Neustart (Teil 2): Blaue Ozeane

«Was würdest Du tun, wenn Du ein Jahr Zeit zum Reisen hättest?» Diese Frage ist fantastisch: sie öffnet neue Horizonte – und mit der gewonnenen Weitsicht die Chance, unbekannte Sterne und makellose Blaue Ozeane zu finden. Die Frage gehört definitiv in die Gruppe meiner Best 5. Gerade letzthin hat sie der amerikanische Ökonom und Langzeit-Blogger Tyler Cowen (www.marginalrevolution.com) an Tim Ferris gerichtet – interessanterweise in seiner Rolle als Gast der Tim Ferris-Show (www.tim.blog). Als Interviewter mit Fragen führen – hervorragend praktiziert vom wissensdurstigen Gelehrten. 

Fantastische Reisen sind hier sowohl metaphorisch wie real zu verstehen. Wir können sie als Individuen oder als Unternehmen planen und erleben. Ausgangspunkt ist im Normalfall eine aktuelle oder absehbare Situation, in der wir vom eingeschlagenen Weg abgekommen sind. Der auf unsere Lebensziele bzw. unsere Unternehmensstrategie eingestellte Kompass zeigt eine bemerkenswerte und sogar eine existenzbedrohliche Abweichung. Wie kann das sein? Wie konnten wir so stark von unseren Prinzipien abweichen? Besteht die Möglichkeit, dass der Kompass falsch eingestellt ist und uns somit in die falsche Richtung führt. Falls dem tatsächlich so ist, dann ist Zeit für eine strategische Neuorientierung oder gar eine radikale Neuausrichtung. Aber wie und wohin?

Viele kennen das Konzept der Blauen bzw. der Roten Ozeane von W. Chan Kim und Renée Mauborgne von INSEAD. Die Grundidee ist, umkämpfte, mit Konkurrenten verseuchte Ozeane (Rote Ozeane) zu verlassen und unberührte Ozeane – oder Märkte – zu finden und zu entwickeln. Blaue Ozean sind rein, bieten Möglichkeiten für kreative Alleinstellungsmerkmale, optimierte Kostenstrukturen und treue Kunden mit hohen Margen bieten. 

Die klassische Strategielehre (z.B. die BCG-Matrix) wiederum liebt Märkte mit hohem Wachstum in Kombination mit einem hohen Marktanteil. In dem Fall sind es Sterne, die als Reiseziele leuchten. Moderne ‘Plattform-Strategien’ gehen einen Schritt weiter und kreieren anspruchsvolle ‘Winner-takes-it-all’-Situationen. Erfolgsinvestor Peter Thiel sagt denn auch: «Competition is for Losers» - und propagiert den kompromisslosen Aufbau von Monopolsituationen. 

Ob wir Blaue Ozeane, leuchtende Sterne in fremden Galaxien oder Monopole anstreben ist nicht mal entscheidend. Knackpunkt ist, ob wir offen sind, den eingeschlagenen Weg zu hinterfragen und nach reiflicher Prüfung den Mut haben, angepasste oder auch komplett neue Wege einzuschlagen - fernab von Herden und frei vom Herdentrieb und anderen sozialen Erwartungen.

Wer sich dann auf eine Reise begibt, dem kann es tatsächlich passieren, dass sein Kompass plötzlich in Richtung unentdeckter heller Sterne oder ‘Blue Oceans’ ausschlägt. Dann kickt neue Unternehmenslust erst richtig ein. Denn: Reisen bildet, immer!

Zu dieser Artikelserie: ich schreibe gerne zu relevanten Themen der Unternehmensführung - und bin selber gespannt, wohin die Reise mit dem Thema "Neustart" führt. Kontakt unter: marius.fuchs@qic.ch / www.qic.ch