Manipulation hat ausgedient
Die Wahrheit über Feedback
Feedback gehört für jede Führungskraft zum Handwerkszeug. Es hat viele Vorteile. Doch wer es falsch einsetzt, macht mehr kaputt als gut. Denn als Manipulationsinstrument dient es nur bedingt. Wer Feedback allerdings wahrhaft lebt, wird nicht nur die nächste Generation Arbeitskräfte mitnehmen, sondern auch die Stimmung im Team und beim Kunden verbessern. Aber was bedeutet "wahrhaft leben?"
„Bitte, sagen Sie nicht, dass wir jetzt den Feedbackburger lernen. Den habe ich schon 1000 Mal gehört. Ich sage es Ihnen gleich, da bin ich nicht überzeugt. Das ist doch nicht authentisch. Wenn mein Mitarbeiter Mist gebaut hat, hat er Mist gebaut, dann braucht es keine Schleife drumherum“, erklärt ein Abteilungsleiter, als ich im Seminar das Wort Feedback in den Mund nehme. Allgemeine Zustimmung in der Executive-Gruppe. Ich lächle. Das kenne ich schon. "Ich bin ganz Ihrer Meinung", sage ich und ernte interessierte Blicke. "Sie sollten auf keinen Fall irgendwelche Techniken anwenden, wenn Sie nicht daran glauben!"
Sinnlose Schulungsinhalte
Feedback als Führungstechnik wird häufig geschult, als wäre es ein Wundermittel, das man nur richtig nutzen muss und schon hat man funktionierende Mitarbeiter. Spätestens die Generation der Millenials wird uns dieses Konzept um die Ohren hauen. Sie funktionieren weder mit Druck, noch mit Angst und schon gar nicht mit gut getarnten Manipulationsversuchen. Dafür sind sie viel zu schlau. Sie brauchen ECHTE Aufmerksamkeit.
Die Einstellung ist die Basis
Feedback ist kein Werkzeug. Es ist eine Einstellung, eine innere Haltung, eine Art zu führen, die nichts mit Methode zu tun hat. Du musst es leben, um es wirklich in voller Bandbreite zu nutzen. Feedback ist nicht einfach nur eine Rückmeldung zum Verhalten des Mitarbeiters. Es ist eine Standortbestimmung. Es gibt dem Gegenüber Sicherheit, zeigt Wertschätzung und hilft dabei, die eigene Leistung zu verbessern. Jede Führungskraft, die versucht, mit Feedback Mitarbeiter zu manipulieren scheitert in dem Moment, in dem das Denken nicht mit den Worten übereinstimmt.
Lieben statt Maskerade
Du brauchst eine liebevolle innere Grundhaltung zum Mitarbeiter, ja zum Mensch an sich. Feedback sollte unterstützen, aufbauen, weiterbringen. Dazu muss die Führungskraft auch den tiefen inneren Wunsch haben, genau das zu tun. Wer innerlich denkt, dem anderen jetzt erst einmal die Meinung zu sagen oder Dampf abzulassen, wird nicht weit kommen. Denn der Mitarbeiter spürt die innere Haltung mehr, als dass er die Worte hört.
Nicht kritisiert ist gelobt genug?
Unter Feedback wird gerne verstanden, dass schlechte Arbeit kritisiert und herausragende Leistung gelobt wird. Doch die Balance zwischen beiden ist selten. Gerade ältere Generationen neigen eher zur Kritik, als zum Lob, während jüngere Generationen das Gute hervorkehren, als die Missstände zu erkennen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Die liebe Schule
Ich habe selbst zwei Schulkinder. Die ältere Tochter mittlerweile auf dem Gymnasium (ja, da bin ich stolz drauf!). Eines war für mich am Anfang eine wahrhaft bahnbrechende, wenn auch banale Erkenntnis. Mit dem Eintritt ins Schulalter werden wir erstmals im Leben mit System darauf getrimmt, unsere Fehler zu korrigieren. Es geht es vor allem darum, Schwächen zu erkennen. Eltern der alten Schule beobachten Kinder auf der Suche nach Optimierungspotenzial und verbessern jede Abweichung mehr oder weniger konsequent. Im Arbeitsleben machen die auf diese Weise erzogenen Kinder damit weiter. Sie sehen die Fehler, die Schwächen, die Missstände schneller, als dass sie das Gute erkennen. Und sobald sie den Mund aufmachen, scheint es einfacher zu sein, Missstände aufzudecken, als Gutes in voller Intensität zu preisen.
Lob ist peinlich - aber nur den Älteren
Es ist gar so, dass loben oder gelobt werden peinlich ist, ja ein regelrecht schwieriges Unterfangen. Sie warten ja schon auf die darauffolgende Kritik. Warum? Weil in unserer Kultur die Sätze „Hochmut kommt vor dem Fall“ oder "Eigenlob stinkt" mehr als nur gesagt wurden. Sie wurden gelebt. Wer Gutes tut, hielt sich eher zurück, anstatt es laut auszusprechen. Fehler zu vertuschen war ebenfalls an der Tagesordnung. Nicht so bei den Kindern, die nach 1985 geboren wurden, den so genannten Millenials oder der Generation Y. Denn die Erziehung zu Hause hat sich zu der Zeit grundlegend verändert. Es wurde mehr gelobt, als kritisiert, mehr motiviert, als bestraft. Klar. WIR Eltern wollten es besser machen. Immer die gleiche Geschichte. Fazit: Die Führung muss sich ebenfalls ändern.
Die Wahrheit liegt in der Ehrlichkeit
Worauf es in Punkto Feedback ankommt, ist die Balance zwischen Lob und Kritik. Ebenso wichtig ist es, die Augen offen zu halten und Lob und Kritik zeitnah, ehrlich und mit offenem Herzen zu geben. Wer Kritik übt, bleibt lösungsorientiert, statt andere abzuwerten. Wer lobt, darf das mit Gefühl und echter Freude tun, auch über Dinge, die vermeintlich selbstverständlich sind. Und authentisch ist der, der erkennt, dass Führung natürlich! Schauspiel ist. Du stehst auf der Bühne und wenn Du Menschen an sich nicht liebst, hältst Du das nicht durch. Wer gutes Personal halten will, muss heute viel mehr Mensch sein, Geduld zeigen, motivieren und ein eindeutiges Vorbild bieten. Und gleichzeitig von den Jüngeren lernen, wie man Positives ganz selbstverständlich hervorhebt.
Die Worte und der Inhalt
Es macht darüber hinaus sehr wohl Sinn, sich mit der rhetorischen Form eines Feedbacks zu befassen und zwar bewusst und nicht als weiteres nutzloses Werkzeug im Führungs-Werkzeugkasten. Denn Rückmeldungen bringen dem Gegenüber gar nichts, wenn sie schwammig, unsachlich oder abwertend formuliert werden. Dafür muss auch die erfahrende Führungskraft überprüfen, was genau sie sagt. Die Gewohnheit führt nämlich zur Betriebs-Blindheit in eigener Sache.
Wertung ist tabu
Grundsätzlich werden das Verhalten des Mitarbeiter oder dessen Arbeitsergebnisse und keine Charaktereigenschaften bewertet - ohne wertende Worte, wie z.B. uninteressiert, zu emotional, vorlaut, arrogant etc. Solche Wertungen können zu innerem Widerstand beim Mitarbeiter führen, der eine ganz andere Wahrnehmung hat oder sich keine schlechte Arbeitsweise „anhängen“ lassen will. Sein Gehirn macht für alle weiteren Themen zu.
Die Formulierung
- Der Kontext
Zuerst wird beim Feedback der genaue Zeitpunkt genannt, an dem ein bestimmtes Verhalten beobachtet wurde. „Gestern um 15 Uhr, als Du im Meeting xy "..." gesagt hast.“ Der Mitarbeiter bekommt die Chance, sein Gehirn auf den Zeitpunkt zurück zu lenken und mit einem „Ja, ich erinnere mich“ zu bestätigen, dass er jetzt voll bei der Sache ist.
2. Das beobachtete Verhalten oder Ergebnis
Nun geht es ins Detail. Die Situation, das beobachtete Verhalten oder das Arbeitsergebnis werden beschrieben. Wichtig ist, dass die Führungskraft das Verhalten selbst gesehen hat. Denn über Meinungen und Ansichten Dritter, also eines Kollegen „der gesagt hat, dass…“ spricht die Führungskraft nicht mit dem Mitarbeiter ohne die Anwesenheit der dritten Person. Das würde nur zu Konflikten und Gerüchten führen. Oft unterbrechen Mitarbeiter und fangen schon an zu erklären, was los war und ein weiteres Feedback erübrigt sich. Die Führungskraft kann ein Gespräch führen, ohne womöglich eine Kritik abgesetzt zu haben, die nicht gerechtfertigt war.
3. Die Wirkung des Verhaltens
Erst im dritten Schritt nennt die Führungskraft die Wirkung, die das Verhalten oder die Arbeit des Mitarbeiters auf sie hatte. Dabei macht sie sich konfliktreduzierende Ich-Botschaften zu nutze. „Auf mich hat das den Eindruck gemacht, dass...“ Ja, es ist etwas aufwendiger, ein solches Feedback zu entwickeln und bedeutet ein hohes Maß an Konzentration. Doch auf Basis einer solchen Rückmeldung ist ein konstruktives Mitarbeitergespräch mit Zielvereinbarungen eher möglich, als nach einem flapsigen, verallgemeinerten "Sie haben wohl keine Lust mehr auf Ihren Job?".
Eine Feedbackkultur muss wachsen
Je nachdem, wie stark ein Team im Feedbackgeben und - nehmen ist, desto leichter wird es, sich gegenseitig nach vorne zu bringen. In einer Kultur der Scherze auf Kosten anderer, verdeckter Beleidigungen und gegenseitigem Ärgern braucht es mehr Zeit, bis eine Führungskraft eine Kultur der offenen, aber liebevoll unterstützenden Worte aufbaut. Der Effekt ist faszinierend. Denn ab einem gewissen Punkt fühlen sich alle sicher, wissen, wo sie stehen und sind motiviert, sich zu verbessern. Sie kennen aber auch ihre Stärken und bauen diese ganz automatisch aus, wovon das ganze Team profitiert.