May the knowledge be with you: Welche Power echte Nachhaltigkeit hat und wieso wir alle davon nur profitieren können
Wir alle wissen, dass wir unseren Lebenswandel dringend nachhaltiger ausrichten müssen –Expert:innen liefern uns Berichte und wissenschaftliche Belege dafür en masse. Warum tun wir es trotzdem noch so zögerlich? Ich denke: Das Ganze klingt nach einer großen, schier unlösbaren Aufgabe – und löst bei vielen ähnliche Überforderung aus wie die Digitalisierung. Wenn wir wirklich alle erreichen und auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft mitnehmen wollen, müssen wir den Sorgen und Fragen der Menschen wie bei allen Transformationsthemen mit passender Aufklärung und Wissensaufbau begegnen. Dabei können wir abseits von Metanarrativen und Moralkeulen auch individuelle Chancen und Vorteile in den Fokus nehmen: Was springt beim Thema Sustainability für mich ganz persönlich raus?
Verschiedene Expert:innengremien ermahnen uns seit Jahren dazu, die Klimakrise endlich ernst zu nehmen: Wenn wir jetzt nicht handeln, schließe sich noch in diesem Jahrzehnt das „Fenster der Möglichkeiten“ konstatierte auch der jüngste IPCC-Bericht. Ich glaube, dass sehr viele Menschen sich des Ernstes der Lage durchaus bewusst sind. Nicht umsonst gingen Tausende, wenn nicht Millionen von Menschen vor Pandemieausbruch weltweit für ein Umdenken beim Klimaschutz auf die Straße. Ich glaube aber auch, dass die Verantwortung, die wir für künftige Generationen auf diesem Planeten tragen, buchstäblich schwer wiegt und vielen zu schaffen macht. Eine Hiobsbotschaft nach der nächsten, jeder Klimabericht zeichnet ein noch drastischeres Bild – was kann ich da schon noch ausrichten? Das soll nicht heißen, dass wir die Klimaforschenden nicht brauchen, wir brauchen sie und ihre Expertise sogar sehr dringend. Denn sie liefern der Politik entscheidende Leitlinien und sorgen für das Faktengerüst auf dessen Basis Entscheidungen für die Zukunft aufgebaut werden müssen. In einer aktuellen Krisengemengelage aus Pandemie, Kriegsgeschehen und den damit einhergehenden persönlichen Betroffenheiten, erscheint die Erderwärmung vielen allerdings womöglich noch als das „geringste“ Problem. Schlicht und einfach, weil die Folgen der Erderwärmung für nicht wenige hierzulande noch recht abstrakt sind und der Preisanstieg an der Zapfsäule und in den Supermarktregalen oder die Angst vor gesundheitlichen Folgen einer Covid-Erkrankung präsenter sind.
Die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit sollte kein Privileg sein – sie nützt schließlich allen
Ich kann das nachvollziehen. Alles wird teurer, die Reallöhne stagnieren und die Abhängigkeitsverhältnisse der Globalisierung werfen ihre Schatten auf unseren Alltag. Und genau dann kommen die Privilegierten wieder mit ihrem Modewort Sustainability um die Ecke – das geht doch völlig an der Lebensrealität der Massen vorbei, oder was? Eben nicht! Denn eine nachhaltigere Ausrichtung unseres Alltags könnte uns tatsächlich resilienter gegenüber solchen einschneidenden Krisensituationen machen und schlagartige Preisanstiege und Lieferengpässe deckeln. Die vereinfachte Rechnung lautet: Wenn wir weniger endliche Ressourcen benötigen, treffen uns auch ihre zunehmenden Knappheiten weniger hart. Erneuerbare Energieträger, die direkt vor unserer Haustür generiert und nicht erst von weit her angeliefert werden müssen, stärken unsere Unabhängigkeit und werden Kosten langfristig gesehen wieder senken. Genau aus diesem Grund werden auch die Forderungen nach nachhaltigerem Wirtschaften und einem verantwortungsvolleren Lebenswandel immer lauter. Wichtig ist, dass wir ein Verständnis für die kollektiven Chancen nachhaltigen Wirtschaftens und Zusammenlebens nun schnellstmöglich dort verankern, wo es am meisten Wirkung zeigen kann: in den Köpfen der Menschen.
Die Zauberformel lautet: Verständnis schaffen, Sorgen ab- und Wissen aufbauen
Denn wie beschrieben geht das Thema Nachhaltigkeit uns alle an. Um echten Wandel zu etablieren und Innovationen im Bereich Sustainability voranzutreiben, braucht es die intrinsische Motivation der Mehrheitsgesellschaft. Und diese kann nur durch Wissenszuwachs entstehen. Wir müssen also überall dort für ein grundlegendes Verständnis für die Chancen der nachhaltigeren Zukunft sorgen, wo bisher noch zu viel Unwissenheit und Skepsis herrscht. Einer der einfachsten Wege, um möglichst viele Menschen zu erreichen und ihnen auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Wissens- und Lernangebote niedrigschwellig zugänglich zu machen, ist der über die Unternehmen und Betriebe – Stichwort: Mitarbeitendenqualifizierung.
Dabei können wir sozusagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Denn Nachhaltigkeit wird ohnehin immer stärker zu einer grundlegenden Geschäftsanforderung und Unternehmen müssen sich zwangsläufig nachhaltig transformieren, um zukunftsfähig zu bleiben. Das schreiben Gesetzgebende zunehmend ohnehin vor und Stakeholder:innen, wie Investor:innen und Konsument:innen, fordern es ebenso ein. Wieso dann nicht direkt den Weg über die Arbeitgebenden gehen, die das Thema sowieso auf ihrer Agenda haben? Die Arbeitnehmenden entlastet das überdies, da sie sich nicht in ihrer knappen Freizeit mit dem Kompetenz- und Wissensaufbau auseinandersetzen müssen, sondern direkt dort abgeholt werden, wo sie ohnehin den Großteil ihres Tages verbringen: am Arbeitsplatz. Entscheider:innen, die noch nicht überzeugt sind, dass sie in das Zukunftsfeld Nachhaltigkeit investieren sollten, denen möchte ich diesen Text meines Mitgründers Christopher Jahns ans Herz legen – er bringt die Sache ganz gut auf den Punkt. Um aber wieder auf die Arbeitnehmenden zurückzukommen. Für diese Zielgruppe ist sicherlich auch entscheidend, welche Chancen und Vorteile das Konstrukt Sustainability ihnen ganz persönlich bietet – abseits eines „grünen“ Gewissens.
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Was springt dabei für mich raus? Nachhaltigkeit bringt mehr als ein gutes Gewissen
Bei der Frage nach individuellen Chancen einer nachhaltigeren Gesellschaft für jede:n Einzelne:n, bleiben die meisten zunächst gedanklich bei der „grünen“ Nachhaltigkeit und damit auch bei der Vision einer sogenannten „Green Economy“ hängen: eine ökologisch-verantwortlich ausgerichtete Wirtschaft, die Umwelt- und Klimaschutz in den Fokus rückt. Diese ist einerseits eng verknüpft mit einer Rückkehr zu Regionalität, also einem stärkeren Fokus auf regionale Produktion, um Lieferketten kurz zu halten und Transportwege klimafreundlich einzusparen – das eröffnet in erster Linie neue Perspektiven auf steigende regionale Beschäftigung. Wenn Elektrochiphersteller in Deutschland produzieren lassen wollen, entstehen hierzulande natürlich neue Arbeitsplätze. Gleiches gilt für neue Batteriefabriken für die E-Autoindustrie. Zusätzlich spielt auch der umfassende Transformationscharakter von Nachhaltigkeit eine große Rolle: Soll heißen, dass sich dadurch auch Jobprofile verändern und zum Teil sicherlich ganz neue Jobs entstehen werden. So resultieren neben bekannten Karriereperspektiven auch völlig neue Beschäftigungschancen für Arbeitnehmende. Noch lässt sich nicht genau fassen, welche Rollenprofile und Jobchancen das konkret sein werden, valide Prognosen dürften aber nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Ganz abseits von neuen Beschäftigungschancen profitieren Arbeitnehmende, die in einem Unternehmen beschäftigt sind, das Nachhaltigkeit im Geschäftsmodell verankert hat und in seiner Kultur aktiv lebt, von besseren Arbeitsbedingungen – das liegt in der Natur der Sache: Zu ganzheitlicher Nachhaltigkeit gehören nämlich weit mehr als nur die grünen Dimensionen. Sie werden ergänzt um wichtige soziale Aspekte, wie Geschlechtergerechtigkeit, Gesundheit und Mitbestimmung bis hin zu Prinzipien guter Unternehmensführung. Aus meiner Sicht sollte allen Arbeitnehmenden daran gelegen sein, dass diese Werte von ihrem Arbeitgebenden gelebt und in der Unternehmens-DNA verankert werden. Wer mehr über dieses Thema erfahren möchte, sollte sich unbedingt die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen anschauen, die ganz genau definieren, welche Facetten eine wirklich nachhaltige Gemeinschaft auszeichnen – und welchen Weg wir daher als Weltgemeinschaft noch vor uns haben. Allzu oft wird Nachhaltigkeit von uns mit einer Wohlstandsbrille betrachtet – doch damit sich die ganze Welt zukunftsfähig und nachhaltig wandeln kann, müssen wir unseren Blick eben auch über den eigenen privilegierten Tellerrand hinaus richten.
Change bleibt Change: Ist Sustainability das neue Digital?
Es gibt glücklicherweise enorm viele Menschen, die sich bereits täglich für eine lebenswerte, nachhaltigere Zukunft für alle reinhängen. Dazu zählt auch Moritz Lehmkuhl, Gründer und CEO von ClimatePartner, mit dem ich mich kürzlich in meinem Podcast zum Thema Nachhaltigkeit ausgetauscht habe. Was Moritz für mich besonders gut auf den Punkt brachte, ist Folgendes: Bei Nachhaltigkeit geht es, um kontinuierliche Veränderung und die Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln und dazu zu lernen. Dafür müssen wir neugierig bleiben und wandlungsbereit sein, uns gesellschaftlich immer wieder neu erfinden – um neue Chancen energisch anpacken zu können, wenn sie sich ergeben. Na, wem kommt das noch bekannt vor? Genau, das sind die gleichen Gedanken, die wir auch beim Thema Digitalisierung durchspielen müssen. Und im Grunde ist das nicht verwunderlich, denn Nachhaltigkeit ist ein Transformationsziel und obliegt daher den gleichen Spielregeln wie jeder andere Veränderungsprozess auch. Noch dazu gehen die beiden Zukunftsthemen ohnehin Hand in Hand: Ohne Digitalisierung keine nachhaltige Lebenswelt und ohne Nachhaltigkeitsgedanken kann auch die Digitalisierung nicht zukunftsfähig zu Ende gedacht werden – Ressourcenknappheit und Energiepreise machen schließlich auch vor der Digitalbranche keinen Halt. Und wenn wir jetzt mal ganz ehrlich zu uns sind, dann gehört Veränderung und Weiterentwicklung zur Menschheitsgeschichte wie das Salz in die Suppe: Wir befinden uns ständig im Wandel, lernen dazu und verbessern uns. Manchmal vergessen wir das – aber die Weiterentwicklung liegt uns sozusagen im Blut.
Zum Schluss noch ein Impuls in eigener Sache: Wer nun auf der Suche nach passenden Bildungsangeboten zum Thema Nachhaltigkeit ist, der möge sich gerne vertrauensvoll an meine Kolleg:innen von der XU School of Sustainability wenden, die wir vor kurzem gemeinsam mit ClimatePartner an den Start gebracht haben. Wir haben da mal etwas vorbereitet. In diesem Sinne: Packen wir‘s an und geben wir allen Menschen die Chance, Teil einer lebenswerten Zukunft zu sein. Das wird richtig, richtig gut!