Mogelpackung Transparenz
Mehr Transparenz zu fordern, ist im Trend. Und das klingt ja auch gut: „Wir müssen einfach mehr Transparenz schaffen!“, „Wir wollen mehr Transparenz in unserem Unternehmen!“ Solche Sätze klingen nach Offenheit, nach Vertrauen, nach einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Und was schadet es, wenn die Forderung nach mehr Transparenz geradezu inflationär geäußert wird?
Nun, mir kommt dieses „Mehr Transparenz, mehr Transparenz“ mittlerweile aus den Ohren raus, ich kann es nicht mehr hören. Warum? Weil es dir in deinem Unternehmen eben doch schadet. Weil die geforderte Transparenz viel zu oft eine Mogelpackung ist …
Verwechsle die Transparenz nicht
Wenn von Transparenz gesprochen wird, ist oft etwas ganz anderes gemeint: nämlich Reporting. Unter Transparenz wird ein Offenlegen von Zahlen, Daten, Fakten verstanden. Von KPI Reports wie „Wie viele Anrufe schafft der Vertrieb?“, „Wie viele Besuche bei Kunden?“, „Wie viele Neukunden hast du akquiriert?“ Aber genau das ist keine Transparenz. Mit Offenheit und Vertrauen hat das wenig zu tun, wenn bei dir Transparenz mit Reporting verwechselt wird. Denn es geht eben nicht um Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Es geht um Kontrolle. Es geht meiner Meinung nach um die Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses desjenigen, der mehr Transparenz aka mehr Reporting fordert.
Wenn derjenige das Kind dann wenigstens beim Namen nennen würde: Aber „Reporting“ klingt halt schon so unangenehm nach Kontrolle (auch wenn es ja genau um die geht). „Transparenz“ hört sich einfach geiler an. Da sind wir doch auf der Höhe der Zeit …
Für mich steckt dahinter die Denkfessel, dass eben so ein Reporting für diese Sicherheit sorgen würde. Aber wenn diese Sicherheit für dich möglich ist, dann höchstens durch echte Transparenz. Um das konkret zu machen …
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Echte Transparenz bringt Wertschöpfung
Echte Transparenz bedeutet, Informationen zur Verfügung zu stellen, um selbst zu lernen oder anderen dieses Lernen zu ermöglichen. Sie bedeutet, Handlungen und Auswirkungen von Handlungen beobachtbar zu machen – und das ganz ohne Kontrolle. Sie ist die Basis dafür, dass der, der handelt, dies auch verantwortlich tun kann. Es geht darum, dass der, der eine Aufgabe, eine Problemlösung, einen Bereich verantwortet, alle Infos hat, um dieser Verantwortung auch gerecht zu werden. Um seinen Job bestmöglich machen zu können. Und falls er merkt, dass ihm Infos fehlen, es als seine Verantwortung erkennt, hier nachzufragen. Das, und so leben wir das bei uns im Team, sorgt für Wertschöpfung.
Wenn du aber Reporting und Transparenz verwechselst und auf Kontrolle aus bist, dann landet die Verantwortung bei dem, der eben kontrolliert. Und das ist Gift für die Wertschöpfung, weil dann eben die Ressourcen für diese Kontrolle, das Reporting, draufgehen.
Viel besser ist es, zu versuchen, das Sicherheitsbedürfnis abzulegen. Die Rahmenbedingungen ändern sich eh so schnell, die Einflussfaktoren sind so komplex, dass jeder, der versucht, dies über Reporting in den Griff zu bekommen, sich zu Tode reporten würde. Halte dich also besser nicht mit dieser Denkfessel und dieser Mogelpackung auf, sondern entfessle die Wertschöpfung durch mehr echte Transparenz.
Felix Heiden