Osterbrief des Aufsichtsratsvorsitzenden an die Mitarbeiter*innen des EWDE
Das Gebäude des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung (EWDE), Caroline-Michaelis-Straße 1, 10115 Berlin - Bild: Homepage EWDE

Osterbrief des Aufsichtsratsvorsitzenden an die Mitarbeiter*innen des EWDE

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

 „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!“ – Dieser Jubelruf gehört zu den wunderschönen österlichen Traditionen. Wenn er am Ostermorgen weltweit in Gottesdiensten erklingt, spannt sich die Osterfreude wie ein Band um die ganze bewohnte Erde, die Ökumene. Immer wenn ich in der Gemeinde in diesen Jubel einstimme, stärkt er meine Gewissheit, dass Gewalt und Tod, Unrecht und Hoffnungslosigkeit nicht das letzte Wort behalten: „Der Herr ist auferstanden!“

 Dieses Jahr ist alles anders. „Vor Dir hat sich keine Gemeinde gesammelt. Nicht weil sie es nicht wollte, weil sie es nicht darf“, so beginnt das „Gebet eines Pfarrers ohne Gottesdienstgemeinde“, das ich von Pfr. Dr. Zikeli aus Bukarest zugeschickt bekam. Ein Virus verhindert gemeinsame Gottesdienste. Weltweit. Und trotzdem soll die österliche Freude sich ausbreiten. Viele kreative Ideen sind entstanden. Digitale geistliche Kommunikationsformen werden ausprobiert. Mit Übertragungen von Gottesdiensten ohne Gemeinde wird experimentiert. Virtuelle geistliche Gemeinschaft wird – für viele zum ersten Mal – erfahren. Und auch die guten alten Osterglocken sollen uns aufhelfen: Am Palmsonntag um 19:30 Uhr haben sie in ökumenischer Gemeinschaft die Karwoche eingeläutet. Am Ostersonntag um 12 Uhr werden sie uns zum Gebet rufen – besser noch: zum Osterjubel: „Der Herr ist auferstanden“.

Sie, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, engagieren sich Tag für Tag in Ihrem Dienst dafür, dass Gewalt und Tod, Unrecht und Hoffnungslosigkeit nicht das letzte Wort behalten. Und Sie spüren, wie die Corona-Krise die schwächsten Glieder der Gesellschaften am stärksten trifft, bei uns und weltweit. Sie wissen, was es für Obdachlose bedeutet, wenn die Anweisung kommt: „zu Hause zu bleiben“; wie es in den Elendsvierteln weltweit klingt, wenn gesagt wird, man müsse Abstand voneinander halten, um der Infektion zu entgehen; was ein Mitbürger in einem prekären Arbeitsverhältnis fühlt, der jetzt verstärkt um seinen Arbeitsplatz bangt, wenn er die Selbstreflexionen über die heilsame „Entschleunigung“ von den gut Situierten hört, die nun endlich in Ruhe den Rasen mähen können. Sie erleben, wie die Partnerorganisationen weltweit um die Zukunft ihrer Projekte bangen: Wo nachhaltige Entwicklung gebraucht wird, muss jetzt erst einmal Nothilfe greifen. Was dies alles für unsere Gesellschaften und unser Engagement, hier und weltweit, bedeuten wird, können wir zurzeit nur erahnen.

 Mich ermutigt in diesem Jahr ein Ostertext, der nicht zu den bekanntesten gehört. Es ist der Lobgesang der Hanna aus dem Ersten Samuelbuch, ein Text, der deutlich macht, wie stark die Hoffnungskraft des Lebens schon in der Geschichte Israels erfahren wurde. Darin lese ich:

„Der Herr tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf. Der Herr macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht. Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse….“ (1. Samuel 2,1-8).

 Ich lese aus diesem Text heraus, wie die Kraft der Auferstehung wirkt: Wenn Gott den Tod besiegt, dann steht er auch an der Seite derer, die gegen die Todeskräfte ankämpfen; dann erhebt er die Dürftigen aus dem Staub und schenkt ihnen Teilhabe auf Augenhöhe.

 Ostern ist Quelle der Zuversicht. Und Ostern öffnet uns deshalb auch die Augen für die hoffnungsvollen Ansätze, die es – das dürfen wir nicht übersehen – neben allem Beängstigenden ja auch gibt. Neue Formen der Solidarität entstehen; Hilfsbereitschaft, die aus dem Gefühl erwächst, dass vor dem Virus alle Menschen gleich sind; es tut gut, dass die menschenverachtenden Hetzer zurzeit eigentümlich kleinlaut geworden sind. Wo Not herrscht, werden ihre Parolen als das entlarvt, was sie immer schon waren: gefährliches Gerede, das keine realen Probleme löst. Die Corona-Pandemie ist ein Problem, das nur in gemeinsamer weltweiter Anstrengung gelöst werden kann. Vielleicht bringt dies ja doch den einen oder anderen zu der Einsicht, dass diese globale Sicht auch für andere Herausforderungen unserer Zeit dringend notwendig ist.

 Dietrich Bonhoeffer hat in seinem Osterbrief des Jahre 1944 – es war sein letztes Osterfest – folgende Sätze an seinen Freund Eberhard Bethge geschrieben:

„Sokrates überwand das Sterben. Christus überwand den Tod als `letzten Feind´ (1. Kor. 15,26). Mit dem Sterben fertigwerden bedeutet noch nicht mit dem Tod fertig werden. ... von der Auferstehung Christi her kann ein neuer, reinigender Wind in die gegenwärtige Welt wehen…. Wenn ein paar Menschen dies wirklich glaubten und sich in ihrem irdischen Handeln davon bewegen ließen, würde vieles anders werden. Von der Auferstehung her leben – das heißt doch Ostern. Findest Du nicht auch, dass die meisten Menschen nicht wissen, woher sie eigentlich leben?“

 Und was betet der „Pfarrer ohne Gottesdienstgemeinde“ in Bukarest weiter?

 „Schaue unsere Not an und gib uns den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit … die ganze Welt hat Angst, stärke sie in der Gewissheit, dass Du, Herr, die Welt, mit all ihren Ängsten überwunden hast. Bewahre sie vor dem drohenden Unheil, vor Zweifel und Aberglauben. Festige sie im Glauben, dass nichts und niemand sie von deiner Liebe reißen kann…. Lass die Zeit bald wieder kommen, in der wir uns der Gemeinschaft aneinander und miteinander erfreuen dürfen. Lass die Zeit bald kommen, in der wir dich preisen für die Bewahrung in der Not…“.

 Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

 Für dieses Osterfest 2020 wünsche ich Ihnen, dass Sie bei allen notwendigen Einschränkungen und bei allem schmerzlichen Verzicht auf schöne, auch freundschaftliche und familiäre Traditionen, doch wieder neu die Quelle der Zuversicht erfahren. Es ist gut zu wissen, woher wir leben: „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!“

 Im Namen des Aufsichtsrates und gemeinsam mit dem Vorstand danke ich Ihnen für Ihr tagtägliches enormes Engagement, gerade jetzt in einer besonders herausfordernden Zeit. Ich grüße Sie, Ihre Familien, Ihre Angehörigen und Freunde zum Osterfest und verbinde diesen Gruß mit einem herzlichen Segenswunsch!

 Ihr Markus Dröge

 

Dr. med. Andreas Dieckmann

Arzt bei Lehrtherapeut I.d. Ausbildung zum Facharzt Psychiatrie/Psychotherapie, „Berliner Modell“

4 Jahre

Vielen Dank für Ihren Brief an die Mitarbeiter der Diakonie. Liebe heißt die christliche Solidarität. Die braucht die Diakonie auch intern. Ich rufe die Kirche auf, die diakonischen Einrichtungen und Verbände mit einem Schutzschirm von Gebet und Finanzen zu versehen!

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