Markus Somm und das vereinigte Strom-Europa
Markus Somm und das vereinigte Strom-Europa
Reaktion auf ein "Contra" von Markus Somm zur Energiewende und dem Ende der Atomenergie in der Stonntagszeitung vom 6. Dezember.
Markus Somm wiederholt immer wieder seine Geschichte von der Schweizer Wasserkraft und der Schweizer Atomkraft und dem helvetischen Energie-Heldentum, das nun leichtfertig für windige europäische Solarträume geopfert werde. Dabei ignoriert er alle Fakten. Atomenergie ist tot. Es gibt in der westlichen Welt keinen Hersteller mehr, der ein Atomkraftwerk termin- und budgetgerecht liefern kann - die beiden wichtigsten Bedingungen in jedem Kaufvertrag.
Aber auch Somms erträumte Atomkraft war nie so schweizerisch und vor allem nie so schweizerisch ausgerichtet, wie er das darstellt. Alle nach den 1950ern hierzulande gebauten Kraftwerke sind für die Schweiz allein zu gross. Die grossen Kraftwerke, egal ob hydro oder nuklear, sind jedes für sich ein so grosses Klumpenrisiko, dass ein Ausfall mit inländischen Kraftwerken und dem inländischen Stromnetz kaum kompensiert werden kann. Fast jede Störung hätte einen flächendeckenden Blackout zur Folge. Denn für einen Ausfall von Leibstadt (was öfters vorkommt) müsste permanent eine Grande Dixence untätig bereitstehen, inklusive der nötigen Netzkapazität. Dafür müsste die ganze Schweiz so aussehen wie die von Drähten überspannte Linth-Ebene. Die grossen Anlagen wurden technisch nur beherrschbar, weil die Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg mit der Schaltanlage «Stern von Laufenburg» ab 1958 das Europäische Verbundnetz gegründet hat. Denn in einem viel grösseren Netz fällt der Ausfall eines sehr grossen Kraftwerks viel weniger ins Gewicht. Anfangs war es der Zusammenschluss mit Deutschland, Frankreich und der Schweiz, 1960 kam Italien dazu. Mittlerweile ist es das grösste Verbundnetz der Welt und versorgt 530 Millionen Stromkonsumenten in 30 Ländern. Die vorgehaltene Notfallkapaziät entspricht gerade mal zweimal die Leistung des KKW Leibstadt.
Laufenburg ist das europäische Strom-Rütli
Das Verbundnetz ist einer der grössten Erfolge der europäischen Integration, mit Laufenburg als europäischem Strom-Rütli und der Schweizer Stromwirtschaft als Wegbereiter. Dieses Netz und seine mehr als 40 Schweizer Grenzübergänge garantieren, dass es in der Schweiz eben keine Blackouts gibt und dass eine europäische Energiewende möglich ist. Dank dem Verbundnetz können Schweizer Wind- und Solaranlagen überall in Europa stehen, genauso wie mit den Werken Cattenom und Bugey Schweizer Atomkraftwerke schon heute dank langfristigen Bezugsrechten in Frankreich stehen. Bedingung ist, dass die Schweiz sich an die Spielregeln hält und die Weiterentwicklung ihrer eigenen Erfindung mitträgt, etwa mit einem Stromabkommen mit der EU. Für einen Alleingang, egal ob mit oder ohne Kernkraftwerke, haben wir die falschen Kraftwerke und das falsche Netz.
Strom-Europa verhalf der Schweizer Industrie zu riesigen Aufträgen für immer grössere Kraftwerke. Edwin Somm machte in dieser Welt als Chef von Brown Boveri &Cie (BBC) und später ABB Schweiz eine kometenhaften Manager-Karriere. Bis zum heutigen Tag verdankt Markus Somm sein privilegiertes Leben als «Fils à Papa», dessen Name ihm alle Türen und Gönnerkonten öffnet, dem vereinigten Strom-Europa.