Kommunikative Analyse der Faschingskommunikation von Prof. Dr. Piazolo
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Kommunikative Analyse der Faschingskommunikation von Prof. Dr. Piazolo

1, 2, 3, …

Es sind nicht nur die Zahlen von 1 bis 10, die unsere Grundschüler derzeit im Distanzunterricht lernen. Bis 10 zählt auch der Ringrichter beim Boxen – der Boxer ist dann angezählt. Nicht wenige würden ihn derzeit als „angezählt“ bezeichnen: Prof. Dr. Michael Piazolo, Kultusminister des Freistaats Bayern.

Grund dafür sind die Faschingsferien. Oder besser gesagt, die Ferien, die keine sind. Weil sie nicht stattfinden dürfen.

Keine Meinungsfreiheit, aber sehr wohl eine Stimme

Prof. Piazolo bekommt heute von mir, einer Kommunikatorin, ein Zwischenzeugnis für seine kommunikative Arbeit. Im Namen aller Lehrer:innen, die qua Beamtentum keine Meinung äußern dürfen – Grund ist die Loyalität zum „Dienstherrn“ – die aber sehr wohl eine Stimme haben. Wenn es um Prof. Piazolos Versetzung geht. In die nächste Legislaturperiode.

Kommunikationsstrategie: gescheitert

Der Fokus auf ein klares Kommunikationsziel fällt noch schwer. Der Schüler hatte zudem große Schwierigkeiten, essenzielle Kommunikation auf eigenen Kanälen aktuell zu halten. (Note: 5)

So hieß es Anfang Januar, es würde anstelle der Faschingsferien eine zusätzliche Unterrichtswoche angesetzt. Noch am 15. Februar ist auf der Website des Ministeriums zu lesen, dass „(…) ab Montag, 15. Februar 2021 (Rosenmontag), der Präsenz- bzw. Wechselunterricht für möglichst viele Jahrgangsstufen wieder aufgenommen werden (soll)“, um Schüler:innen schrittweise wieder an den Präsenzunterricht heranzuführen.

Stattdessen ist Rosenmontag und die Kinder drücken anstelle der Schulbank wieder den Button „Der Konferenz beitreten“.

Messaging: widersprüchlich

Der Schüler war nicht in der Lage, seine kommunikativen Botschaften konsistent und glaubwürdig zu kommunizieren. (Note: 6)

Gönnt man im Ministerium Lehrer:innen, Schüler:innen und Eltern nur den Faschingsurlaub nicht? Über diesen Vorwurf ist Prof. Piazolo erhaben, geht es ihm doch um „Bildungsgerechtigkeit“, die er in der zusätzlichen Unterrichtswoche wiederherstellen möchte. „Natürlich“, so schreibt Piazolo in der Bayerischen Staatszeitung in Bezug auf die Schüler, „werden unsere Lehrkräfte bei der Unterrichtsgestaltung darauf achten, passgenau auf ihre Bedürfnisse ein(zu)gehen und auch Lernpausen ein(zu)legen.“

Laut Münchner Merkur werden nun Schulleiter:innen angewiesen, andere Schulen, die es etwas langsamer angehen lassen, zu denunzieren.

Zielgruppenverständnis: Setzen, Sechs.

An den Bedürfnissen seiner Zielgruppe zeigte sich der Schüler regelmäßig desinteressiert. (Note: 6)

Zu den relevanten Stakeholdern eines Kultusministers zählen Schulleiter:innen und -ämter, Lehrer:innen, genauso jedoch Eltern und Schüler:innen. Piazolo verkennt, dass die Faschingsferien für Viele nicht nur Skispaß jenseits der Grenze bedeuten, sondern auch eine wichtige Erholungspause darstellen. Sämtliche seiner Stakeholder sind nach Distanzunterricht (Lehrende), Home Office Schooling (Eltern) und vielfach erhöhtem Medienkonsum (Kinder) über Gebühr belastet und ferienreif. Es bleibt zu hoffen, dass Eltern als Advokaten ihrer Kinder die Wechselwirkung zwischen schulischer Anstrengung und privaten Erholungsphasen erkennen und sie im Zweifel vom Unterricht entschuldigen.

11 Wochen Unterricht non-stop? Akutes Erschöpfungssyndrom droht.

Reputation: Am Ende

Lieber Herr Prof. Dr. Piazolo, was macht gute Kommunikation aus? Aus meiner Sicht ist es vor allem Eines: Glaubwürdigkeit. Manchmal ist gute Kommunikation auch diejenige, die nicht stattfindet. Schlechte Kommunikation hingegen beschädigt Ihre Reputation. Manchmal unwiederbringlich. Man muss keine Kommunikationsexpertin sein, um zu verstehen, was im Schatten des Social Media Shitstorms für Sie auf dem Spiel steht.

… 8, 9, 10. KO.

Quellen: FAQ zum Unterrichtsbetrieb an Bayerns Schulen

Ist die Streichung der Faschingsferien eine sinnvolle Maßnahme? (bayerische-staatszeitung.de)

Schule trotz Corona in Bayern: Lehrer wollen es Fasching „ruhig angehen“: Piazolo droht mit Schulaufsicht | Bayern (merkur.de)

Schule light? Streit um Unterricht in Faschingswoche | BR24

Photo Credit: Bild von anncapictures auf Pixabay.

Nina Riegel

Passionate about people, technology & lean processes

3 Jahre

Treffer versenkt Johanna. Faschingsdienstag geschminkt vor dem Tablet war für unseren Drittklässler auch ein müder Ersatz. Die Direktoren beider Schulen unserer Kinder verweisen immer müde auf die Seiten des Kultusministeriums - Vorabinformation für Direktoren = Fehlanzeige. Mal sehen, ob jetzt die kommunikative Fastenzeit Linderung bringt.

Dr. Markus Pfeiffer

CEO | Entrepreneur | Honorary Professor | Mentor | Business Angel

3 Jahre

Mehr als angezählt... wo ist die Petition Johanna? Danke.

Verena Ratka

Global Strategic Marketing Expert

3 Jahre

Wundervoll...! 👏

Simone Pfaffenberger

Marketing & Projektmanagement - creative mind and teamworker

3 Jahre

Ich bin voll und ganz bei dir, Johanna!

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