoelling .


Antriebswende vs. Traumjob: Wie sieht die Zukunft der Kfz-Mechatronik aus?

Wer glaubt, dass es junge Menschen vor allem in digitale Welten zieht, hat die Rechnung ohne den beliebtesten Ausbildungsberuf des vergangenen Jahres gemacht. Das war auch 2023 mal wieder Kfz-Mechatroniker:in, wie eine Umfrage des Bundesinstituts für Berufsbildung ergeben hat. Doch die Antriebswende verändert aktuell die ganze Autobranche. 

E-Autos sind deutlich wartungsärmer als Verbrenner: Sie brauchen keinen Ölwechsel, keine neue Kupplung oder Auspuffanlage und für Kfz-Mechatroniker:innen bedeutet das weniger Arbeit. Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) e.V., der sich auf eine Studie aus dem Jahr 2019 bezieht, gehen im Aftermarket, also unter anderem bei Autowerkstätten, bis zum Jahr 2050 voraussichtlich rund 300.000 Stellen verloren

Eine Person im Blaumann arbeitet an einem Auto mit geöffneter Motorhaube
Bild: Michael H/Getty

Sind das schlechte Nachrichten für die 21.939 Menschen, die im vergangenen Jahr ihre Ausbildung im Bereich Kfz-Mechatronik begonnen haben? Noch ist es zu früh, um konkrete Aussagen über die künftige Jobsicherheit von Kfz-Mechatroniker:innen zu treffen. Sicher ist dagegen, dass sich das Anforderungsprofil verändern wird. Davon ist auch Mobilitätsexperte 🚀 Stephan Tschierschwitz überzeugt und schreibt auf LinkedIn: “Die Transformation der Automobilindustrie von verbrennungsmotorgetriebenen zu elektrisch angetriebenen Fahrzeugen hat tiefgreifende Auswirkungen auf die erforderlichen Fähigkeiten, Technologien und Arbeitsprozesse in diesem Berufsfeld.”

Zitat Stephan Tschierschwitz: “Während traditionelle Kfz-Mechatroniker:innen tiefes Wissen über Verbrennungsmotoren, Getriebe und Abgassysteme benötigen, erfordert die Arbeit an Elektroautos ein vertieftes Verständnis für elektrische Systeme, Batterietechnologie, Leistungselektronik sowie Software- und Diagnosesysteme.”

Was glaubt ihr, wie die Zukunft der Kfz-Mechatronik aussieht? Hier findet ihr mehr Infos und könnt eure Meinung zum Thema teilen. 

Mehr Denkanstöße und Insights zu aktuellen Mobilitätsdebatten findet ihr bei 🚀 Stephan Tschierschwitz und allen, die sich auch für die technischen Feinheiten der Mobilität interessieren, empfehlen wir Alexander Bloch zu folgen. 


Eure Meinung ist gefragt: Wie kann man Parkhäuser besser machen?

Wie oben angekündigt, wollen wir wissen, was euch bewegt und fragen bei “Mobilität in Kürze” regelmäßig nach eurer Meinung zu einem aktuellen Mobilitätsthema. Dieses Mal geht es um das Parkhaus der Zukunft: 

Bild: D&C Photography/Getty

Wenn Parkhäuser in Filmen vorkommen, dann sind sie meist Orte, an denen jemandem aufgelauert wird. Auch in der Realität fragt man sich im Parkhaus manchmal: Geht das nicht besser? Dunkel, teuer, für große Autos oder ungeübte Fahrer:innen oft zu eng, architektonisch oft eher Schandflecke im Stadtbild und irgendwie ist es angesichts städtischer Quadratmeterpreise nicht mehr zeitgemäß an, auf so großen Flächen einfach nur Autos abzustellen. LinkedIn News DACH lädt euch in dieser Woche ein, eure Ideen für das Parkhaus der Zukunft zu teilen. Von Ladeinfrastruktur über Fahrradstellplätze bis Insektenhotels auf dem Dach, wie kann man Parkhäuser besser nutzen? Und wo gibt es vielleicht schon Praxisbeispiele? 

Teilt eure Ideen zu den Parkhäusern der Zukunft in einem eigenen Post auf eurem Profil und nutzt dafür die Hashtags #LinkedInNewsDACH und #Parkhaus.


Die nächste Ausgabe von Mobilität in Kürze erscheint im Februar. Wenn ihr nichts verpassen wollt, abonniert den Newsletter gerne. Für mehr Nachrichten, Analysen und aktuelle Debatten folgen Sie LinkedIn News DACH .

Redakteurin: Kristin Ofer

Community Manager: Sven Aumiller

Redaktionelle Bereichsleitung: Silvia Müller

Chefredaktion: Jakob Schulz

Internationale Redaktionsleitung: Sandrine Chauvin


Axel Schattschneider

Der etwas andere Stadtführer in Lübeck

10 Monate

Ich würde es begrüßen, daß generell bei der Entwicklung neuer Autos auch deren Gewicht eher wieder zurückgeschraubt wird. Aber auch gerade bei den SUVs sollten die Besitzer stärker für den Erhalt unserer Straßen etc. zur Kasse gebeten werden. Nur so haben wir endlich mal wieder ein Verursacherprinzip!

Mark Hoelling

Fachberatung für Mikromobilität und Mobilitätswende.

10 Monate

Wieder ein sehr gelungener Beitrag. Danke, dass ich mit erwähnt wurde. 🙂

Dr. Andreas Nienhaus

Automotive & Mobility | Partner at Oliver Wyman | Head of Oliver Wyman Mobility Forum | Advisory Board Member

10 Monate

Kristin Ofer, vielen Dank für das Gespräch! Neben der Stagnation des Investitionsvolumen ist insbesondere der deutlich zu spürende Rückgang von Fundings in Europa bemerkenswert. Global betrachtet, hat das "Catch-up Game" zum Mobility-Hub der USA der vergangenen Jahre einen Dämpfer erhalten.

Peter Jelinek

Klima- & Biodiversitätskrise lösen | European Green Deal verstehen | Gründer von The Goodforces

10 Monate

Danke für die tolle Zusammenstellung - spannend!

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