Wer sind die Menschen, die im Rücken der Zürcher Europa-Allee stundenlang auf eine warme Mahlzeit warten? Zehn Tage als Helfer. Eine Reportage.
"Die Not macht keine Ferien": Reportage im aktuellen Beobachter (Nummer 15) vom 16. Juli 2021.

Wer sind die Menschen, die im Rücken der Zürcher Europa-Allee stundenlang auf eine warme Mahlzeit warten? Zehn Tage als Helfer. Eine Reportage.

Egal, ob bei Regen (oft) oder Sonne (spärlich). Seit vielen Monaten sind im Zürcher Langstrassen-Quartier Freiwillige auf der Gasse und in den Bordellen unterwegs. Sie unterstützen Schwester Ariane und Pfarrer Karl Wolf und ihr Team dabei, in einer der reichsten Städte der Welt Essen und Kleider zu verteilen.

Meine Reportage ist abgedruckt im aktuellen Beobachter. Hier ist der Link.

https://www.beobachter.ch/gesellschaft/bedurftige-stehen-stundenlang-fur-essen-an-im-schatten-der-glitzerfassaden

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Dass diese Reportage zustande kam, ist den Leitungsteams des Beobachters und des Vereins Incontro zu verdanken. Der Beobachter gab mir die Zeit, Incontro gab mir die Möglichkeit, als Reporter Teil des Geschehens zu sein. Für diese Möglichkeit bedanke ich mich bei beiden herzlich.

Zehn Tage lang gab ich mit vielen weiteren Freiwilligen warmes Essen aus, verteilte Säcke voller Lebensmittel, sprach mit Obdachlosen, begleitete Prostituierte zum Covid-Test. Lernte Menschen und ihre Schicksale kennen, die mir und möglicherweise den meisten von uns unbekannt waren oder bleiben werden.

An mehreren Abenden standen wir alle so viele Stunden lang im Regen, bis die Jacken schwer an uns hingen und uns das Wasser den Nacken hinabtropfte. Keine Zeit der Eitelkeit, sondern der Demut gegenüber dem Leben gegenüber. Und der beschränkten Zeit, die wir auf diesem Planeten verbringen. Die condition humaine unmittelbar zu ertragen, war und ist nicht einfach. Mitsamt den Ansprüchen an ein besseres Leben, das gefühlte Glück.

Ein Moment bleibt mir unvergessen. In meinem Rücken nahm das Party-Leben an der Langstrasse Fahrt auf. Die Optimierten in ihren prallen Stretch-Hosen waren in Tinder-Laune. Und vor mir stand ein syrischer Handwerker in meinem Alter. Er erzählte mir, was ihm und seiner Familie zugestossen war. Seinen mageren Leib hatte er retten können. Doch seine Welt war untergegangen. Und in der Schweiz ist er allein.

Aus der Retrospektive betrachtet, habe ich diesen Text für ihn geschrieben. Stellvertretend für alle, deren Leben nicht so verlief, wie sie es sich erhofft hatten.

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