Kirchen: Fürs Klima energetisch sanieren
Die evangelische Landeskirche ist auf gutem Weg, ihr CO2-Ziel für 2020 zu erreichen.

Kirchen: Fürs Klima energetisch sanieren

Über 85.000 "weltliche" Gebäude haben die evangelische und katholische Kirche in Deutschland. Viele davon sind energetisch noch nicht auf dem besten Stand. Wie sich das ändern lässt, zeigen die evangelische Landeskirche Baden und das Projekt "SANISI", eine einfache Idee, die künftig Transparenz und Vergleichbarkeit schaffen soll.

Die Idee ist denkbar einfach: In einem Steckbrief sollen Kirchenvertreter ihre Best Practices von energetischen Sanierungen online stellen – ob es um eine Dämmung der Fassade, von Dächern oder die Installation einer Photovoltaikanlage geht. "SANISI" heißt das Projekt, das im Rahmen des Ideenwettbewerbs "RE:frame Energieeffizienz" der Deutschen Energie-Agentur (dena) kürzlich als einer von drei Preisträgern in der Kategorie "Kirchenvorstände" ausgezeichnet wurde. "SANISI" ist ein Kürzel, das einerseits "Sanieren", andererseits aber auch die 2. Enzyklika von Papst Franziskus "Laudato Si" im Namen trägt, die sich besonders den Themen Umwelt und Klimaschutz widmet. Der digitale Steckbrief soll Eckdaten von Effizienzprojekten enthalten. In welcher Energieeffizienzklasse befand sich das in Kirchenhand befindliche Gebäude vor der Sanierung und danach? Wie hoch waren die Investitionen? Und vor allem: Wie viel CO2 wird dadurch nun Jahr für Jahr eingespart? "Wir schaffen Transparenz und Vergleichbarkeit und animieren Gemeinden so, sich mit energetischer Gebäudesanierung zu beschäftigen", erläutert der bei der Viessmann-Tochter MicrobEnergy angestellte Robert Böhm, einer der Urheber der Plattform, die allerdings bislang noch nicht gelauncht wurde.

Energetische Sanierung bei der evangelischen Landeskirche Baden: 29 von 40 Prozent CO2-Einsparungen bereits erreicht

135.000 Gebäude besitzen die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland, zählt Christian Müller von der dena. Ihn interessieren besonders die 85.000 "weltlichen" Gebäude, darunter Pfarr- und Gemeindehäuser, Kindertagesstätten und Bildungseinrichtungen. "Im Gegensatz zu den sakralen Gebäuden wie etwa den Kirchen unterliegen sie der Energieeinsparverordnung (EnEV)", sagt der Teamleiter Energieeffiziente Gebäude Müller, der sich sicher ist: "Da ist viel Potenzial, Energie zu sparen." Zumal die Gebäude oft bereits vor der Jahrhundertwende erbaut wurden. Die 2.500 Gebäude der Gemeinden der Landeskirche Baden etwa sind "in der Mehrheit älteren Baujahrs, viele davon 100 Jahre und älter", sagt Sybille Feurer. Die Architektin bei der Evangelischen Landeskirche Baden ist seit Mitte 2016 Projektleiterin des "CO2-Minderungsprogramms", das neben einigen anderen Programmen wie dem "Pfarrhaussanierungsprogramm" und der "Energiemission" dazu dienen soll, das selbst gesetzte Ziel für 2020 zu erreichen, 40 % weniger CO2 pro Jahr zu verbrauchen als noch 2005. Ende 2017 waren immerhin 29 % bereits geschafft, 11 % stehen noch aus. Statt 43.000 Tonnen CO2 schlagen heute also bereits weniger als 30.000 Tonnen CO2 pro Jahr zu Buche.

Sanierung von Pfarrhäusern: 42 % weniger CO2-Emissionen

Welche Auswirkungen gezielte Maßnahmen haben können, lässt sich am besten am Pfarrhaussanierungsprogramm beziffern. 2011 aufgesetzt hatte es zum Ziel, jene 200 Pfarrhäuser zu identifizieren, die energetisch am schlechtesten aufgestellt waren und dort mit der Sanierung zu beginnen. "Hier ging es uns primär darum, den Energiebedarf zu senken", erläutert Feurer, "deshalb haben wir uns auf die Gebäudehülle konzentriert – also der Dämmung von obersten Geschossdecken, Dach und Keller, und wo möglich der Fassaden und der Erneuerung von Fenstern." Auch wenn heute noch nicht alle Sanierungen komplett abgeschlossen sind, zeigt sich die Wirkung des Programms schon jetzt. 42 % geringer sind die CO2-Emissionen pro Jahr im Durchschnitt und der Energieverbrauch ist um 35 % zurückgegangen. In Summe sind 1.116 Tonnen CO2 und 3.400 MWh eingespart worden. "Die sanierten Bauteile liegen in der Regel 20 % unter dem EnEV-Standard, sind also effizienter, als sie sein müssten", sagt Feurer.

CO2-Minderungsprogramm: 11,8 Millionen Euro für den Klimaschutz

Das CO2-Minderungsprogramm ist eine logische Fortsetzung des Pfarrhaussanierungsprogramms. Ist die Gebäudehülle gedämmt, macht es besonders Sinn, auch zu hinterfragen, ob die Ölheizung noch dem Stand der Technik entspricht. In dem von der Landeskirche Baden mit 11,8 Millionen € unterstützten Programm geht es zum einen darum, mindestens 80 % CO2-Einsparung beim Einbau einer Pelletheizung, Wärmepumpe o.ä. im Vergleich zur alten Ölheizung zu erreichen, zum anderen um die Dämmung der Geschossdecken – wiederum 20 % energieeffizienter als die EnEV vorschreibt. Wer das Programm nutzt, bekommt die Differenz der Kosten zwischen einer neuen Ölheizung und einer Heizung auf regenerativer Basis erstattet. Bei der Dämmung der Decken werden 75 % der Kosten von der Landeskirche übernommen. "Zwischen 20 und 40 % Endenergieeinsparungen durch die Modernisierung der Heizung und etwa 10 % beim Dämmen der Decken" beobachtet Feurer bei den Gemeinden, die sich bereits den Wechsel haben finanzieren lassen. Bisher wurden etwa 100 neue Heizungen und 30 Decken beantragt. Projektleiterin Feurer ist überzeugt, dass das Programm nicht zuletzt durch gezielte Informationsveranstaltungen noch weiter an Fahrt gewinnt.

Mit Blick auf die Gesamtbilanz und das 40-%-Ziel bis 2020 erwartet Feurer, dass der CO2-Verbrauch in den 2.500 Gebäuden der Landeskirche Baden alleine durch das CO2-Minderungsprogramm um 5 % gesenkt werden kann. "Wir können unser Ziel erreichen", ist sich Feurer sicher. Die eine oder andere Sanierung bei der Landeskirche dürfte sich zudem auch für den Benchmark von "SANISI" eignen – vorausgesetzt, die preisgekrönte Idee der Online-Plattform findet den Weg in die Praxis.

Der Originalbeitrag erschien auf den Online-Seiten des QDEV.


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